"Wawuschel"-Kindergarten Neckarhausen

Nach dem "Beißvorfall" erhält die Kita-Leiterin eine Abfindung

Sie bekommt nach ihrer Entlassung 59.000 Euro von der Kirchengemeinde - Klage auf Wiedereinstellung gescheitert - Eltern entrüstet

11.10.2018 UPDATE: 12.10.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden

Die Leiterin der "Wawuschel"-Kindertagesstätte war im März nach 20 Dienstjahren fristlos entlassen worden. Die Gemeinde wirft ihr vor, das Fehlverhalten einer Erzieherin gedeckt zu haben. Vor dem Arbeitsgericht in Mannheim schlossen beide am Donnerstag einen Vergleich. Foto: Dorn

Von Nicoline Pilz

Edingen-Neckarhausen. Der Vergleich steht, die Nachwehen dürften jedoch andauern. Am Arbeitsgericht Mannheim schlossen die evangelische Kirchengemeinde Neckarhausen und die langjährige, im März dieses Jahres außerordentlich gekündigte Leiterin des evangelischen "Wawuschel"-Kindergartens, nach langen Verhandlungen einen Kompromiss: Demnach wird die Leiterin bei vollen Bezügen bis Ende Oktober 2018 freigestellt weiterbeschäftigt. Zudem erhält sie von der Kirchengemeinde eine Abfindung in Höhe von 59.000 Euro wegen des Verlustes ihres Arbeitsplatzes.

Sie sei zwar hoch qualifiziert, doch im Alter von 60 Jahren sei es auch möglich, dass sie nicht sofort eine Weiterbeschäftigung finde, sagte der Vorsitzende Richter. Nicht minder wichtig für die Leiterin, die auf Wiedereinstellung geklagt hatte: Die Kirchengemeinde hält an ihren Vorwürfen, die zur Kündigung geführt hatten, nicht weiter fest. Sie muss ihr ein Arbeitszeugnis ausstellen, das ihrem beruflichen Fortkommen dienlich ist und in dem die übliche Dankes- und Bedauernsformel nicht fehlen darf.

Beide Parteien verpflichteten sich außerdem dazu, sich nicht negativ über die Gegenseite zu äußern, was insbesondere für die Kindergartenleiterin und ihren weiteren beruflichen Werdegang von Bedeutung ist. Die Vorwürfe gegen die langjährige Leiterin, die seit November 1996 bis Mitte März in der Kita beschäftigt war, hatte diese als rufschädigend empfunden. Denn die Kirchengemeinde hatte ihr vorgeworfen, sie habe das pädagogische Fehlverhalten einer Kollegin gedeckt. Dabei ging es um die Beißattacke eines Kindes, woraufhin besagte Erzieherin gesagt haben soll, das betroffene Kind solle zurückbeißen.

Zu diesem Vorfall gab es unterschiedliche Darstellungen und Bewertungen: Während die Anwältin der beklagten Partei von einer "Aufforderung zur Körperverletzung" und in der Folge von einem "gravierenden Nicht-Tätigwerden" der Leiterin sprach, sagte diese, sie habe den Vorgang nicht als Grenzverletzung, sondern als "grenzwertig" angesehen und deswegen entschieden, den Träger davon nicht in Kenntnis zu setzen. Gleichwohl habe sie mit der Kollegin deren Verhalten reflektiert. In der gestrigen Verhandlung deutete die Anwältin zudem an, es sei in der Einrichtung seit 2014 zu "sexuellen Übergriffen" gekommen, die nicht aufgearbeitet werden sollten.

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Eltern sagten der RNZ am Rande der langen Verhandlung, dies seien unrichtige Behauptungen. Vorgänge aus der Vergangenheit würden nachträglich "hochstilisiert", um die Kündigung, die wohl eher aus persönlichen Ressentiments heraus erfolgt worden war, zu rechtfertigen. "Wenn das alles stimmen würde, was hier behauptet wird, dann müsste man die Einrichtung längst geschlossen und alle Erzieherinnen entlassen haben", sagten Eltern der RNZ. Die Erzieherin, um die es bei der Beiß-Diskussion ging, arbeitet übrigens noch immer in der Kindertagesstätte.

Die Kündigung der Leiterin hatten der Pfarrer als Vorsitzender des Kirchengemeinderats und die stellvertretende Vorsitzende des Gremiums ausgesprochen. Einen schriftlichen Beschluss des Kirchengemeinderats hierzu konnte die Beklagtenseite am gestrigen Donnerstag nicht vorlegen. Offen blieb auch, ob der Kirchengemeinderat überhaupt in der Sache informiert war. Das Verwaltungs- und Serviceamt in Weinheim (VSA), dem zwischenzeitlich die Geschäftsführung des Kindergartens obliegt, sagte eine Stellungnahme zu. Das VSA war wiederum von einer Erzieherin über den "Beißvorfall" informiert worden, als diese noch in der Probezeit den Kindergarten verließ, weil sie, so war am Donnerstag auch zu erfahren, nicht recht ins Team passte. "Sie hat nachgetreten", meinte eine Mutter. Es waren auch die Eltern, die sich aus Ärger über das intransparente Krisenmanagement der Kirchengemeinde und des VSA an die RNZ gewandt hatten - was wiederum vonseiten der Kirchengemeinde als Indiskretion betrachtet wurde.

Doch das Vertrauensverhältnis zwischen der Leitung der Kirchengemeinde, Erzieherinnen und Eltern war offenbar bereits zuvor gestört. Etliche der am gestrigen Donnerstag anwesenden Eltern sagten, sie hätten sich eine Rückkehr der Kita-Leiterin und eine offene Aufarbeitung der Krise gewünscht.

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