Dekanen Monika Lehmann-Etzelmüller zeigt, wie es geht: Wahlberechtigte können ihre ausgefüllten Unterlagen in den Pfarrämtern oder – wie hier – im Dekanat einwerfen. Foto: Kreutzer
Von Philipp Weber
Weinheim/Region. Isolde Gemmeke-von Berg ist 69 Jahre alt, hat als Krankenschwester gearbeitet. Sie bringt sich beim Weinheimer Mittagstisch und im Internationalen Begegnungscafé ein. Holger Tietz, 58, berät Unternehmen. Da er sich in Finanzfragen auskennt, möchte er diese Kenntnisse einbringen und künftig zudem als Prädikant das Wort Gottes verkünden. Der 37 Jahre alte Betriebswirt Christian Hoffmann ist seit 2013 im Ältestenkreis der Peterskirche – und will es bleiben.
Die drei Weinheimer zählen zu den 166 evangelischen Christen, die am kommenden Sonntag, 1. Dezember, in die Ältestenkreise der 19 Pfarrgemeinden im Kirchenbezirk Ladenburg-Weinheim gewählt werden wollen. Die meisten von ihnen werden sich nach der Wahl auf 159 freie Gremienplätze verteilen. In den Ältestenkreisen sitzen die gewählten Kirchenältesten und die Gemeindepfarrer. Wobei das Wort "Kirchenältester" urchristlichen Traditionen entspringt – und zumindest in der heutigen Zeit nichts mehr mit "alt" zu tun hat, wie Dekanin Monika Lehmann-Etzelmüller im Pressegespräch erklärt.
Schon Jugendliche, die spätestens am Wahltag 16 Jahre alt sind, können in die Ältestenkreise gewählt werden. Aktiv wählen dürfen sogar schon Gemeindeglieder, die mindestens 14 Jahre alt sind. Damit ist ein Großteil der rund 50.000 Gemeindemitglieder im Kirchenbezirk wahlberechtigt. Das Kandidatenfeld ist durchaus bunt gemischt: Neben verschiedenen Berufsgruppen umfasst es zum Beispiel einen Jugendlichen aus Ritschweier, der sich im Leitungsorgan der Hohensachsener Gemeinde einbringen will. In der Weststadt kandidiert ein Mann, der aus dem Iran stammt und aus seiner Heimat flüchten musste.
"Ich bin mit der Situation im Bezirk sehr zufrieden", bilanziert Lehmann-Etzelmüller die Ergebnisse der Kandidatensuche. Ihre Mitstreiter und sie haben in den Kirchen und im Internet geworben, die meisten Kandidaten ließen sich jedoch im persönlichen Gespräch überzeugen. In den meisten Pfarrgemeinden gibt es nun mehr oder zumindest genauso viele Kandidaten wie freie Plätze. Lediglich in Hemsbach, Großsachsen und Ladenburg sind es weniger.
Die Beschlussfähigkeit des Ältestenkreises dürfte aber nirgendwo in Gefahr geraten. Hierfür müssen mehr als die Hälfte der Soll-Plätze besetzt sein. Deren Zahl wiederum bemisst sich an der Größe der jeweiligen Gemeinde. Zumal auch Nachwahlen möglich sind. Dekanin Lehmann-Etzelmüller ruft die Gemeindeglieder indes dringend dazu auf, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. "Die Ältestenräte brauchen die Unterstützung der Gemeindeglieder", ist sie überzeugt. Denn die Befugnisse der "Ältesten" reichen in der evangelischen Kirche sehr weit: Die Gremien sind quasi die Arbeitgeber der kirchlichen Angestellten, auch der Geistlichen. Sie können bestimmen, wie Gottesdienste oder Konfirmandentreffen gestaltet werden. Sie legen die inhaltlichen Schwerpunkte der Gemeindearbeit fest – und haben sich um Bauprojekte zu kümmern.
Gerade angesichts der aktuellen Situation der kleiner werdenden Badischen Landeskirche kommt den "Ältesten" eine hohe Verantwortung zu: Immerhin müssen sie das Liegenschaftsprojekt umsetzen, in dessen Rahmen sich einige Gemeinden von einem Teil ihres Raumangebots trennen müssen. Anderswo entstehen neue Gemeindehäuser, etwa in Edingen oder Leutershausen. Und der Neubau von Kitas ist auch für die Kirche ein großes Thema, die Neuerrichtung der Kita am Markusturm in der Weinheimer Weststadt ist ein Beispiel. Wobei die Situation in Weinheim eine besondere ist: Hier bilden die drei Pfarrgemeinden eine gemeinsame Kirchengemeinde Weinheim, deren Kirchengemeinderat sich wiederum aus Kirchenältesten aus allen drei Pfarrgemeinden zusammensetzt.
Anders als politische Abgeordnete werden die Kirchenältesten per Briefwahl gewählt. Ausgefüllte Wahlunterlagen können in die Briefkästen der Pfarrämter eingeworfen oder dort abgegeben werden. Auch einige Einzelhändler nehmen die Unterlagen an, in manchen Gemeinden kann man diese zur Chorprobe oder in evangelische Kindergärten mitbringen. In den meisten Gemeinden können die Unterlagen auch am Sonntag vor oder nach den Gottesdiensten eingereicht werden. Dann beginnt die Auszählung.