So sehen die Berechtigungsscheine aus, die ein vier und ein acht Jahre altes Mädchen aus Großsachsen erhalten haben. Foto: privat
Von Annette Steininger
Hirschberg-Großsachsen. Als ein Großsachsener (Name ist der Redaktion bekannt) vor gut einer Woche seine Post durchsah, kam er aus dem Staunen nicht mehr heraus. Zwei seiner Töchter, vier und acht Jahre alt, hatten jeweils Briefe von der Krankenversicherung erhalten. Darin enthalten: jeweils zwei Berechtigungsscheine für den Bezug von FFP2-Masken. Also insgesamt vier Scheine mit der Erlaubnis, jeweils sechs Masken bei einer Apotheke abzuholen und je nur zwei Euro Eigenanteil zahlen zu müssen.
Dem Großsachsener war das generell nicht neu: Der Versand von Gutscheinen für FFP2-Masken, um die weitere Verbreitung von Covid-19 einzudämmen und die Träger vor dem Virus zu schützen, ist eine Aktion der Bundesregierung, wusste er. Aber dass seine Töchter auch bezugsberechtigt sein sollten, wunderte ihn doch. Zwar hätten die Kinder Sehnenfäden an den Herzklappen, die Herzgeräusche verursachen, doch das beeinträchtige sie nicht, sondern erfordere nur eine regelmäßige Kontrolle.
Auf Anfrage erklärte die Continentale Betriebskrankenkasse (BKK), bei der die zwei Mädchen versichert sind, dass die Bundesregierung die gesetzlichen Krankenkassen zur Mitwirkung bei der Auswertung der Anspruchsberechtigten aufgefordert habe. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) habe bestimmt, dass anspruchsberechtigt alle Versicherten sind, die zum Zeitpunkt der Auswertung 60 Jahre oder älter sind. Darüber hinaus habe das BMG den Krankenkassen eine Liste von rund 1000 Diagnosen genannt, die ebenfalls zum Erhalt der FFP2-Masken berechtigen. Gegenstand dieser Auswertung waren alle Leistungsfälle sowie Arztdaten vom 1. Juli 2019 bis zum 30. Juni 2020.
"Das Alter der Versicherten war für die Auswertung der medizinischen Daten kein Kriterium", erläutert die BKK. Bei ihr hätten sich vereinzelt Versicherte gemeldet, die Gutscheine erhalten haben, aber noch keine 60 Jahre alt sind, teilt sie mit. "Im Gespräch mit diesen Versicherten und der erneuten Sichtung der Daten, die der Continentale BKK vorliegen, haben sich diese Fälle alle als korrekt herausgestellt", betont sie.
Auch der Großsachsener ist davon überzeugt, dass die Krankenkasse hier keinen Fehler gemacht hat, ihm erschließt sich die Sinnhaftigkeit aber nicht. "Was sollen denn Vierjährige mit FFP2-Masken?", fragt er sich. "Die sind doch viel zu groß!" Die RNZ wollte daher vom Bundesgesundheitsministerium wissen, ob es keine Altersgrenze bei den Bezugsberechtigten gibt und ob aus Sicht des Ministeriums eine FFP2-Maske für Kinder dieses Alters sinnvoll ist. Die Pressestelle des BMG verweist in ihrer Antwort lediglich auf die Krankenkassen und privaten Krankenversicherungsunternehmen. Diese würden anhand der bei ihnen bis zum 15. Dezember 2020 vorliegenden Daten die bei ihnen versicherten Personen, die anspruchsberechtigt sind, ermitteln. "Mit Detailfragen hierzu müssten Sie sich dorthin wenden", antwortet das Ministerium der RNZ. Außerdem gibt es in der Antwort-E-Mail einen Hinweis auf die Homepage des Bundesgesundheitsministeriums und einen Link der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Hier werde zum Thema Masken für Kinder informiert (www.infektionsschutz.de/coronavirus/alltag-in-zeiten-von-corona/alltagsmaske-tragen.html). Allerdings: Hier finden sich für Kinder vor allem Hinweise zum Tragen einer Alltagsmaske. FFP2-Masken für die Kleinen kann ein Apotheker aus der Region auch gar nicht anbieten: "Nein, so was haben wir nicht, und das ist uns auch noch nicht untergekommen."
Was nun aber tun, wenn man solche Berechtigungsscheine erhalten hat, sie aber gar nicht braucht? Der Familienvater hat jedenfalls beschlossen, die Masken zu verschenken. Tatsächlich hat sich auf seinen Aufruf hin eine Bekannte seiner Frau gemeldet, die schwere Asthmatikerin ist. An Menschen wie sie gibt die Familie die Masken nun gerne weiter. Damit sie dort ankommen, wo sie wirklich gebraucht werden.
Info: Die Continentale BKK bittet Versicherte, die Gutscheine für FFP2-Masken erhalten haben, sie aber nicht benötigen, sich beim Kundenservice (Tel. 0800/6262626) zu melden.