"Hintere Mult" in Weinheim

Heute fällt die Entscheidung

Vor der Ratssitzung: Wirtschaftsförderung verteidigt B&S - BUND gegen Gewerbe an dem Standort

17.04.2018 UPDATE: 18.04.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 49 Sekunden

Auch am Sonntag gab es Proteste. F.: Kreutzer

Weinheim. (web) Mit entschiedenen Worten hat sich die städtische Wirtschaftsförderung jetzt von einem Schreiben distanziert, in dem Gegner eines Gewerbegebiets in der "Hinteren Mult" dem Filterhersteller B&S menschenverachtende Arbeitsbedingungen vorgeworfen hatten. Dass die Mitteilung gestern veröffentlicht wurde, dürfte indessen kaum Zufall sein: Im Verlauf der heutigen Sitzung des Gemeinderats (Beginn: 17 Uhr im Ratssaal) wird sich entscheiden, ob das Bebauungsplan-Verfahren für die "Hintere Mult" mit dem Offenlagebeschluss fortgesetzt wird.

> Zunächst die Wirtschaftsförderung: "Das Schreiben, welches im Vorfeld an die Ratsmitglieder versendet wurde, beschädigt den Wirtschaftsstandort Weinheim in seiner Qualität und Attraktivität massiv", so die Stabsstelle. Dabei würden ansässigen Unternehmen Beschäftigungspraktiken vorgeworfen, "die jeglicher Grundlage entbehren und für das betroffene Unternehmen rufschädigend sind". B&S habe im Verlauf einer Firmenveranstaltung am 1. März "detailliert und transparent" informiert. Der Ausschuss für Technik und Umwelt und ein Vertreter der Landwirte hätten sich einen umfassenden Überblick verschaffen können. "Fehlinformationen und Anschuldigungen werden entschieden zurückgewiesen und sind nicht zu akzeptieren." B&S habe signalisiert, hier expandieren zu wollen. Andernfalls wandere die Firma nach Heppenheim ab.

> Die Stadt nennt in ihren Beschlussvorlagen zu den gewerbebezogenen Tagesordnungspunkten noch weitere Argumente für eine Erschließung der "Hinteren Mult". So berät das Gremium auch weitergehende Überlegungen, die sich aus der Klausurtagung zur Gewerbeentwicklung im letzten Sommer ergeben. Demnach ist die Firma B&S durchaus ein Unternehmen, das den Wirtschaftsstandort Weinheim stark macht.

Zunächst eng an die Firma Freudenberg gekoppelt, zögen Unternehmen wie B&S inzwischen weitere, artverwandte Unternehmungen an den Standort. Die stadtklimatischen Folgen einer Erschließung der "Hinteren Mult" seien sehr überschaubar, bezieht sich die Stadt auf ein Gutachten. Außerdem habe sich einer der betroffenen Landwirtschafts-Betriebe seit seiner Aussiedlung aus Lützelsachsen bereits mehrfach vergrößert - und wolle noch weiterwachsen. Weinheim habe 2434 Hektar Fläche, die der Landwirtschaft gehören. Davon seien 1923 Hektar Ackerland. Der Bebauungsplan "Hintere Mult" umfasse dagegen nur 11,36 Hektar Land, davon 10,54 Hektar landwirtschaftliche Bewirtschaftungsfläche. Bezogen auf das Weinheimer Ackerland gehe es um 0,5 Prozent der vorhandenen Fläche.

> Dennoch hat sich auch der BUND den Gegnern eines Gewerbegebiets in der "Hinteren Mult" angeschlossen (die RNZ berichtete). Bereits in einer Stellungnahme zum Flächennutzungsplan von 2004, in dem die "Hintere Mult" als mögliches Gewerbegebiet ausgewiesen ist, habe man erhebliche Bedenken wegen des Verlusts von landwirtschaftlicher Nutzfläche, von Obstbäumen und wegen der Beeinträchtigung geschützter Biotope geäußert. "An dieser Haltung hat sich nichts geändert."

Auch interessant
Gewerbegebiet "Hintere Mult": In Weinheim sind die Fronten verhärteter denn je
Bebauungsplan "Hintere Mult": Unternehmensvertreter drohen mit Wegzug von Firmen aus Weinheim
Gewerbegebiet Hintere Mult: Warum B&S 32 000 Quadratmeter braucht
Gewerbeflächenentwicklung Weinheim: Wird "Hintere Mult" zum Gewerbegebiet?
Gewerbegebiet Weinheim: Es brennt in der Hinteren Mult

Der Boden sei ein Naturkörper und Lebensgrundlage für Mensch und Tier. "So steht es im Bodenschutzgesetz Baden-Württembergs." Boden sei Teil des Lebens und die Grundlage jeder Lebensmittelproduktion. "Ohne Boden gibt es keine Nahrung." In einer Handvoll Erde lebten mehr Kleintiere und Einzeller als Menschen auf der Erde. Auch eine ökologische Landwirtschaft, wie sie der BUND fordert, benötige Boden. Der "Flächenverbrauch" im Land habe 2014 noch 5,3 Hektar betragen - pro Tag.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.