Rund 80 Eltern hörten sich an, was Rektorin Lieder zu sagen hatte. Nicht alle waren danach vom neuen Konzept überzeugt. Foto: Kreutzer
Von Stefan Zeeh
Weinheim. Jutta Lieder, die Rektorin der Weinheimer Pestalozzi-Grundschule, ist fest von dem Konzept einer verbindlichen Ganztagsschule überzeugt. Das merkte man ihr jederzeit beim Informationsabend zur Ganztagsschule für die Eltern an, deren Kinder in den kommenden beiden Schuljahren an der Pestalozzi-Schule eingeschult werden. Mit dieser Informationsveranstaltung startete die Pestalozzi-Schule und die Stadt Weinheim als Schulträger den nunmehr zweiten Anlauf zur Einführung der verbindlichen Ganztagsschule.
Bereits im vergangenen Jahr hatte es eine ähnliche Informationsveranstaltung gegeben, denn bereits für das laufende Schuljahr hatte man vorgehabt, die verbindliche Ganztagsschule an der Pestalozzi-Grundschule einzuführen. Damals sprachen sich bei einer Elternbefragung etwas mehr als die Hälfte der Befragten für die Einführung der neuen Schulform aus. Zugleich war jedoch die Zahl der noch zurückhaltenden oder ablehnenden Eltern zu hoch, um die Einführung im Schuljahr 2016/2017 weiter voranzutreiben.
Stadt würde Geld sparen
Die zahlreichen positiven Rückmeldungen wertete Schulleiterin Jutta Lieder jedoch zugleich als Auftrag, an der Idee festzuhalten. Daher stellte sie das ihrer Ansicht nach konsequente und moderne pädagogische Konzept mit aufeinander abgestimmten Lern- und Entspannungsphasen den rund 80 erschienenen Eltern erneut vor. Dabei ging sie etwa auf die durch die neuen Medien bedingten, veränderten Anforderungen an die Schüler ein oder betonte die durch die gesellschaftlichen Veränderungen hervorgerufenen Probleme im sozialen und emotionalen Bereich der Schüler. "Wir brauchen mehr Zeit", war ihr Fazit aus den veränderten Rahmenbedingungen. Das Mehr an Zeit durch die Einführung einer Ganztagsschule solle dazu beitragen den Unterricht zu entzerren. Gleichzeitig soll ein individuelles Lernen ermöglicht werden, um so schwache und starke Schüler zu fördern. Das Thema Hausaufgaben kam ebenso zur Sprache.
Denn Hausaufgaben im eigentlichen Sinne soll es in der Ganztagsschule nicht mehr geben. Diese heißen nun Schulaufgaben und werden in der Schule erledigt. Es wird allerdings noch "häusliche Aufgaben" geben, etwa um das Einmaleins oder Gedichte auswendig zu lernen und ebenso, um Recherchen für bestimmte Schulprojekte vorzunehmen. Allzu viel Zeit sollen die "häuslichen Aufgaben" aber nicht in Anspruch nehmen: "Es ist nicht das Ziel, eine halbe oder gar eine Stunde pro Tag noch häusliche Aufgaben zu machen", erläuterte die Rektorin.
Dass die Einführung einer verbindlichen Ganztagsschule auch aus anderen Gründen notwendig erscheint, machte die Leiterin des Amts für Bildung und Sport, Carmen Harmand, deutlich. Derzeit gehen 279 Schüler in die Pestalozzi-Schule, von denen 72 den Schülerhort besuchen und weitere 72 die Grundschulbetreuung in der Moltkestraße. In Zukunft sei aber mit steigenden Schülerzahlen und steigendem Betreuungsbedarf zu rechnen. Denn alleine in den vergangenen beiden Schuljahren stieg der Betreuungsbedarf von 47 auf 59 Prozent aller Grundschüler.
Zudem wird die Weinheimer Stadtverwaltung dem Gemeinderat vorschlagen, den Mietvertrag für den Betreuungsort Moltkestraße zu kündigen. Damit könnten 15 000 Euro für die Kaltmiete eingespart werden. Die Einführung der Ganztagsschule und die sukzessive Auflösung des Schülerhorts wird zu weiteren Einsparungen führen, was aufgrund der Haushaltssituation der Stadt dringend geboten sei. Außerdem könne das Geld sinnvoller für die Betreuung der Kinder verwendet werden.
Ganz so überzeugt von dem Konzept einer Ganztagsschule waren aber nicht alle anwesenden Eltern. So kamen etwa Zweifel auf, ob überhaupt genügend Lehrer und pädagogische Fachkräfte zur Verfügung gestellt würden, um eine Ganztagsbetreuung sicher zu stellen. Bis zum 26. Februar haben die Eltern, deren Kinder zukünftig die Pestalozzi-Schule besuchen werden, noch Zeit, an einer Bedarfsumfrage zur neuen Schulform teilzunehmen. Spätestens im September muss der Gemeinderat darüber entscheiden, ob ein Antrag für eine verbindliche Ganztagsschule beim Staatlichen Schulamt gestellt werden soll.