Von Philipp Weber
Weinheim. Der eine kommt seit 1959 zu den Weinheim-Tagungen, sein Nebenmann hat es sogar schon zum 61. Mal geschafft. Die Anfahrt der beiden "Alten Herren" aus dem Ruhrpott und dem Sauerland? Nicht der Rede wert. Nicht weit von den "Alten" entfernt: Ein 23 Jahre junger Corpsstudent aus Karlsruhe, der immerhin schon zum dritten Mal dabei ist. Denn eines klappt bei den Treffen der bis zu 58 Studentencorps aus 23 Städten: Jung und Alt kommen zusammen.
Gestern Abend hat die studentische Weinheim-Tagung mit dem Empfang der Corpsaktiven im städtischen Ratssaal begonnen. Und die Gäste wissen, was sie von Weinheims OB erwarten dürfen: einen Rundflug über die Kommunalpolitik, den Bernhard mit einer guten Nachricht startet. "Der Rechtsstreit um den Erhalt der Bergkuppe unseres Wachenbergs ist abgeschlossen. Mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig vom 28. April ist es besiegelt. Dies war die letzte Instanz, weitere Rechtsmittel gibt es nicht." Applaus. Beifall bekommt der OB auch für die Feststellung, dass es der Weinheimer Einzelhandelsstandort Innenstadt in die Top 25 der deutschen Mittelstädte geschafft hat. Sogar den zweiten Platz soll die Zweiburgenstadt abgeräumt haben.
Der OB hält aber auch mit den weniger erfreulichen Aspekten der jüngeren Vergangenheit nicht hinterm Berg: Im Zusammenhang mit den Themen Toleranz und Willkommenskultur sei es sehr "ärgerlich", dass NPD-Bundesparteitage in der Stadthalle auf juristischem Weg nicht zu verhindern sind. "Das wird der politischen Ausrichtung dieser Stadt nicht gerecht." Erneut Applaus.
In einer seiner letzten Reden habe er erwähnt, dass die Tagungen in Weinheim an den Besuch bei einer alten Tante erinnerten, spart Corpsvorstand Dr. Christian Possienke nicht mit Selbstkritik. Denn so wie’s klang, war’s nicht gemeint: "Jetzt spreche ich vom Besuch bei einer alten Jugendliebe." Die immer hübscher wird: Seit seinem ersten Weinheim-Treffen als Corpsfuchs habe sich das Innenstadtbild stetig verbessert, so Possienke. Dann darf der Stuttgarter Student Stephan Werner (25) sein Amt als Erster Vorortsprecher des Weinheimer Senioren-Convents (WSC) antreten.
Dem eingangs erwähnten Jungstudenten aus Karlsruhe hat die Veranstaltung gefallen: "Es hat mich gefreut, dass das Thema Toleranz zur Geltung kam", verrät er der RNZ. Überhaupt komme er gerne nach Weinheim. Das gilt auch für die beiden "Alten Herren" aus Nordrhein-Westfalen. "Ich fand es ehrlich, dass der Oberbürgermeister auch Entwicklungen erwähnt hat, die offenbar Probleme bereiten", meint der Mühlheimer. Sein Sauerländer Bekannter erinnert sich an Zeiten, in denen es die Coprs schwer hatten in Weinheim. "Damals gab es Linksextreme, die auf Corpsstudenten losgingen", erzählt er. Von Extremismus jeder Art hielten er und die anderen Corpsmitlglieder rein gar nichts.
Doch jetzt freuen sich die beiden auf die Tagung - und hoffen, dass das Wetter wenigstens am Samstagabend zum Fackelzug hält. Noch so eine Gemeinsamkeit zwischen Alt und Jung.