1. Städte-Marathon der Welt

Vor 125 Jahren gab's den ersten Boston-Marathon

Vor 125 Jahren fand der erste Boston-Marathon statt, der heute zu den "größten Läufen" der Welt zählt

12.04.2022 UPDATE: 18.04.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 17 Sekunden
Am Ziel: John J. McDermott gewann den ersten Boston-Marathon vor 125 Jahren.

Von Michael Ossenkopp

Boston. Am Start waren 15 Athleten, doch ins Ziel schafften es nur zehn. Nach knapp 40 Kilometern lief der New Yorker John J. McDermott als erster über die Ziellinie – mit blutenden Füßen voller Blasen. In einer Zeit von 2:55:10 gewann der 22-Jährige den ersten Städtemarathon der Welt – vor 125 Jahren, am 19. April 1897.

Heute zählt der Lauf in Boston zu den traditionsreichsten Rennen der Welt. Etwa 30.000 Amateur- und Profiläufer registrieren sich pro Jahr. Sponsoren können zusätzlich weitere Startplätze vergeben. Inspiriert wurde die Veranstaltung durch den Erfolg des ersten Marathonwettbewerbs der Neuzeit bei den Olympischen Sommerspielen 1896 in Athen. Die Hälfte der amerikanischen Olympiamannschaft bestand aus Mitgliedern der Boston Athletic Association.

Mitlaufen in Boston kann heute aber nicht jeder. Männer müssen je nach Altersklasse eine Zeit zwischen 3:00 und 4:50 Stunden aus einem maximal 18 Monate zurückliegenden Lauf vorweisen. Erst seit 1972 dürfen auch Frauen offiziell an den Start, ihr Zeitlimit liegt aktuell zwischen 3:30 und 5:20 Stunden. Schon 1966 hatte sich Roberta "Bobbi" Gibb kurz nach dem Startschuss in das Teilnehmerfeld geschlichen und ihren Lauf in 3:21 Stunden beendet.

Die Veranstaltung zieht jedes Jahr um die 500.000 Zuschauerinnen und Zuschauer an. Seit 2006 gehört der Boston-Marathon wie die Läufe in Tokio, London, Berlin, Chicago und New York sowie die Marathons bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen zu den "World Marathon Majors".

1928 absolvierte der Amerikaner John A. Kelley sein Debütrennen. Er gewann 1935 und 1945 und stellte den Rekord für die meisten gestarteten (61) und beendeten (58) Boston-Marathons auf. Sein letztes Rennen in Boston lief er 1992 im Alter von 84 Jahren. Er starb 2004 mit 97 Jahren, an der Strecke am Fuße des Heartbreak Hill steht heute seine überlebensgroße Skulptur mit dem Titel "Young at Heart".

Aus Deutschland gab es bisher nur einen Sieger, Paul de Bruyn (1932). Da waren die deutschen Frauen durchaus erfolgreicher. Von 1994 bis 1996 konnte die Leipzigerin Uta Pippig dreimal in Folge als Erste über die Ziellinie sprinten. Zuvor war das bereits den bundesdeutschen Läuferinnen Liane Winter (1975) und Charlotte Teske (1982) gelungen. Der Lauf an der US-Ostküste gehörte außerdem schon 1975 zu den ersten Städtemarathons, die einen Wettbewerb für Rollstuhlfahrer boten. Der erste Sieger war Bob Hall. Seit 2014 nehmen auch Handbiker teil, drei Jahre später gab es daneben auch eigene Kategorien für Blinde/Sehbehinderte.

Der erste Marathonlauf der Geschichte fand bereits in der Antike statt – im Jahr 490 vor Christus. Und zwar mit einem einzigen Teilnehmer. Um die Geschichte ranken sich zahlreiche Legenden. Die persische Flotte war mit einem Heer in Marathon gelandet. Der kleine griechische Ort an der Ostküste des alten Attika liegt rund 35 Kilometer nordöstlich von Athen. Der Geschichtsschreiber Herodot hielt fest: "Sie sandten nach Sparta den Pheidippides", der Hilfe anfordern sollte. Er war ein sogenannter Hemerodromos, was übersetzt "der täglich Laufende" bedeutet. Dies war eine eigene Berufsgruppe in jedem Heer – sie rannten hin und her und überbrachten Nachrichten. Das schnellste und beste Kommunikationsmittel. Im gebirgigen und zerklüfteten Gelände Griechenlands ohne befestigte Wege waren die Hemerodromos selbst gegenüber Pferden im Vorteile. 600 Jahre später formten die antiken Schriftsteller Plutarch und Lukian von Samosata daraus die Legende des Marathonläufers Philippides.

Die wiederum auch Grundlage des modernen Marathonlaufs ist. Bis zu den Olympischen Spielen 1920 in Antwerpen variierten die Streckenlänge, erst 1921 entschied der Internationale Leichtathletik-Verband, dass die Distanz fortan so wie in London 1908 genau 42,195 Kilometer betragen soll. Diese "krumme" Länge war zustande gekommen, weil bei den Londoner Spielen der Lauf am Schloss Windsor starten und vor der Loge von König Edward VII. und seiner Frau Königin Alexandra im Olympiastadion enden sollte. Die Organisatoren fügten dem Ziel nach 26 Meilen darum noch 385 Yards hinzu. Für diese zusätzlichen harten Meter bedanken sich angelsächsische Läufer noch bis heute mit einem "God save the Queen!"