Zsòfia Boros bei Enjoy Jazz: Traumhafte Saitenkunst
Die in Wien lebende Ungarin stellt brandneue Platte "Local objects" im Karlstorbahnhof vor

Zsòfia Boros spielte bei Enjoy Jazz in der Peterskirche. Foto: R. Köhl
Von Rainer Köhl
Nach einer rauschhaften Eröffnung von Enjoy Jazz ging es nicht minder berauschend weiter mit akustischer Gitarre in der gut gefüllten Heidelberger Peterskirche. Nach ihrem ersten Auftritt vor drei Jahren kam die Gitarristin Zsòfia Boros wieder auf Einladung des Karlstorbahnhofs. Ihre brandneue Platte "Local objects" im Gepäck, zeigte sich die ungarische, in Wien lebende Künstlerin als große Poetin der Saitenkunst. Ihre Klänge ließ sie gleichsam auf der Zunge zergehen: wundersam gleitende Melodien, Farben, Gesten brachte sie zum Fließen, und dass dies immer eine Genuss-Sache ist, sieht man an ihrer hingebungsvollen Gestik. Mit Kompositionen aus Argentinien begann sie den Abend, träumerischen Dreiklangsbrechungen und Fantasien im Stil eines Bach-Präludiums und einer sehnsuchtsvoll gespielten Milonga.
Eine neue Liebe hat die Gitarristin entdeckt: die Charango, das traditionelle Saiteninstrument aus Bolivien. "Sie klingt wunderschön, stimmt aber nicht immer", ließ die Ungarin ihr Publikum wissen. "Aufwachen aus einem anderen Traum", heißt eine der Kompositionen, die sie darauf spielte, einstimmig expressive Melodien und Arabesken. Quique Sinesi ist einer der Komponisten, den sie besonders gerne spielt und dessen virtuose Techniken sie mit schönster Lyrik verbindet. "Cielo abierto" (Offener Himmel) war eine davon.
Mathias Duplessy war ein weiterer interessanter Komponist, den sie spielte. Faszinierende Töne, erlesene Farben und aparte, moderne Harmonien ließ sie lukullisch gleiten. Feuer und Poesie waren beglückend gepaart in ihrem Spiel. Die schöne Ungarin ist eine große Klangästhetin, deren delikate Kunst bestens zu ihrem Label ECM passt. Wunderbar warm tönten die Basstöne ihrer klassischen Gitarre neben den nicht minder weichen Diskantklängen. Schönste Referenzklänge für audiophile Genießer. Zsòfia Boros versteht es vortrefflich, Unerhörtes aus den Nylonseiten herauszuholen.