So präsentieren sich Fury in the Slaughterhouse in Mannheim
Ein sympathisches Two-Hit-Wonder: Die Band zieht beim Zeltfestival Rhein-Neckar 4000 Zuhörer an. Haften bleiben aber fast nur die Radioerfolge.

Von Wolf H. Goldschmitt
Mannheim. Fury in the Slaughterhouse – allein der Name ist skurril. "Wut im Schlachthaus" klingt erst mal sinnfrei. Vielleicht haben sich die Brüder Kai und Thorsten Wingenfelder in ihrer Jugend ja auch auf einem alten Schwarz-Weiß-Kasten diese eine US-Serie angeschaut und den titelgebenden Hengst Fury doof gefunden? Wir wissen’s nicht.
Ähnlich undefiniert wie ihr Bandname sind auch die Songs. Man kann sie gut finden, es aber auch sein lassen. Man kann sie belächeln, ihnen vorwerfen, es sei der allerletzte Konsensrock, den die Band da zusammenpfriemelt, und nörgeln, ihre Musik klinge wie eine krude Mixtur aus U2, Vapors, Kinks und Fisher Z. Allerdings: Von dem Two-Hit-Wonder aus der Heimatstadt der Scorpions perlt Kritik ab wie von der Basecap eines Donald Trump.
Niemand kann sagen, was für eine Musik sie genau machen – nur, dass sie im deutschsprachigen Raum erfolgreich sind, obwohl sie auf Englisch singen. Ja, dieser Fury ist eben nicht mit normalen Maßstäben zu messen. Er setzt die Kriterien eines typischen Rocksongs außer Kraft und füllt dennoch die Hallen mit einem treuen Publikum. Das folgt der Band bereits seit fast vier Jahrzehnten und altert ebenso ehrenhaft.
In Mannheim sind die sechs Jungs im Scheinwerferlicht pausenlos damit beschäftigt, sympathisch rüberzukommen – aber jeder von ihnen wirkt ein bisschen merkwürdig. Diese Brise Charisma reicht jedoch völlig, die Massen zu mobilisieren. Und im schwülen Ambiente holt man gemeinsam das Machbare an Moves aus sich raus.
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Zum Zeltfestival Rhein-Neckar sind an diesem Abend über 4000 Menschen geströmt, doppelt so viele wie beim letzten Gastspiel vor acht Jahren. Am Freitagabend spielen "Fury" ihren bislang größten Gig in der Metropolregion und haben Glück mit dem Wetter. Es tropft diesmal kein Schweiß vom Zeltdach.
Gut und gern zwei Dutzend Lieder rauschen dafür durch das überdimensionale Wigwam. Die sattelfesten Anhänger der Gruppe, die wie keine andere den musikalischen Rand abdeckt, kennen das Repertoire aus dem Effeff. Am längsten im Ohr bleiben stets jene beiden kompositorischen Sternstunden, die von den Radiosendern immer gerne gespielt werden: "Radio Orchid" und "Won’t Forget These Days". Diese Markenzeichen werden natürlich auch millionenfach auf Spotify gestreamt.
Einen alten Hut aus den Siebzigern hat die Band aber ebenso auf der Pfanne: "When I’m Dead And Gone". Bei der Eintagsfliege der englischen Folkbarden McGuinness Flint kommt Leben in die Bude. Wingenfelder peppt das Cover auf. Er legt einen stampfenden Rhythmus drunter, der selbst hartgesottenen Heavyrockern eine anerkennende "Pommesgabel" abringen dürfte. Zusammen mit "Time To Wonder" der wohl mitreißendste Moment des Konzerts.
Für die Brüder Wingenfelder, Gitarrist Christof Stein-Schneider, Drummer Rainer Schumann, Keyboarder Gero Drnek sowie Bassmann Christian Decker hat es trotz ihrer Mitsing-Mucke nie in die Top Ten der Single-Charts gereicht. Das scheint den Jüngern piepe, um im norddeutschen Jargon zu bleiben. Sie kaufen fleißig die Longplayer wie "Hope" von 2023 und huldigen so einer Formation, die ihre wahre Stärke auf der Bühne hat, kumpelhaft geblieben ist und kurz vor dem Auftritt einen Bierbank-Plausch mit den Helfern vom Roten Kreuz einlegt.
Jau, erzählen tun sie wirklich gern die Flachlandtiroler. Lockere Sprüche zwischen den Titel, sogar über das runde Leder: "Mannheim hat ja auch einen Fußballverein – gibt’s den eigentlich noch? Das kennen wir in Hannover", frotzelt der Boss. Spätestens in diesem Moment ist klar: Diese Typen muss man einfach mögen – selbst wenn man ihre Musik nur als Fußnote der Popgeschichte einordnet.