Theater Heidelberg

Das sind die Pläne für die Saison 2022/23

Das Theater startet nach der Pandemie mit Elan in die Zukunft.

23.05.2022 UPDATE: 24.05.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 32 Sekunden
Mit der neuen Spielzeit-Broschüre vor dem Heidelberger Rathaus (von links): der Leitende Dramaturg Jürgen Popig, Natascha Kalmbach (Leiterin des Jungen Theaters), Orchestergeschäftsführer Raphael Rösler, Intendant Holger Schultze, Oberbürgermeister Eckart Würzner, Operndirektor Thomas Böckstiegel und Iván Pérez, der Leiter des Dance Theatre Heidelberg. Foto: Philipp Rothe

Heidelberg. (RNZ) Zweieinhalb Jahre Pandemie, monatelange Schließung und jetzt auch noch der Ukraine-Krieg. Aber das Theater und Orchester Heidelberg lässt sich nicht unterkriegen. Im Gegenteil: Die Truppe um Intendant Holger Schultze packt die Projekte der im September beginnenden Saison 2022/23 mit viel Elan an: "Egal ob Energieembargo, Affenpocken oder Corona, wir sind es gewohnt, schnell zu reagieren", sagt Schultze während der Jahrespressekonferenz im Heidelberger Rathaus. 30 Premieren, 50 Konzerte und 6 Festivals hat sich der Theaterchef für die nächste Spielzeit vorgenommen, dazu mit "Remmidemmi" ein neues Festival sowie die Neukonzeption der Zwinger-Spielstätte, die sich wie ein soziokulturelles Zentrum "noch mehr für die Stadtgesellschaft öffnen soll", um bei aktuellen Debatten mitmischen zu können. Eine Facette, die auch für Oberbürgermeister Eckart Würzner wichtig ist. Er unterstreicht die große Bedeutung der Kulturinstitution, die erneut mit Leben gefüllt werde, "auch mit Diskursen vor und nach den Produktionen".

"Wiedersehen und Widerstehen" lautet das Motto der nächsten Spielzeit, wobei das dreitägige "Remmidemmi" Anfang Oktober gar als "Widerstandsfestival" definiert wird. Neun neue Projekte an neun verschiedenen Spielorten wurden dafür in Auftrag gegeben. "Wir sind wahrscheinlich das Haus mit den meisten Festivals", betont Schultze. Der "Winter in Schwetzingen", der "Stückemarkt", die "Tanzbiennale" und die "Schlossfestspiele" würden selbstverständlich weitergeführt.

Durch Corona sei die Auslastung zwar um rund 30 Prozent gesunken, "aber jetzt merken wir wieder einen starken Zustrom". Allein für die Schlossfestspiele im Sommer seien bis jetzt 30.000 Tickets verkauft worden. Groß auch der Zuspruch durch die Uni-Flatrate, die zu 9000 Besuchern zusätzlich geführt habe. Das Publikum sei insgesamt flexibler geworden und entscheide sich spontan zum Besuch, was man an der Abendkasse merke. Erfreulich dabei: Die Kartenpreise werden nicht angehoben. "Das Theater- und Konzertangebot soll möglichst niederschwellig für alle Besuchergruppen offen sein", betonen Würzner und Schultze. Wobei sich diese Offenheit auch auf neue Kollegen aus der Ukraine bezieht, die in die unterschiedlichsten Arbeitsbereiche einbezogen werden. Zur Kunst gehört eben auch die Willkommenskultur. (voe)

> Schauspiel: Eröffnet wird die neue Spielzeit mit der Premiere von "Die verlorene Ehe der Katharina Blum" (Regie: Ruth Messing) – "eine Geschichte über die Macht der Medien", wie der Leitende Schauspieldramaturg Jürgen Popig erklärt. 50 Jahre ist es her, dass Heinrich Böll mit seiner Erzählung über eine junge Frau, die von Polizei und Boulevard vorverurteilt wird, weil sie die Nacht mit einem gesuchten Straftäter verbracht hat, die Sensationsgier der Presse anprangerte. "Durch das Aufkommen des Internets hat das Stück nur an Brisanz gewonnen", ist sich Popig sicher. Shitstorms und Hetze im Netz stellen uns noch drängender vor die Frage: Wie lässt sich Widerstand leisten? Neben dieser Uraufführung zeigt das Theater eine Reihe von Premieren, die Corona-bedingt warten mussten: Friedrich Dürrenmatts "Der Besuch der alten Dame", Agatha Christies "Mord im Orientexpress" oder "Der goldene Topf", eine Geschichte, der E.T.A. Hoffmann die Bezeichnung "Märchen aus der neuen Zeit" angeheftet hat. Beschlossen wird die Spielzeit mit Shakespeares "Hamlet", Intendant Holger Schultze inszeniert das Stück als Mischung aus tiefsinnigem Gedankendrama und reißerischer Rachetragödie. Die in der Spielzeit-Broschüre noch angekündigte Premiere von "Das Fest" entfällt. (dasch)

> Musiktheater: In dieser Sparte eröffnet Jacques Offenbachs Oper "Hoffmanns Erzählungen" unter der Regie von Andrea Schwalbach das Programm. Am Pult wird GMD Elias Grandy stehen, der auch die deutschsprachige Neuinszenierung von Sergei Prokofjews "Die Liebe zu den drei Orangen" dirigieren wird (Regie: Adriana Altaras). Zudem feiert Rossinis "Barbier von Sevilla" Premiere, wiederaufgenommen werden Dvoraks "Rusalka" und Puccinis "Madama Butterfly". Mit Andrew Lloyd Webbers "Sunset Boulevard" (basierend auf Billy Wilders Film "Boulevard der Dämmerung") kommt auch ein Musical auf die Bühne des Marguerre-Saals. Drei Uraufführungen (Titel noch ausstehend) gehen zudem aus dem Musiktheaterprojekt "Europäisches Archiv der Stimmen" hervor. Beim Barockfest "Winter in Schwetzingen" setzt man weiterhin auf Ausgrabungen von deutschsprachigem Musiktheater; in diesem Jahr mit "Ulysses" des seinerzeit bedeutenden Barockkomponisten Reinhard Keiser. (jek)

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> Konzert: Von den mehr als 50 Konzerten zählen die acht Philharmonischen Konzerte zu den Höhepunkten. Zu Beginn ist Anton Bruckners 7. Sinfonie in der Heiliggeistkirche zu erleben (mit GMD Elias Grandy), bei den folgenden Konzerten sind unter anderem Pianist Christian Zacharias und Liza Ferschtman (Violine) zu Gast. Als programmatische Besonderheit steht in jedem Konzert der Reihe ein Werk einer Komponistin auf dem Programm. Dazu passend wird beim vierten Konzert der Heidelberger Künstlerinnenpreis an Farzia Fallah verliehen. Im achten Konzert wird ein Werk der afroamerikanischen Komponistin Florence Price gespielt. Die Bachchorkonzerte (unter anderem mit César Francks "Les Béatitudes"), die Kammerkonzerte sowie die Familien- und Jugendkonzerte erweitern das Angebot. Neu hinzu kommen die Werkstattkonzerte der Reihe "Hingehört!", die an die Stelle der Lunchkonzerte treten. (jek)

> Tanz: Nicht weniger als die Realität und den Kosmos nimmt sich der künstlerische Leiter des Dance Theatre Heidelberg, Iván Pérez, vor. Seine Neukreation "Reality and the Cosmos" fokussiert sich auf die Transformation. Dabei greift Pérez Fragen nach Identitäts- und Gemeinschaftsgefühl auf. Passenderweise teilen sich die Tänzer die Bühne mit dem Philharmonischen Orchester. Spartenübergreifend wird auch bei "Island" gearbeitet: Das Dance Theatre tritt bei dieser von Shakespeares "Sturm" inspirierten Produktion gemeinsam mit dem Opernchor auf. Die Körperbewegungen werden auf der Bühne von mehrstimmigem A-cappella-Gesang begleitet. (dasch)

> Kinder- und Jugendtheater: Natascha Kalmbach, die Leiterin des Jungen Theaters, setzt auf Klassiker wie Gottfried Kellers "Kleider machen Leute" oder Erich Kästners Familienstück "Die Konferenz der Tiere", aber auch auf Uraufführungen, darunter Roland Schimmelpfennigs Fassung der "Kleinen Meerjungfrau". Die Heidelberger Dramatikerin Ingeborg von Zadow schrieb mit "Heute keine Vorstellung" ebenfalls ein neues Stück, das indirekt vom Kulturverlust während der Corona-Krise handelt. Außerdem richtet das Junge Theater Ende März kommenden Jahres die 36. Heidelberger Schultheatertage aus. (voe)

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