"Tosca" lockt ins Neckartal
Im Juli beginnen wieder die Schlossfestspiele in Zwingenberg. Rainer Roos setzt neue Akzente und stärkt die Oper.

Von Stephanie Kern
Zwingenberg. Vor rund zwei Jahren musste Rainer Roos während einer Videokonferenz die Zwingenberger Schlossfestspiele für 2020 absagen. In diesem Sommer wird es nun wieder Festspiele im Schlosshof geben. Endlich! Auf dem Programm stehen – wie vor zwei Jahren – die Oper "Tosca" und das Musical "Rock of Ages".
Die Schlossfestspiele in Zwingenberg sind in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes: Sie finanzieren sich zu 50 Prozent aus dem Kartenverkauf, die Gäste müssen den Weg hoch zum Schloss zu Fuß antreten, und es herrscht ein besonderer Geist unter Laien- und Profidarstellern. "Unser Qualitätsanspruch ist maximal", betont Intendant Rainer Roos im Gespräch mit der RNZ. "Wir wollen so gut sein, wie irgend möglich, allerdings unter Rücksicht auf die Menschen." Denn der viel beschworene Geist von Zwingenberg kommt erst dann zustande, wenn alle an einem Strang ziehen.
Die künstlerischen Voraussetzungen für die hohe Qualität wollen Rainer Roos und sein Team schaffen, Akzente setzen und auch Neues ausprobieren. "Bei der Besetzung der Oper ,Tosca’ habe ich mich an der Besetzung der Uraufführung im Jahr 1900 orientiert, um zwischenzeitlichen Klischees entgegenzuwirken", sagt Roos. Der Polizeichef Scarpia – sonst wird er oft von beleibten Männern über 50 gesungen und gespielt – wird in Zwingenberg von Marco Di Sapia verkörpert. "Der Scarpia sollte ein ebenso guter Sänger wie Schauspieler sein, und da ist Marco Di Sapia extrem stark."
Die Tosca wird von Tatjana Charalgina übernommen, der Maler Mario Cavaradossi von Sebastiano Lo Medico. Bariton Kai Preußker ist als politischer Häftling Angelotti und Gendarm Sciarrone zu sehen, Werner Prüling übernimmt den Part des Meßner/Schließers. Und mit Holger Ries tritt ein Eigengewächs in der Rolle des Spoletta an. Ries bekam sein erstes Engagement im Jahr 2001 bei den Schlossfestspielen Zwingenberg, denen er als Solist bis heute treu geblieben ist.
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Ganz neu und ungewöhnlich auf der Bühne ist die Attavanti, die von der Neunkirchener Künstlerin Jana Kühnle übernommen wird. "Wir wollen die Attavanti, die eigentlich gar keine physische Rolle ist, als Vermittlerin auf die Bühne bringen", erklärt Roos. Sie wird während der Vorstellung Bilder der Geschehnisse malen. So will man das sonst in Opernhäusern übliche Lichtband mit der Textübersetzung aus dem Italienischen ersetzen. "Meines Wissens sind wir die Einzigen, die das so machen." Die musikalische Leitung übernimmt Rainer Roos selbst, Regisseur ist Sascha Oliver Bauer.
"Die Schlossfestspiele Zwingenberg haben es sich auf die Fahnen geschrieben, Oper, Operette und Musical zu präsentieren. Dieser Mix, die Möglichkeit für Musiker unterschiedlicher Genres, sich kennenzulernen, das macht für mich den Reiz aus", sagt der Intendant.
Im Jahr 1987 spielt das Musical "Rock of Ages". Roos: "Auch da bin ich stolz, dass wir so eine tolle Besetzung bekommen haben. Wir haben unter anderem vier Solisten, die bei der ersten Riege des Erfolgsmusicals ,We will rock you’ dabei waren." Sascha Krebs werde in Zwingenberg "seine Traumrolle" singen – man könne sich sicher sein, dass diese Solisten mit ganz viel Herzblut die Rockhymnen der 80er-Jahre präsentieren werden. "Die Musik der 80er-Jahre wird übrigens aktuell auch wieder von vielen jungen Menschen gehört, also auch hier ist unser Angebot generationenübergreifend." Die Regie dieser Produktion übernimmt Michael Gaedt, die musikalische Leitung übernimmt wiederum Rainer Roos.
Spannend ist für Roos und die anderen Verantwortlichen der Festspiele, an welchem Punkt man anknüpfen wird und wie sich die Corona-Zwangspause auf die Zuschauerzahlen auswirken wird. "Wir haben 2019 wirklich unglaublich aufgeholt, mehr als 8100 Zuschauer wollten unsere Produktionen sehen. Das war ein Zuschauerrekord. Bei unserer Abschlussaufführung von ,Artus’ hatten wir mehr Zuschauer als Plätze. Natürlich haben wir gedacht, dass wir 2020 daran anknüpfen können." Dann kam das Virus und damit verbunden zwei Jahre des Stillstands. "Als ich nach Zwingenberg kam, hatten wir gut 5000 Zuschauer pro Jahr, 2019 waren es dann über 8000. Ich hoffe, dass uns möglichst nah bei den 8000 der Neustart gelingt." Das große Ziel bleibe, irgendwann 10.000 Zuschauer pro Sommer auf dem Schloss begrüßen zu dürfen.
Info: Schlossfestspiele Zwingenberg: "Rock of Ages" am 27., 28., 29., 30., 31. Juli jeweils 20.30 Uhr, am 30. 7. auch um 18 Uhr; "Tosca": 5. und 6. August, jeweils 20 Uhr, 7. August um 19 Uhr.
