Afghanistan-Ausstellung in Heidelberg: Viele Details ganz ohne Belehrung

Völkerkundemuseum zeigt eine Ausstellung über das Land am Hindukusch, ohne die aktuelle Situation aus den Augen zu verlieren: "Einst gab es Rosengärten in Afghanistan"

21.06.2016 UPDATE: 22.06.2016 06:00 Uhr 1 Minute, 32 Sekunden

Von Ingeborg Salomon

Afghanistan ist ein Land, über das oft geredet wird, von dem wir aber viel zu wenig wissen. Vor dem Einmarsch der Sowjetunion 1979 war der Binnenstaat an der Schnittstelle zwischen Süd- und Zentralasien ein Sehnsuchtsort vieler Reisender, die von den Schönheiten der grandiosen Landschaft, von blühenden Mohnfeldern und der Freundlichkeit der Bevölkerung schwärmten. Doch das Land hat eine wechselvolle Geschichte: So wurde der Name Afghanistan - wörtlich: "das Land der Afghanen" - erst 1919 nach der Unabhängigkeit vom Britischen Weltreich offiziell anerkannt.

Heute verbinden wir mit Afghanistan meist Krieg, Kalaschnikows und Burkas. "Einst gab es Rosengärten in Afghanistan" heißt eine Ausstellung, die im Heidelberger Völkerkundemuseum die ethnische und kulturelle Vielfalt dieses Landes am Hindukusch vorstellt, ohne die aktuelle Situation aus den Augen zu verlieren. "Alle Objekte und Fotografien, die wir zeigen, kommen aus unseren eigenen Beständen", erläuterte die Direktorin des Völkerkundemuseums, Dr. Margareta Pavaloi, beim Rundgang mit der RNZ.

Da 5000 Jahre Geschichte nur schwer darstellbar sind, liegt der Akzent auf Leben und Kultur der Bevölkerung - was auch schon eine Herausforderung ist. Viele ethnische Gruppen sind hier zuhause: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Aimaken, Turkmenen, Belutschen sowie Nuristani haben eine jeweils ganz eigene Tradition - und die Ausstellung gibt dazu einen hochinteressanten Überblick.

Besonders die Textilien zeigen, wie die Geschichte des Landes seine Produkte prägt. Eine eigene Bildersprache weisen die "Kriegsteppiche" auf, in deren Ornamente kleine Kalaschnikows eingewebt sind; die Original-Gewehre sind in Vitrinen zu besichtigen. Weniger martialisch sind die farbenfrohen Kleidungsstücke aus kostbarer Seide - hier wird die geografische Nähe zur berühmten Seidenstraße sichtbar - sowie die Pferde- und Kamelhalfter. Jedes ist ein kleines Kunstwerk, weil Reiterspiele ein wichtiger Bestandteil der Kultur ist.

"Wasser ist in Afghanistan ein äußerst brisantes Thema", erläutert Margareta Pavaloi. Deshalb sind viele Kannen und Kelche, verziert mit traditionellen Motiven, Teil der Ausstellung. Wer durch Städte wie Herat, Kabul und Kandahar geht, sieht sorgsam gefertigte Fenstergitter aus Holz, die ebenfalls zum Fundus des Völkerkundemuseums gehören. Ihr Prinzip wiederholt sich im Sichtfenster der viel (und oft emotional) diskutierten Burka.

Da die Ausstellung im Völkerkundemuseum hervorragend informiert, ohne zu belehren und ohne politische Diskussionen aufzumachen, ist sie einen - oder mehrere - Besuche wert. Zeit dafür haben Interessierte reichlich, die Objekte werden bis Juli 2017 gezeigt.

Info: Die Ausstellung ist im Völkerkundemuseum Heidelberg, Hauptstraße 235, zu sehen; geöffnet ist Mi bis Sa von 14 bis 18 Uhr, an Sonn- und Feiertagen von 11 bis 18 Uhr. www.vkm-vpst.de

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