Faszinierender Blick auf mongolisches Erbe
Die Welt der Nomaden öffnet sich für Museumsbesucher - Vernissage ist am Sonntag

Eines der Prachtstücke der Sammlung: Dieses Rollbild (Thangka) zeigt eine weiße Göttin als Erleuchtete mit der fünfblättrigen Krone auf dem Lotosthron sitzend. Foto: Vkm
Von Ingeborg Salomon
Der Besucher, der die Ausstellung "Nomadic Artefacts" im Heidelberger Völkerkundemuseum betritt, wird von einem weiten Himmel begrüßt. Willkommen in der Mongolei, willkommen in der Welt der Nomaden. Denn so, wie die mongolischen Stämme seit Jahrtausenden durch dieses riesige Land ziehen und als Nomaden in Jurten leben, haben auch die ausgestellten Objekte weite Reisen hinter sich. Dr. Maria-Katharina Lang vom Institut für Sozialanthropologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien hat deren Spuren verfolgt und zu einer ungewöhnlichen Präsentation zusammengestellt.
"Wir haben hier im Haus etwa 800 Objekte aus der Mongolei, darunter Thangkas, also buddhistische Rollbilder, Amulette, Skulpturen, Ritualgegenstände, Manuskripte und Drucke", erläuterte die Direktorin des Völkerkundemuseums Dr. Margareta Pavaloi. Angekauft hat sie Victor Goldschmidt von dem österreichischen Forschungsreisenden Hans Leder. Das belegt eine Objektliste aus dem Jahr 1911 - also acht Jahre, bevor Victor und Leontine Goldschmidt die von Portheim-Stiftung gründeten. Maria-Katharina Lang zeichnet in der Ausstellung die Wege nach, auf denen die Objekte nach Heidelberg gekommen sind. Das ist akribische Puzzlearbeit, denn es gibt keine vollständigen Listen. Jedes Objekt erzählt also seine eigene Geschichte. Die Sozialanthropologin ist seit 1995 mehrfach in die Mongolei gereist und pflegt enge Kontakte zu Kollegen in Ulaanbaatar.
Der Besucher wird beeindruckt sein von der ruhigen Schönheit, die zwei buddhistische Rollbilder ausstrahlen. Dargestellt sind Gottheiten auf dem Lotosthron. Auch das Material ist vom feinsten: Farbe, Gold und Tinte auf einer Leinwand mit Seidenfassung. Die Thangkas stammen aus dem späten 18. oder frühen 19. Jahrhundert, ihre Provenienz ist geklärt. "Hans Leder hat sie um 1900 in der Mongolei gekauft und sie dem Hamburger Handelshaus Umlauff übergeben. Das hat sie 1925 Victor Goldschmidt weiterverkauft", erläutert Lang. Die Firma Umlauff war damals ein bedeutendes Handelshaus für Ethnographica; viele der Heidelberger Objekte, auch eine Stupa aus dem 19. Jahrhundert, tragen Aufkleber von Umlauff.
Der Besucher sollte Zeit und Geduld mitbringen, sich auf diese Reise zu einer fremden Kultur mit komplizierter Geschichte einzulassen. Landkarten zeichnen die Wege der Objekte nach, die nach Heidelberg, aber auch nach Wien und Hamburg führen. In beiden Städten wurden ähnliche Ausstellungen bereits mit großem Erfolg gezeigt.
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Der weiße Filz, auf dem die Objekte präsentiert werden, erinnert an eine mongolische Jurte. Besonders eindrucksvoll sind Hörstationen, an denen die Geschichte religiöser Objekte erzählt wird, beispielsweise von einem Mönch - auf Mongolisch und untertitelt. Der Besucher sollte sich aber auch klar machen: Viele Objekte aus Goldschmidts mongolischer Sammlung sind verschwunden, "Arisierung", Plünderung und Missbrauch der Stiftung ab 1933 haben Spuren hinterlassen. Und die sieht man nicht.
Info: Die Ausstellung "Nomadic Artefacts" wird am Sonntag, 25. März, um 11.30 Uhr im Völkerkundemuseum, Hauptstr. 235, eröffnet und bis 29. Juli gezeigt, Mi bis Sa 14 bis 18 Uhr, sonn- und feiertags 11 bis 18 Uhr.