Werke von poetischer Dichte von "Lynn Schoene - Zur Erinnerung"
Ein Teil der beeindruckenden Werke der bekannten Künstlerin sind nun zu sehen.

Von Susann Behnke-Pfuhl
Heidelberg. Pandemiebedingt wurde die Ausstellung zur Erinnerung an die unvergessene Künstlerin Lynn Schoene, deren beeindruckendes Werk im Rhein-Neckar-Kreis und darüber hinaus bekannt und in vielen Sammlungen vertreten ist, um ein Jahr verschoben. Nun wird ein Teil ihres Oeuvres mit Arbeiten aus allen wichtigen Schaffensperioden im Heidelberger Forum für Kunst gezeigt; kuratiert haben diese wunderbare Hommage an Lynn Schoene Stefan Hohenadl vom Kulturamt und ihr Lebensgefährte Tom Feritsch. Zusammen mit klassischer Musik, die in den Räumen der Ausstellung ertönt, verspricht die Betrachtung ihrer Bilder höchsten Kunstgenuss. Die Begegnungen mit der Künstlerin in der Galerie Grewenig und in der Stadtbücherei anlässlich der Verleihung des Willibald-Kramm-Preises 2009 blieben nachhaltig in Erinnerung.
Aus dieser Zeit stammt das großformatige Bild von hoher poetischer Dichte über die "imaginäre Verzerrung von Traum und Wirklichkeit" (so lautet der übersetzte Titel). In ihm taucht die Künstlerin surreal in die Welt ihrer Kindheit ein, symbolisiert durch die Ziffernblätter von Uhren, netz- und gitterartige Strukturen und eine bräunliche Patina, die in Schoenes Arbeiten häufig zu finden ist genauso wie eingearbeitete persönliche Kinderfotos. Sie ließ sich gerne von der Literatur inspirieren, etwa von dem Werk "Great Expectations" von Charles Dickens, in dem es um die Wunschträume von Kindern geht. Auch Kronleuchter wie in einem ihrer letzten Bilder von 2018 spielen eine große Rolle; in dieser Arbeit fallen besonders die reliefartigen Strukturen aus Bienenwachs auf, die auf türkisfarbenen Untergrund starke Akzente setzen. Diese "Noppen", nach einer ganz besonderen Technik gefertigte Bienenwachsröllchen, werden mit Spezialkleber appliziert. Hier sind sie noch mit Schellack überzogen. Sie tragen zu dem verschwommenen, sich auflösenden, surrealen Eindruck des Bildes bei, das den prächtigen Innenraum eines Museums wiedergibt.
Schoene, 1953 in Luton nördlich von London geboren, kam 1973 nach Deutschland. Sie hatte neben ihrer künstlerischen Tätigkeit rund 20 Jahre die Leitung des Museums Théo Kerg in Schriesheim inne, die nun ihr Lebensgefährte übernommen hat. Die Künstlerin wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem Großen Welde-Kunstpreis der Metropolregion. Hervorzuheben ist auch, dass sie als Mitglied des Künstlerbundes Rhein-Neckar und des Forums für Kunst engagierte Arbeit leistete.
Schoene, die sehr an der Materialität der Dinge interessiert war, widmete sich auch der Thematik von Booten. In der Installation im Forum für Kunst liegt das Gefährt aus Eisen und Bienenwachs schlank und fragil auf einem Netz. Zweifellos verweist sie damit auf die Flüchtlingsproblematik – die Hoffnungen und das Schicksal der Flüchtlinge scheinen in den transparenten Botschaften der darüber hängenden Bilder auf.
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Mit ihrer Vergangenheit beschäftigte sich die britische Künstlerin, deren Vater aus Irland kam, in der Werkgruppe "The past is us", die keltische Zeichen aufweisen. Die warm anmutenden "Earth pictures" enthalten orangefarbene und rötliche Pigmente aus dem südfranzösischen Orange. "Time" steht in der aufgeklappten und mit Bienenwachsröllchen ausgelegten Handtasche – ein Fundstück von einem Londoner Flohmarkt und Zeichen der Kultur, aus der sie stammte und von der sie gerne erzählte.
Es ist ein großer Verlust für die Kulturszene, dass Lynn Schoene vor zwei Jahren zu früh, mit 66 Jahren, verstarb. Man wäre gespannt gewesen, wie sich ihr Werk, das malerische und das plastische, weiterentwickelt hätte. Die Retrospektive im Forum für Kunst zeigt jedoch Glanz und Ausstrahlung eines Oeuvres, das mit seiner ungewöhnlichen Kraft fesselt.