Heidelberg

Mit dem kleinen Alexander die Welt retten

Die Heidelbergerin Dorothée von Humboldt hat ein Kinderbuch über ihren Vorfahren Alexander von Humboldt geschrieben.

11.08.2022 UPDATE: 11.08.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 49 Sekunden
Im Kinderbuch von Dorothée von Humboldt führt der Schuljunge Alexander seine Leser ins Reich der Bäume. Foto: Philipp Rothe

Von Marion Gottlob

Heidelberg. Dorothée von Humboldt lächelt, als sie von einer Probelesung vor rund 100 Jugendlichen erzählt. Die Schüler der Alexander-von-Humboldtschule in Bayreuth hatten nicht die geringste Lust, etwas über den Namenspatron ihrer Schule zu hören. Bis die Rednerin ihnen diese Frage stellte: "Was würdet ihr sagen, wenn eure Eltern euch so einen Namen geben würden: Dorothée Isabel Caroline Konstanze Victoria Gabriele Freiin (Freiherrin) von Humboldt Dachroeden?" Sofort wollten alle mehr über die Ur-Ur-Urenkelin von Wilhelm von Humboldt, dem Bruder des weltberühmten Alexander von Humboldt, und ihr Werk "Der kleine Alexander von Humboldt – Alles ist mit allem verbunden. Die Bäume" wissen.

Das neue Kinderbuch ist eine Herzenssache für die Nachfahrin des berühmten Forschers und Weltreisenden. Sie sagt: "Wir müssen etwas tun, damit die Menschen wieder mehr Rücksicht auf die Natur nehmen. So hatte ich die Idee, die Essenz der Erkenntnisse von Alexander von Humboldt jungen Menschen über ein Buch verständlich zu machen." Rasch hatte sie in dem Zeichner Markus Feist, dem Künstler und Musiker Michael Grimm und der Grafikerin und Diplom-Biologin Melanie Welk kompetente Mitautoren gefunden.

Nicht nur das. Für das Kinderbuch gibt es schon jetzt ein Hörbuch. Ab Herbst wird es von Michael Grimm, einem Nachkommen der Gebrüder Grimm, zusammen mit Dorothée von Humboldt an rund 100 Grund- und Hauptschulen gelesen. Auch ein Musical ist in Arbeit. Anschließend sind einwöchige Musical-Workshops an Schulen geplant, sodass Schüler das Alexander-Musical selbst einstudieren und aufführen können. Damit nicht genug. Das Bilderbuch soll auch auf Spanisch erscheinen und dann in Südamerika bekannt gemacht werden. Bis heute wird Alexander von Humboldt dort wie ein Held verehrt. Was bedeutet diese Wertschätzung für Dorothée von Humboldt? Die 74 Jahre alte Heidelbergerin sagt nur ein Wort: "Glück."

Geboren wurde sie in Gießen an der Lahn. Große Teile ihrer Kindheit verbrachte sie in Bad Gastein, wo ihr Vater eine Kunstgalerie führte. "Die Kunden kamen aus der ganzen Welt. Ich war damals sehr stolz, dass meine Familie Telegramme aus dem Ausland erhielt."

Schon als Kind hat Dorothée von Humboldt gerne gelesen. Dabei saß sie stets in einem bequemen Sessel und ließ die Beine über die Lehnen baumeln. Das Möbelstück besitzt sie heute noch – und nutzt es gerne. Über ihre Jugend sagt die Seniorin: "Ich gehöre zu der Generation, in der Mädchen für die Heirat bestimmt waren." Trotzdem hat Dorothée von Humboldt Momente der Freiheit erlebt. Bis heute schwärmt sie von einem einjährigen London-Aufenthalt, den ihr ein Rotary Club ermöglichte. Nach der Rückkehr heiratete die junge Frau einen Mediziner und blieb zunächst in Österreich.

Nach der Scheidung kehrte sie dann aber nach Deutschland zurück. Sie kam mit ihrem Sohn Christof nach Heidelberg, um den Beruf der Medizinisch-Technischen Assistentin für Radiologie und Nuklearmedizin zu erlernen. "So konnte ich meinen Sohn und mich ernähren." Nach einigen Jahren splittete sie ihren Alltag: An den Vormittagen arbeitete sie in der Klinik und nachmittags führte sie ihren eigenen Laden für Antiquitäten: "Morgens die Pflicht und nachmittags die Kür." Wie sie das als alleinerziehende Mutter geschafft hat? "Ich glaube, ich habe viel Energie."

In Heidelberg hat sie ihr Herz an ihren Ehemann Reinhold verloren. Eigentlich sollte ihre Freundin mit dem Witwer verkuppelt werden. Doch schon bei dem ersten Treffen im Antiquitäten-Geschäft funkte es zwischen Dorothée von Humboldt und ihrem zukünftigen Mann. Sie verrät: "Hier war auch der erste Kuss." Als die Miete für das Geschäft verdoppelt wurde, musste sie schließlich aufgeben. Es war eine schwierige Entscheidung. Ab dann arbeitete sie im Geschäft ihres Mannes mit, dem Waffen-Lux, einem Büchsenmachermeister-Betrieb für Jagd- und Sportwaffen.

Mit den Recherchen für ihr Buchprojekt hat sich Dorothée von Humboldt zuletzt auf eine geistige Reise in die Vergangenheit begeben. Alexander von Humboldt lebte von 1769 bis 1859. Er wurde in einem Schloss in der Nähe von Berlin geboren. Er nannte es "Schloss Langeweile", denn für den normalen Schulstoff interessierte er sich nicht besonders. Lieber streifte er durch Wiesen und Felder, pflückte Blumen, sammelte Käfer und Schmetterlinge. Als Erwachsener gründete er aus eigenen Geldmitteln eine Arbeiter-Berufsschule für Bergleute in Goldkronach. Dort war Alexander Bergmeister und schließlich Oberbergmeister in den fränkischen Fürstentümern. Da es keine Schulbücher für Erwachsene gab, schrieb er sie selbst. Als Mitarbeiter des Ministeriums schuf sein Bruder Wilhelm Lehrpläne und unterstützte die Gründung der Berliner Universität. 1809/10 stellte Alexander als Direktor der Sektion für Kultus und Unterricht im Ministerium des Inneren Lehrpläne für die Schulen in Königsberg und Litauen auf. Sie betonten das Erfordernis einer allgemeinen Menschenbildung statt der Berufsbildung. Mit 30 Jahren konnte Alexander dann nach Südamerika reisen und wurde einer der größten Naturforscher der Welt.

In dem Alexander-Buch rufen die jungen Leser den Zauberspruch: "Eins, zwei, drei, Alexander komm herbei!" Sofort flitzt der Schuljunge auf einem Zeitstrahl in unsere Gegenwart und sagt: "Heute, in deiner Zeit, wäre ich bestimmt ein Astronaut geworden. Als Astronaut hat man von oben einen guten Blick auf die Erde. Kommt mit auf die Reise und wir entdecken die Geheimnisse der Erde." Alexander führt uns in die Welt der Bäume – mit Fragespielen und Bildern zum Ausmalen. Gemeinsam mit dem Titelhelden lernen die Leser, den Bäumen zu helfen. Am Schluss sagt Alexander: "Ich freue mich, wenn du mir dabei hilfst, die Erde zu beschützen."

Alexander von Humboldt ein Astronaut? Der deutsche Raumfahrer Alexander Gerst erhielt in diesem Jahr tatsächlich die Goldene Medaille der Humboldt Gesellschaft. Er lobte den Wissenschaftler als genialen Forscher und Denker. Wie fühlt man sich dann als Ur-Ur-Urenkelin von Alexander von Humboldts Bruder Wilhelm? Dorothée von Humboldt denkt kurz nach: "Ich bin dankbar." Hat sie noch einen Wunsch offen? Sie könnte sich vorstellen, dass das Alexander-Musical auch in Heidelberg gespielt wird. Und – das nächste Kinderbuch über die Ideen des "Kleinen Alexander" ist schon in Arbeit.

Info: Dorothée von Humboldt: "Der kleine Alexander von Humboldt – Alles ist mit allem verbunden. Die Bäume". Medien Bonn GmbH. Für Kinder von vier bis zehn, 14,90 Euro.

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