"Glücksgefühle-Festival" Hockenheimring

Bei Marteria, Sido, Clueso und Co. feiern 130.000 ausgelassen

Hier kicken die Endorphine. Die Stars der Szene schütten ihren Optimismus aus.

18.09.2023 UPDATE: 18.09.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 54 Sekunden
Hände hoch für „Gentleman“ und andere musikalische Frohnaturen: Beim Glücksgefühle-Festival feiern Jung und Alt gemeinsam. Musikalisch ist für jeden Geschmack etwas dabei – von Hip-Hop über Wohlfühlsounds bis zum Malle-Schlager. Foto: Dorothea Lenhardt

Von Meike Paul

Hockenheim. "Wieder mal ein schöner Tag. The sun is shining", erklärt der Osnabrücker Reggae-Musiker Tilmann Otto, den seine Fans besser als "Gentleman" kennen. Beim Glücksgefühle-Festival auf dem Hockenheimring besingt er in der Sachs-Kurve ganz offensichtlich den Frohsinn.

Tilmann Otto alias „Gentleman“. Foto: Dorothea Lenhardt

Die Arme wippen im Takt, die Menge vor der sogenannten "Euphoria Stage" ist textsicher – am Freitagnachmittag sind es mehrere Tausend Besucher. Kein Wunder: Otto hat den Reggae wieder salonfähig gemacht und ins Radio gebracht. Seine Texte machen meistens gute Laune und vermitteln Urlaubsgefühl. Schlechte Gedanken saugt er einfach weg wie mit einem Staubsauger.

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Dass die Endorphine kicken, ist beim Anblick des Line-ups aber wirklich kein Wunder. Das wohl größte Musikfestival Deutschlands mit Pop, Rock, Hip-Hop & EDM – veranstaltet von Ex-Fußballprofi Lukas Podolski – hat sie alle versammelt. Zwei Tage lang wird hier ausgelassen gefeiert. Die Headliner Sido und Marteria, zu denen an den Abenden nicht nur hart gesottene Hip-Hop-Fans vor die Bühnen strömen, vereinen Jung und Alt.

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Im Gepäck haben die Rapper alte und neue Songs. Da ist für jeden Jahrgang etwas dabei. Paul Hartmut "Siggi" Würdig erscheint mit Basket-Hat, offenem Hawaiihemd und Cargoshorts: die Lässigkeit in Person. Es scheint, als sei Sido direkt aus dem Urlaub nach Hockenheim gekommen. Wie früher schmeißt er die "Fuffis im Club", erklärt aber auch: "Du musst auf dein Herz hören."

Für den Rüpelrap von früher sei er zu erwachsen geworden – er spielt aber trotzdem, was von den Fans verlangt wird. Die Texte der neuen Songs haben wahrhaftig mehr Tiefgang, der Rapper zeigt sich hier reflektiert und selbstkritisch. Es macht Spaß, diesen Reifeprozess zu beobachten.

Auch Marteria kann sich hier einreihen. Vor der Bühne bildet sich am späten Abend zu "Feuer" ein "Moshpit", also ein Kreis, in dem die Menschen tanzen. Festival-Endspurt nach Hitzestich-verdächtigen Temperaturen. Zuvor unterhält Kollege Cro mit der Panda-Maske. Wer einen Handstand in der Menge macht, wird von ihm sogar auf die Bühne geholt und darf ein Selfie knipsen. Im Gepäck hat der Rapper vor allem seine Nummer-eins-Hits "Easy" und "So bad". Und wer noch nicht wusste, wofür Cro eigentlich steht? Es sind Buchstaben seines Namens: "Hi Kids, ich bin Carlo." Insgesamt kann Cro auf 53 Charthits und fünf Nummer-eins-Alben zurückblicken. Das polarisiert.

Überhaupt spielt beim Glücksgefühle-Festival nur, wer schon bekannt und erfolgreich ist. Ob die Setlists vorher genehmigt werden mussten? Wahrscheinlich. Denn Positivität und Frohsinn stehen hier im Vordergrund. Sarah Connor wünscht "all das Glück dieser Welt und dass es für dich noch ganz lange hält", Clueso rappt die Parts seiner Fanta-4-Kollegen bei "Zusammen" einfach selbst mit. Er verkündet: "Wir sind zusammen groß, sind zusammen eins."

Immer wieder holen die einzelnen Acts andere Musiker zu sich auf die Bühne. Sido wird von Gentleman und Nico Santos unterstützt. Letzterer spielt am Samstag selbst ein eigenes Set, kommt aber auch bei Clueso zur deutschen Fassung seines "Play with fire" nochmal auf die Bühne. Wincent Weiss sorgt mit seinen Songs wie "Feuerwerk" oder "Ich kann es kaum erwarten" für Optimismus und das wohlige Gefühl vom Angekommensein. Während auf der Euphoria-Stage weitere bekannte Künstler mit Wohlfühl-Musik begeistern – Joris, Leony, Milky Chance, Zoe Wees, Lea, Luna, Grüngürtelrosen und Donots –, wird vor der "Cloud 9 Stage" vor allem getanzt und geshuffelt.

Namhafte DJs spielen hier ihre Sets und verwandeln die Nordkurve in einen heißen Club. Glockenbach und Alle Farben ziehen ihr Publikum an, ebenso wie Vize und Felix Jaehn. Paul van Dyk, Robin Schulz, ATV und Steve Aoki lassen den Bass vibrieren und zünden Feuerkegel. Die Pyrotechnik ist im Dauereinsatz, sie heizt der Menge zusätzlich ein.

Doch eine stach am Samstagmittag ganz besonders heraus – und das nicht nur optisch: Mit neongrünem Strapsgürtel verwandelt Mia Julia die Rennstrecke zum Bierkönig, sie wünscht sich an den Strand von Arenal und erklärt: "Ich bin schon wieder blau wie der Ozean." Die Lieder gehen ins Ohr und bleiben dort. Immer wieder hört man im Laufe des Tages Menschen die einschlägigen Texte singen – gefolgt von breitem Grinsen. Von der eigenen Textsicherheit ist so manch einer selbst überrascht.

Mia Julia schafft sogar, was vielen anderen Sängern nicht gelingt: Sie nimmt ganz alleine den Raum ein. Auf der riesigen Bühne geht sie zu keiner Zeit unter, sie ist immer voll da. Vor der Euphoria-Stage verhelfen die großen Leinwände hingegen beim Ausfindigmachen der Künstler. Das tut der guten Laune aber keinen Abbruch – denn stimmlich sind alle gleich auf, liefern ab und vor allem: Sie machen Spaß!

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