Der Heidelberger Karlstorbahnhof in der Heidelberger Altstadt. Archivfoto: Hoppe
Von Wolfgang Nierlin
Heidelberg. Ausgelassen tanzen Mutter und Kind Twist. Im Turin der 1960er Jahre erlebt der neunjährige Massimo (Nicolò Cabras) eine unbeschwerte Kindheit und eine innige Beziehung zu seiner jungen Mutter (Barbara Ronchi). Wenn sich die beiden zusammen die Fernsehserie über "Belphégor", den Geist aus dem Louvre, ansehen, mischen sich in dem wissbegierigen Jungen Freude und Schrecken, der jedoch abgemildert wird durch die schützende Nähe der Mutter. Als diese plötzlich stirbt, ist das Kind von dem Verlust überwältigt. Weil die Erwachsenen zudem die wahren Hintergründe ihres Todes verschweigen, nagt an Massimo eine verzehrende Ungewissheit.
Wie der Umgang mit Verlust und Trauer das kindliche Erleben formen, zeigt Marco Bellocchios Film "Träum was Schönes" in den Szenen von Massimos Kindheit. Sei Vater ist vom selbstbewussten Widerspruchsgeist des Jungen überfordert und engagiert eine Haushaltshilfe. Der Pfarrer wiederum begegnet den unbeantwortbaren Fragen Massimos mit einer paradoxen Ermutigung: Selbst wenn es Gott nicht geben sollte, müsse man doch an seine Existenz glauben, um im Leben nicht ohne Hoffnung zu sein. Zudem dürfe man seinen Schmerz nicht verdrängen, sondern müsse sein Schicksal akzeptieren.
Dreißig Jahre später, nach dem Tod seines Vaters im Jahre 1999, kehrt Massimo (Valerio Mastandrea) in die elterliche Wohnung nach Turin zurück und wird bei deren Auflösung mit seinen Erinnerungen konfrontiert. Bellocchio integriert diese in die kunstvolle, beziehungsreiche Erzählstruktur seines Melodrams, das zwischen verschiedenen Zeitebenen changiert. Zunächst als Sportjournalist, dann als Kriegsreporter und Zeitungsredakteur bleibt für Massimo unbewusst das Trauma bestimmend, bis ihn eine Panikattacke mit der Psychotherapeutin Elisa (Bérénice Bejo) zusammenführt. Altmeister Bellocchio visualisiert das unterbewusste Trauma seines Protagonisten durch ein dichtes Geflecht an (psychoanalytischen) Motiven und kulturgeschichtlichen Referenzen. Das Unterbewusste nähert sich der Wahrheit.
Info: Heidelberg, Karlstorkino, OmU: 10. Februar, 15.30 Uhr.