Zwischen dem verbitterten Kapitän Ahab (Massoud Baygan,l.) und dem Matrosen Ismael (Simon Labhart) brechen immer wieder Konflikte auf. Foto: Sebastian Bühler
Von Ingeborg Salomon
Heidelberg. Wenn Nadja Rui am Ende der Aufführung von "Moby Dick" im Heidelberger Zwinger3 ein Lied zur Rettung der Wale im Besonderen und der Natur im allgemeinen singt, ist die Bühne ein Schlachtfeld. Die Schauspielerin steht zwischen Blutlachen, was nicht verwundert, geht es doch nicht um nette dicke Wale, die wunderbar singen, sondern um den Killerwal Moby Dick. Der hat Kapitän Ahab einst ein Bein abgebissen; deshalb setzt der verbitterte Kapitän jetzt alles daran, den weißen Wal zu jagen und zu töten.
Der 1851 erschienene Roman von Herman Melville dient Regisseur Manuel Moser als Vorlage für 60 packende Theaterminuten, die den Zuschauer mitnehmen auf das Walfangschiff "Pequod". Anike Sedello hat dazu die Bühne in ein Schiffsdeck mit viel Takelage verwandelt. Simon Labhart als Schiffsjunge Ismael und sein Freund Queequeg, gespielt von Nadja Riu, heuern auf der Pequod an und lernen den Kapitän - eine Paraderolle für Zwinger3-Urgestein Massoud Baygan - schnell kennen und fürchten.
Zunächst ist die Atmosphäre auf dem Schiff noch entspannt. Die Seeleute spielen Schnick Schnack Schnuck und erzählen sich Witze. "Was sagt ein Seemann zu trockenem Gras? A Hoi". Bei Moby Dick darf und soll durchaus auch gelacht werden. Schlauer werden die jungen Zuschauer außerdem, denn Ismael erzählt, wozu Wale überhaupt gefangen werden: "Ohne Wal kein Licht!"
Soll heißen: Die Fettschicht der Tiere, der Blubber", wurde als Lampenöl gebraucht. Zur Veranschaulichung wird dann ein erlegter Wal auf der Bühne ausgeschlachtet, und wie im richtigen Leben ist das eine ziemlich brutale Aktion. Manuel Moser setzt diese Grausamkeiten aber so in Szene, dass Zuschauer ab zehn Jahren diese Bilder durchaus verkraften können.
Doch die Stimmung an Bord kippt, weil Kapitän Ahab die Besatzung zunehmend tyrannisiert, um sein ureigenstes Ziel zu erreichen: Rache an Moby Dick. "Gehorsam heißt Miteinander" wird markig verkündet, doch nicht nur der zweite Steuermann Stubb hat da so seine Zweifel. "Was sollen wir tun?" fragen Nadja Rui und Simon Labhart die Zuschauer. Den Kapitän über Bord werfen? Ihn in einem Boot auf dem Meer aussetzen? Einfach weitermachen, weil Walfang ja Geld bringt?
Schließlich wird Moby Dick gesichtet und harpuniert. Der weiße Wal zieht Kapitän Ahab in die Tiefe, doch so klar wie im Roman ist das Ende in Manuel Mosers Inszenierung nicht. Da bleibt einiges gewollt offen. Nadja Ruis aufmüpfiges Lied "Rettet die Wale, sprengt das System" verabschiedet die Zuschauer. Die bedankten sich mit starkem Applaus für eine gekonnte Ensembleleistung, die viele Denkanstöße vermittelt.
Info: Die nächsten Vorstellungen sind am Mittwoch, 13. Februar, um 9.15 und 11.30 Uhr; weitere Termine und Karten unter www.theaterheidelberg.de