Unterwegstheater Heidelberg

Abheben kann so schön sein

Das Unterwegstheater Heidelberg bespielt mit dem Artort "Überflieger" die Hebelhalle und die Südstadt-Chapel

21.07.2017 UPDATE: 22.07.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 38 Sekunden

Tanz und Akrobatik präsentierte gut gelaunt und mit viel Temperament die Compagnie Lucio Baglivo aus Madrid. Foto: Friederike Hentschel

Von Ingeborg Salomon

Nun ist das Dutzend voll: Artort, das Festival des Unterwegstheaters, geht in die zwölfte Runde und erschließt wieder ungewohnte Orte. Die Macher, Bernhard Fauser und Jai Gonzales, locken ihr Publikum nicht nur in der Hebelhalle sogar ins Untergeschoss, sondern auch in die Südstadt in die Chapel. Kurz bevor hier der Umbau beginnt, können die Besucher den leeren Raum als Spielort erleben. "Überflieger" heißt das Motto des Artort 2017, das für ein fast spielerisches Abheben der Tänzer ebenso steht wie für akrobatische Leistungen.

In der Hebelhalle tanzt das Ensemble des Unterwegstheaters zunächst die neue Uraufführung "Zentri-Fuge" von Jai Gonzales. Stavros Apostolatos, seit 15 Jahren ein Urgestein der Compagnie, und Florian Bücking wirbeln zu einem metallischen Soundteppich um Veronika Kornova Cardizzaro herum, stemmen ihre Kollegin in die Höhe, drehen und wenden sie. Anziehungs- und Fliehkräfte beherrschen dieses Trio, bis die Musik abbricht und die Choreographie mit einem zarten Frauensolo ausklingt.

Während in der Hebelhalle umgebaut wird, schlendern die Zuschauer im Keller durch die Installation "La Bas" von Thomas Kaufmann. 50 Türen aus Umkleidekabinen des Alten Hallenbades erinnern an andere Zeiten, die alte Heidelberger noch im Gedächtnis haben. Später führt eine weitere Umbaupause nochmals ins Souterrain zu "lichtCREAtureN" von Nils Herbstrieth. Der projiziert mit mehreren Beamern auf halbtransparente Stoffe scheinbar lebendige Wesen aus Licht; das Szenario erinnert an seltsam pulsierende Geschöpfe in der Tiefsee. Bits und Bytes geben den Takt vor, in dem sich diese Kreaturen zu Sphärenklängen verändern.

Fröhlicher Höhepunkt, wieder in der Hebelhalle, ist (bis Sonntag) der Auftritt der spanischen Compagnie Lucio Baglivo. "Pura vida" - reinste Lebensfreude - sprüht da von der Bühne ins Publikum, das den Tänzern bei diesem Auftritt ganz naherückt und sich gerne animieren lässt, einige Samba- und Merengue-Schritte mitzutanzen. Vom 27. bis 30. Juli steht an dieser Stelle das geheimnisvolle Stück "Shy blu" der spanischen Tanzcompagnie Elias Aguirre auf dem Programm. Ein Klassiker der Ballettmusik ist Camille Saint-Saëns’ "Sterbender Schwan": Besim Hoti vertanzt ihn modern, im Dialog mit einer Videoprojektion, die die klassische Version mit Spitzenschuhen und Tutu einblendet.

Dass die Südstadt-Chapel ein interessanter Veranstaltungsort sein kann, bewies der Architekt Oliver Mezger, der sich bei seinen Videoinstallationen vom Lichteinfall der Fenster inspirieren ließ, ebenso wie der Tänzer Paolo Amerio, der eigens für den Altarraum der Chapel ein Solo kreiert hatte. Esther Valentin und Eva Lebherz-Valentin ließen den Abend mit Mendelssohns "Gruß", von der Empore gesungen, ausklingen. Entspannt bebildert schlendert das Publikum in die laue Sommernacht.

Info: Vorstellungen am 22. und 23. 7. sowie von 27. bis 30. 7., jeweils 20.30 Uhr. Karten auch bei der RNZ, Neugasse 8-10, sowie unter www.unterwegstheater.de

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