Tanz in der Hebelhalle: Szene aus Christina Liakopoyloys Stück "One to Two". Foto: Alexander Ehhalt
Von Isabelle v. Neumann-Cosel
Heidelberg. Es gibt sie, die freie Tanzszene in Heidelberg, außerhalb der beiden von der Stadt offiziell geförderten Institutionen, der Nanine Linning Dance Company am Theater und dem UnterwegsTheater in der Hebelhalle. Dort öffneten Bernhard Fauser und Jai Gonzales für ihr diesjähriges 720-Stunden-Festival im Monat September ihre großzügigen Räumlichkeiten als Produktionsort, Aufführungsmöglichkeit und nicht zuletzt Treffpunkt für die regionale Tanzszene. Und tatsächlich, die "Local Heros", wie sie mit Augenzwinkern etikettiert wurden, ließen sich herausfordern: zu den ersten kleinen Schritten hin zur Bildung einer Tanz-Community und zu vier ganz verschiedenen Produktionen.
Erstaunlich viele Tanzschaf-fende mit unterschiedlichstem Hintergrund in Sachen berufliche Ausbildung und stilistische Orientierung versuchten in einer ersten Begegnungsrunde, Gemeinsamkeiten herauszufiltern. Abgesehen von der fast durchgehenden Klage über zu wenig Fördermittel gab es die vielen konstruktiven Beiträge zur Vision einer lebendigen "Tanzstadt Heidelberg". Die zukünftigen kulturellen Leitlinien der Neckarstadt sind in einer Diskussion, bei der Bürgerbeteiligung erwünscht ist. Die Mitglieder der regionalen Tanzszene wollen sich in die laufende Debatte einmischen, zunächst einmal mit einem gemeinsam erarbeiteten Papier.
Vier Aufführungen in der Hebelhalle, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, gaben einen Vorgeschmack auf die Möglichkeiten, die in der Tanzstadt schlummern. Zum Beispiel eine so ungewöhnliche Zusammenarbeit wie die des "Ensembles "convergent", wo Tänzerin Sabrina Fleischhacker mit ihrer Gruppe von betont stark und akrobatisch auftretenden Frauen den "Flying Monkeys" begegnen, einer von Jens Rössler geleiteten Parkour-Gruppe. Mutig stemmten sie gemeinsam das 60-Minuten-Stück "Renascence". Catherine Guerin erarbeitete mit einer Gruppe von Interessierten die Gemeinschaftsarbeit "Relationsscapes".
Erinnerungen an die 80er Jahre, in denen Johann Kresnik die bundesweite Tanzszene mit seinem "choreografischen Theater" von Heidelberg aus kräftig aufmischte, wurden mit dem Stück "Hive Mind" der ehemaligen Kresnik-Tänzerin Kate Antrobus wach. Schließlich studierte Christina Liakopoyloy, Leiterin des Heidelberger Nostos-Tanztheaters, ihr Stück "One to Two" ein, mit dem Mannheimer Tänzer Jonas Frey zwischen zwei Frauen, wie sie unterschiedlich in ihrer Ausstrahlung und Bewegungssprache nicht sein könnten - ein Stück, das durchaus Festivalformat hat.
Es gibt sie, die freie Tanzszene in Heidelberg - was sie braucht, ist ein starker Schulterschluss zur Gründung einer lebendigen Dance Community in einer Tanzstadt, die diesen Namen verdient. Was sie noch braucht, sind einerseits Produktions- sowie Aufführungsmöglichkeiten - und anderseits eine moderate finanzielle Förderung. Ersteres ist wunderbarerweise im Choreografischen Centrum vorhanden, Letzteres steht noch ganz oben auf dem Wunschzettel der Betroffenen.
Das 720-Stunden-Festival geht mit einer Eigenproduktion des UnterwegsTheaters ab heute in die letzte Runde: "Little Carmen" ist im eigenwilligen Format einer Taschenoper angekündigt.