"Ossip Mandelstam war genial, ein Jahrhundertdichter"
Von Franz Schneider
Für das Wintersemester 1909/1910 immatrikulierte sich an der Großherzoglich Badischen Universität Heidelberg für das Fach Philologie ein jüdischer Kaufmannssohn aus Petersburg, vermerkt als Joseph Mandelstamm, geboren am 16. Januar 1891. Sterben sollte er am 27. 12. 1939 in einem Durchgangslager bei Wladiwostok. Dazwischen liegt ein kurzes Leben voller Not und Poesie. Ossip Mandelstam wurde zu einem der wohl wichtigsten Lyriker des 20. Jahrhunderts. Dass er für Literaten und andere mehr ist als nur eine Erinnerungsplakette am damaligen Heidelberger Wohnort in der Friedrich-Ebert-Anlage 30, ist das Verdienst Ralph Dutlis. Er bescherte dem deutschsprachigen Leser eine zehnbändige Gesamtausgabe Gedichte, Essays und Prosa von einem, der mit der Poesie gleich einem Pflug die Zeit umkehrte.
Aus Anlass seines 125-jährigen Geburtstages findet nun am 15. Januar ab 9 Uhr im Hörsaal 4 der Neuen Universität Heidelberg ein Symposium statt, das sich Mandelstams "Sehnsucht nach Weltkultur" annimmt. Im Mittelpunkt stehen die Rezeption und die Beziehungen des russischen Dichters zu anderen Autoren seiner Zeit. Es folgt ab 19 Uhr eine Lesung Dutlis aus Mandelstams Werk.
Veranstaltet wird das Symposium gemeinsam vom Institut für Übersetzen und Dolmetschen sowie dem Slavischen Institut. Gefördert wird es von der Unesco City of Literature. Dem folgt vom 13. Mai bis 10. Juli eine Ausstellung über "Ossip Mandelstam. Wort und Schicksal" in der Friedrich-Ebert-Gedenkstätte.
Info: Ossip Mandelstam: "Bahnhofskonzert. Das Ossip-Mandelstam-Lesebuch". Herausgegeben und übersetzt von Ralph Dutli. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2015. 400 S., 12,99 Euro. Und Ralph Dutli: "Mandelstam, Heidelberg. Gedichte und Briefe 1909-1910". Russisch-Deutsch. Wallstein Verlag, Göttingen 2016. 192 S., 19,90 Euro.