Buchener Hip-Hopper holen gleich beim ersten Mal die Weltmeisterschaft
"ConneXion" machten 2013 zum ersten Mal bei Wettbewerben mit und holten auf Anhieb den Weltmeistertitel.

Die Hip-Hopper kämpften im August bei der Weltmeisterschaft der United-Dance-Organisation in Glasgow um den Weltmeistertitel. Sie holten ihn in ihrer Altersklasse 14 bis 17 Jahre. Und das, obwohl die Gruppe im Jahr 2013 zum ersten Mal überhaupt an einem Streetdance-Wettbewerb teilnahm.
"Es war ein gutes Gefühl, als viele unserer Vorbilder zu uns gekommen sind, uns umarmt und gratuliert haben", erinnert sich Céline an die Siegerehrung nach der Weltmeisterschaft.
Die Buchener Mädels und Jungs gehen mit ihrem großen Erfolg jedoch gelassen und bescheiden um. Sie finden eigentlich gar nicht, dass sie viel besser als andere Hip-Hop-Gruppen sind. "Man muss hart trainieren, ehrgeizig und kreativ sein und eine Choreografie haben, die sich von denen der anderen unterscheidet", erzählt Tiziano. Sie sind aufgeschlossen gegenüber neuen Stilen, probieren gerne Sachen aus und versuchen, experimentell zu tanzen.
"ConneXion" trainiert an drei Abenden in einer kleinen Buchener Schulturnhalle: Aus den Lautsprechern wummern Beats, und die neuen Weltmeister üben ihre Moves unter den scharfen Augen von Chefchoreograf Kevin Sauer. Wenn eine Meisterschaft ansteht, trainieren sie schon mal das ganze Wochenende. Und auch zu Hause trainieren sie die kleinsten Details vor dem Spiegel.
"ConneXion" zeichnet sich durch Vielseitigkeit aus: Sie tanzen in den alten Stilen der Old-School-Music aus den 1970er und 1980er Jahren. "B-Boying", aber auch "Popping" und "Locking" sowie Stile der Middle-School-Music wie beispielsweise "New Jack Swing". Sie tanzen auch neuere Stile wie den "L.A.-Style". In Zukunft wollen sie noch mehr Elemente aus dem "House Dance" aufnehmen: Sie wollen sich immer weiterentwickeln.
Im Jahr 1999 gründete Volker Schwender in Buchen das Integrationsprojekt "Hip-Hop-Breakdance". Damals war die Jugendkriminalität hoch. Auch Heroin war ein Thema. Man wollte die Jugendlichen von den Straßen holen und ihnen eine Perspektive geben.
"Niemand hätte damit gerechnet, dass wir es von ganz unten bis nach ganz oben zum Weltmeister schaffen könnten", erzählt Volker Schwender stolz. Man wollte damals den Jugendlichen ein neues Lebensgefühl vermitteln.
Und auch für "ConneXion" ist Hip-Hop viel mehr als Tanz: "Hip-Hop ist eine Kultur. Diese Lebenseinstellung ist schwer in Worte zu fassen", verdeutlicht Tiziano.
Hinter Hip-Hop steht ein sozialer Gedanke: "Es geht um das Zusammensein. Ohne Vorurteile wollen wir miteinander leben und andere nicht wegen ihrer Nationalität, ihrer Hautfarbe oder ihrer Religion verurteilen", bringt es Kevin auf den Punkt.
Auch mit Klischees räumen sie auf: "Viele denken, dass Hip-Hopper fette Ketten tragen und ,Gangster' sind. Das sind alles nur Vorurteile", meint Choreograf Kevin. Die meisten Hip-Hopper fühlten sich in ganz normalen Sachen wohl. Zudem gehen viele "ConneXion"-Mitglieder auf die hiesigen Gymnasien.
Aber ganz gleichgültig ist die Mode den Hip-Hoppern dann doch nicht: "Es gibt viele, die Wert auf Schuhe legen", meint Kevin. Ihnen ist vor allem wichtig, dass sie sich in ihrer Kleidung gut bewegen können.
Über allem steht für sie die Musik: Viele sind durch die Musik zum Hip-Hop gekommen. "Musik hören gehört für mich zum Leben dazu. Ich höre zum Beispiel gerne Old-School", sagt Tiziano. Sobald die Beats ertönen, legt sich bei ihnen ein Schalter um: "Wir tanzen quasi automatisch, sobald wir Musik hören", sagt Céline. Sie tanzen überall: zu Hause und in den Schulpausen. Selbst an der Bushaltestelle. Der MP3-Player ist immer griffbereit.
Bereits vor der Zeit bei "ConneXion" waren die Tänzerinnen und Tänzer sportbegeistert: Céline und Lea besuchten Tanzschulen. Vita hat Sportgymnastik trainiert. Jem Aron ist seit Jahren Schulbester im Sport. Im Hip-Hop macht Jem Aron am liebsten "Power-Moves". Das sind körperlich sehr anspruchsvolle Moves, wie zum Beispiel Salti oder Drehungen auf dem Kopf.
Muss man sportlich sein, wenn man Hip-Hop tanzen will? "Es hilft, wenn man locker ist und Rhythmusgefühl hat", meint Vita. Jem Aron lässt das nicht gelten: "Nein, man muss nicht besonders begabt sein. Dehn' dich, wenn du ungelenkig bist! Jeder kann Hip-Hop ausprobieren."
Zurzeit tanzen beim Integrationsprojekt "Hip-Hop-Breakdance" 36 motivierte Kinder und Jugendliche. Es gibt drei Gruppen: Eine Kindergruppe, "ConneXion" und "Infinity". Auch "Infinity" haben bereits viele Meisterschaften gewonnen. 2009 waren sie Finalist bei "Germany's next Showstars". Selbst bei den Breakdance-Weltmeisterschaften in Las Vegas standen Buchener Hip-Hopper auf der Bühne. Die deutschlandweiten und internationalen Erfolge haben die Odenwaldstadt Buchen zu einem Hip-Hop-Zentrum werden lassen: "Früher wusste niemand, wo Buchen ist. Heute kennen alle in der Hip-Hop-Szene unsere Stadt", berichtet Céline.
Trotz der Erfolge träumen die Weltmeister nicht von einem Leben auf den Bühnen der Welt. "Hip-Hop mache ich zum Spaß. Ich habe schulische Ziele: Ich möchte studieren", sagt Jem Aron und die anderen stimmen zu.
Das Integrationsprojekt bekam vor wenigen Tagen einen Sonderpreis für soziales Engagement. Für das Preisgeld hat die Gruppe schon eine Verwendung: Damit soll die Reise zur nächsten Weltmeisterschaft finanziert werden.
"ConneXion" möchte beim Kampf um den Weltmeistertitel auf jeden Fall wieder dabei sein. Denn der Weg ist noch lange nicht zu Ende. Mit großer Disziplin und hartem Training möchten sie an der Spitze bleiben.



