zuz euthanasie kasten

24.05.2024 UPDATE: 24.05.2024 04:00 Uhr 55 Sekunden

Die T4-Organisatoren der Massenmorde wurden, soweit gefasst, direkt nach Kriegsende hart bestraft. Der Verteidigungsstrategie, man habe die Rechtswidrigkeit seinerzeit nicht erkannt, wurde vom Gericht entgegengehalten, dass die Tötung offenkundig naturrechtswidrig sei. Ab 1948/49 wurde in Urteilen den Tätern ein "möglicherweise unvermeidbarer Verbotsirrtum" zugebilligt.

Die "Euthanasie-Prozesse" der 1950er-Jahre endeten häufig mit geringen Strafen oder Freisprüchen. Das 1965 vom Generalstaatsanwalt Fritz Bauer gegen 16 hochrangige Juristen eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde 1970 eingestellt. Viele Prozesse folgten erst spät in den 1970er/1980er-Jahren. Etliche Verfahren wurden wegen Verhandlungsunfähigkeit eingestellt, so auch gegen den einstigen Leiter der Tötungsanstalt Grafeneck, Horst Schumann. Vereinzelt erhielten Täter geringe Haftstrafen oder wurden nach kurzer Haft begnadigt, andere wurden freigesprochen.

Regierungsdirektor Dr. Ludwig Sprauer, geboren 1884 in Heidelberg, der auch nach dem Datenblatt die Verlegung des Friedrich Grimm in die Tötungsanstalt Grafeneck angeordnet hat, wurde 1948 zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Urteil wurde kurze Zeit später in Revision auf elf Jahre verkürzt und 1951 durch Gnaden-Erweis ganz ausgesetzt. Dr. Sprauer starb 1962 in Achern.

Otto Mauthe, geboren 1892 in (Ober-)Derdingen, Gynäkologe und Obermedizinalrat im Württembergischen Innenministerium, war bei der "Aktion T4" und maßgeblich für die Erfassung und Verlegung von "Geisteskranken" und Kindern verantwortlich, unter anderem nach Grafeneck. Er war auch mitverantwortlich bei der Schaffung der "Kinderfachabteilungen". Dort wurden Kinder und Neugeborene ermordet. Mauthe wurde 1949 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu fünf Jahren Haft verurteilt, die er nie antrat. "Aus gesundheitlichen Gründen" sah die Justiz 1958 endgültig von einer weiteren Strafverfolgung ab. Er starb 1974 in Stuttgart. (bs)