Hintergrund RNZ-Sommertour Neckarsteinach

08.09.2021 UPDATE: 09.09.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 12 Sekunden

Er bewahrt eine 900-jährige Tradition

Es war der Höhepunkt der Sommertour zu den vier Burgen von Neckarsteinach: Für die RNZ-Leser öffnete Johannes Freiherr von Warsberg die Tore zur Mittelburg. Und er gab einen spannenden Einblick in das heutige Leben seiner Familie.

"Wir leben hier und versuchen, die 900-jährige Tradition unserer Vorfahren weiterzuführen", erklärte er. "Darauf sind wir auch stolz." In seinen Adern fließe noch "ein kleiner Tropfen" Blut der Bligger von Steinach, sagte von Warsberg augenzwinkernd. "Wir wissen aber nicht, ob es uns gelingt, diese Tradition fortzuführen." Mit der Vermietung von Teilen der Burg für Feste wie Hochzeiten versuche man einen Teil der Investitionen und der hohen Betriebskosten zu finanzieren. Doch fast zwei Jahre hätten nun coronabedingt keine Hochzeiten mehr stattgefunden. Weitere Einnahmequelle seien die Landwirtschaft mit verpachteten Feldern und der Wald, der mit dem Klimawandel zu kämpfen habe.

"Die Mittelburg sah früher anders aus", erklärte von Warsberg. Der Ottheinrichsbau im Heidelberger Schloss habe mit dem nachträglichen Bau von Bögen und Zinnen Spuren hinterlassen. "Das macht uns zu schaffen", gestand er. "Wir versuchen, die ursprüngliche romanische Form wiederherzustellen." Finanzielle Unterstützung komme vom Denkmalschutz, sei aber oft nur ein Tropfen auf den heißen Stein. "Die Burg ist ein Privathaus", so von Warsberg, der hier geboren wurde und mit seiner Familie hier lebt. Er sei das erste Familienmitglied, das wieder ganz in Deutschland lebe, während seine Vorfahren Österreicher seien.

Die RNZ-Leser nutzten die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Der kleine Samuel wollte wissen, ob es Gespenster auf der Burg gebe. "Ja, auch am Tag", antwortete von Warsberg augenzwinkernd. Wie viele Zimmer es in der Burg gebe, wisse er gar nicht. Diese seien aber 4,5 bis fünf Meter hoch. Eine klare Meinung hatte von Warsberg zu Feuerwerk, das früher beim "Tag des Gastes" auch von der Mittelburg abgebrannt wurde: "Das ist unnötig in Zeiten des Klimawandels, es macht nur Dreck." Das Anstrahlen der Burgmauern mit LED-Scheinwerfern hingegen sei modern.

Die Sommertouristen erfuhren auch, welche Funktion die Glocke am Burgturm hatte. Sie gab das Pausen- und Feierabendsignal für die Feldarbeiter auf der anderen Neckarseite. "Viele Paare wollen nicht in die Kirche, aber kirchlich heiraten", erzählte er etwas ungläubig über die Hochzeiten, die bereits auf der Burg stattfanden. Daher kämen freikirchliche Prediger zum Einsatz. "Das ist wohl eine Kulturerscheinung", meinte von Warsberg, der regelmäßiger Besucher des Gottesdienstes in der katholischen Kirche ist. Diesen verfolgt er in einer Loge getrennt von anderen Besuchern. "Aber nicht wegen der Infektionsgefahr", stellte Warsberg klar. Seine Familie erhielt als Erbauer der Kirche einst eigene Plätze.

Besonders interessierte die Leser der Wald der Familie. "Wir leben von ihm und bewirtschaften ihn", erklärte von Warsberg und zeigte Unverständnis für Forderungen, Wald in Deutschland "stillzulegen". Wichtig seien eine "selektive Holzernte" und ein Wald mit vielen Baumarten, der im Klimawandel stabil sei. Der Klimawandel sei seit 15 Jahren nicht zu leugnen. Auch der verregnete Sommer 2021 habe nicht viel geholfen: "In 20 Zentimeter Tiefe ist der Boden nach wie vor trocken." Fichten, Kiefern und Buchen vertrocknen. "Seit drei Jahren haben wir kein Geld mehr mit dem Wald verdient", sagte von Warsberg. "Die Zeiten, dass der Wald die ganze Familie ernährt, sind vorbei." Notwendig sei ein neues Konzept.

Auch in sein Familienleben gab der Freiherr Einblick: Mit Ehefrau Ulrike hat er fünf Kinder, die wiederum Nachwuchs haben. Sie sind regelmäßig zu Gast auf der Burg, ebenso die sieben Geschwister von Warsbergs und deren Familien. "Wir haben unser komplettes Geld immer in Kinder und Dächer gesteckt", sagte von Warsberg angesichts teurer Dachsanierungen.