Hintergrund Mahlsteine Mühlen Heidelberg

05.07.2020 UPDATE: 06.07.2020 18:00 Uhr 1 Minute, 16 Sekunden
Ölmühle in Lützelsachsen: Die senkrechten Quetschsteine haben einen Durchmesser von 1,80 Meter.

Von Mahlsteinen und Mühlen

Die Geschichte der Mühlsteine ist fast so alt wie die Geschichte der Menschheit. Zwischen zwei Steinen wurden in der Steinzeit Körner oder sonstiges Mahlgut zerrieben. Eine untere Platte war flach oder tellerförmig vertieft. Ein zweiter Stein, der "Läufer", wurde darüber geschoben oder gerollt – eine schweißtreibende Arbeit. Oberhalb von Dossenheim, auf dem Kirchberg, betrieben in der Eisenzeit die Kelten eine ausgedehnte Fabrikation von solchen zweiteiligen "Handschiebemühlen". Der obere Stein hat eine merkwürdige Form. Er läuft nach beiden Seiten spitz zu; das hat ihm die Bezeichnung "Napoleonshut" eingebracht. Ein bedeutender technischer Fortschritt war die Erfindung der Drehmühle: Jetzt wurde der obere Stein gedreht, ein wenig so, wie bei der guten alten Kaffeemühle.

In der Bibel ist mehrfach von dem frühen Küchengerät die Rede: Weil es lebensnotwendig war, verbietet das 5. Buch Mose (24,6) seine Pfändung: "Man darf nicht die Handmühle oder den oberen Mühlstein zum Pfande nehmen; denn damit nimmt man das Leben zum Pfande." Im Neuen Testament sagt Jesus: "Besser wäre es für ihn, wenn ihm ein Mühlstein um den Hals gehängt und er ins Meer geworfen würde, als dass er einem von diesen Kleinen Ärgernis gebe"(Lukas 17,2).

Seit römischer Zeit übernimmt auch Wasserkraft das Drehen der Steine. In unserem Raum wird 783 erstmals von einer Mühle berichtet, und zwar im Lorscher Codex: Sie lag in Schwetzingen und wurde mit Land und Knecht dem Kloster Lorsch geschenkt.

Eine funktionstüchtige mittelalterliche Mühle klappert seit einigen Jahren in Guédelon im Burgund. Dort wird in unserer Zeit eine Burg nach den Plänen und den handwerklichen Techniken des 13. Jahrhunderts aufgebaut. Aber die Burgbauer träumten auch von einer Wassermühle im Wald unterhalb des Teichs. Als beim Bau der TGV Strecke zwischen Dijon und Mulhouse Überreste von zwei mittelalterlichen Mühlen zu Tage kamen, hatten sie ihre Vorlage – wenigstens in Bruchstücken. Aus den Puzzleteilen rekonstruierten die Experimental-Archäologen eine funktionstüchtige Mühle – zur Freude der zahlreichen Besucher, die das Mittelalter-Experiment alljährlich anzieht. bec.