Hintergrund Leben in der Corona-Krise

07.05.2020 UPDATE: 08.05.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 18 Sekunden

Was machen wir, wenn es wirklich vorbei ist?

Mehrheitlich sind wir auch als Beteiligte einer zunächst erfolgreichen Seuchenbekämpfung immer noch virologische Laien. Und somit für das eigene Handeln auf den Sachverstand der Fachleute angewiesen. Will heißen: Das Virus, das die einen schwer schädigt oder gar tötet, an anderen fast symptomlos vorbeigeht, ist trotz des verständlichen Wunsches nach Normalisierung immer noch mitten unter uns.

Alle Fachleute bestätigen das: Wer zu früh oder unter Nichtbeachtung der empfohlenen Schutzmaßnahmen in das alte Leben zurückkehrt, gefährdet sich und andere. Daran wird sich erst etwas ändern, wenn es einen sicheren Impfschutz gibt. Ob wir bis dorthin noch eine zweite oder dritte Pandemie-Welle mit ihren Folgen ertragen müssen, hängt somit von uns selbst ab. Apropos: Um gegen das Seuchen-Bekämpfungskonzept demonstrativ anzustinken, wie es dieser Tage in Berlin und andernorts geschah, dazu gehört kein besonderer Mut. Es beweist nur auffälligen Mangel an Verstand und Solidarität.

Dennoch darf man natürlich ohne Frivolität fragen: Was machen wir, wenn es wirklich vorbei ist? Gemeint sind jetzt nicht die fälligen Freudenfeste. Sondern: Was wird sich mit dieser kollektiven Erfahrung einer fast biblischen Plage im Verhalten der Menschen zueinander ändern? Werden wir zum Beispiel Fragen der Zuwendung und Nähe künftig anders sehen? Wird das traumatische Geschehen im Verhältnis der Generationen etwas ändern, die zumindest im familiären Rahmen auseinandergerissen wurden? Oder wie lässt sich, trotz der immensen wirtschaftlichen Schäden durch Corona, dennoch die Brücke zur viel größeren ökologischen Herausforderung weiterbauen – statt diese abzureißen? Werden wir die zurückliegenden Verluste, was das gute Leben oder die Möglichkeit, jederzeit überallhin zu reisen, nur kompensieren? Oder wird uns die Erfahrung der Verletzlichkeit ernstere Fragen für den künftigen Lebensstil mitgeben?

Nicht nur die Pandemie ist eine harte Probe auf Menschlichkeit, Kreativität und den Mut, Herausforderungen zu meistern. Auch die Zeit danach wird uns noch etwas abverlangen – nämlich die Fähigkeit, aus einer solchen existenziellen Krise zu lernen und für künftige Fälle die richtigen Schlüsse zu ziehen.