Georg Baselitz zur Pressefreiheit

02.05.2018 UPDATE: 02.05.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 10 Sekunden

Bereits zum dritten Mal beteiligt sich die Rhein-Neckar-Zeitung heute an einer Aktion des Bundesverbandes der Deutschen Zeitungsverleger anlässlich des Tages der Pressefreiheit, der jährlich am 3. Mai begangen wird. Nach den Künstlern Ai Weiwei (China) und Yoko Ono (USA) unterstützt nun Georg Baselitz mit seinem Bild "Frau am Abgrund" die Kampagne für Aufrechterhaltung der Pressefreiheit.

Das Werk entstand im Jahr 1998. Der weltweit hoch geschätzte Künstler, der im Januar 80 Jahre alt wurde und dessen große Werkschau in der Fondation Beyeler Riehen bei Basel gerade zu Ende ging, überlässt die Interpretation seiner Werke grundsätzlich lieber dem Betrachter, als sich selbst dazu zu äußern. Zu diesem Bild sagt Baselitz: "Presse und Kunst gehören nicht in die Obhut des Staates. Wer anderes propagiert, manövriert die freie Gesellschaft ins Verderben."

Das Werk "Frau am Abgrund" bezieht sich auf ein berühmtes Werk von Caspar David Friedrich (deshalb die Initialen C.F.D. unten rechts im Bild) mit dem Titel "Frau mit Raben am Abgrund" - ein tief melancholisches, urdeutsches Motiv aus der europäischen Kunstgeschichte. Hier wird sie, typisch für Baselitz’ frühe Werke, auf dem Kopf stehend/stürzend gezeigt - statt des Raben ist ihr der Schatten ihrer selbst zur Seite gestellt. Frei assoziiert lässt sich dies als Allegorie für die Bedrohung der Freiheit der Presse, der Kunst, sogar der freien Gesellschaft interpretieren. Und genau die sieht Baselitz in Gefahr.

Der Maler, dessen Kunst vor allem in der Anfangszeit Anstoß (wegen des Verdachts der Pornografie) erregte und der deshalb selbst unter Zensur litt, findet, die deutsche Kultur sei viel zu angepasst - selbiges gelte für die Medien. So sei es für ihn längst kein Akt der Provokation mehr, wenn Künstler heutzutage Bilder von Guantanamo malten, da doch der gesellschaftliche Konsens bestehe, dass dieses Gefangenenlager der USA aufgelöst werden müsse. Er wünsche sich generell mehr Provokation. (we)