Kommt 2012 der große Umbruch?
Bei acht Hoffenheimern läuft in einem Jahr ihr Vertrag aus

Bei acht Hoffenheimern läuft in einem Jahr ihr Vertrag aus
Die neue Bundesligasaison wirft ihre Schatten voraus, da drängt sich auf leisen Sohlen schon eine Frage allmählich in den Vordergrund: Wird die vierte Bundesligasaison von 1899 Hoffenheim nur eine Übergangssaison? Es ist die erste Runde von Holger Stanislawski auf der Trainerbank von Hoffenheim. Für viele seiner Stars wird es eine entscheidende Runde. Gleich bei acht Profis läuft der Vertrag in einem Jahr aus. Der neue Spar-Kurs der TSG und die überdurchschnittlich hohen Personalkosten sind beinahe zwangsweise Vorboten für einen Umbruch im kommenden Jahr. Die Umsetzung der Financial-Fairplay-Richtlinien in den nationalen und internationalen Verbänden naht mit großen Schritten.
Für viele Stars geht es um alles oder nichts. Youngstar Dominik Kaiser kämpft mit 23 Jahren darum, einen Fuß in die Tür der Bundesliga zu bekommen. Sein Profivertrag läuft nur ein Jahr, die Profikarriere des Studenten steht noch nicht auf betonfestem Fundament. Anders sieht es bei Josip Simunc am anderen Ende der TSG-Altersskala aus. Einen so hoch dotierten Vertrag wie bei der TSG wird der beinahe 33-Jährige voraussichtlich nie mehr in seiner Karriere erhalten. Mit einer guten Saison könnte er sich wahrscheinlich für seinen letzten Profivertrag empfehlen. Dass dieser allerdings auch bei 1899 Hoffenheim unterzeichnet wird, dürfte eher unwahrscheinlich sein. Er gilt mit Prince Tagoe, der schon jetzt heißester Verkaufskandidat ist, als wahrscheinlicher Abgang in einem Jahr. Mit Knowledge Musona wurde auch schon Tagoes Nachfolger verpflichtet.
Unklar ist die Situation bei fünf anderen Profis. Torhüter Daniel Haas macht als Nummer zwei hinter Tom Starke einen soliden Job. Er drängt nicht mit aller Gewalt ins Rampenlicht, ist aber da, wenn Starke verletzt ausfallen sollte. Trotzdem plant die TSG mit Jens Grahl (an Paderborn ausgeliehen) und Koen Casteels bereits mit einer neuen Torhütergeneration hinter dem 27-jährigen Haas. Starke gilt als unangefochtene Nummer eins. Die Planungen der TSG für die Nachrückerpositionen ist nicht bekannt.
Der dienstälteste Hoffenheimer Feldspieler Sejad Salihovic gehört bei der TSG zu Top-Verdienern und ist ebenfalls ein Wackelkandidat, was einen Abgang angeht. Er ist zudem der einzige Linksfuß im Kader. Ob der bosnische Nationalspieler im Zuge des TSG-Sparkurses auf Gehaltseinbußen eingehen würde, ist wohl eher unwahrscheinlich. Seine Vertragsverlängerung könnte ein schwerer Brocken werden für Manager Ernst Tanner und Trainer Holger Stanislawski - falls diese Salihovic halten wollen. Sali, für den es mit 26-Jahren wohl auch um den größten Vertrag in seiner Profikarriere geht, selbst hat schon angekündigt: "Wenn der Verein auf mich zukommt, dann setzen wir uns zusammen und reden. Wenn nicht, dann bin ich nächstes Jahr weg."
Schneller könnte es sogar noch bei Noch-Kapitän Andreas Beck gehen. Nach dem geplatzten Wechsel zu Juventus Turin ist auch die Zukunft des Blondschopfs unklar. Beck sagte zwar unlängst, er bereite sich "nur auf die nächsten Aufgaben" bei 1899 Hoffenheim vor, schloss aber zu keiner Zeit der Vorbereitung einen Wechsel gänzlich aus, falls es für alle Seiten passen sollte. Beck: "Sowas kann man nie ganz ausschließen." Auch Becks Vertrag läuft am Saisonende aus. Immerhin: Mit Beck sitzt die TSG nun wieder in Vertragsgesprächen zusammen. Doch auch hier hat Manager Ernst Tanner angekündigt: "Wir müssen uns im Rahmen unserer Möglichkeiten bewegen, darüber hinaus wird es nicht gehen!"
Ein weiterer Spieler mit dem Anspruch Führungsaufgaben zu übernehmen ist Tobias Weis. Doch die letzten beiden Jahre waren für Weis eher ein Rückschritt. 2009 stand er noch an der Schwelle zur Nationalmannschaft, danach folgten durch extrem viel Verletzungspech zwei verkorkste Bundesligajahre mit jeweils nur 15 und 16 Einsätzen pro Saison - zu wenig für einen Spieler seiner Klasse und mit seinem Anspruch. Auch Weis, der inzwischen 25 Jahre alt ist, ist längst kein hoffnungsvolles Talent mehr. Auch er muss in der kommenden Saison zeigen, dass er die in ihn gesetzten Erwartungen konstant auf einem hohen Niveau in der Bundesliga zu spielen und ein Team im Mittelfeld zu führen, erfüllen kann.
Der letzte im Bunde ist Außenverteidiger Andreas Ibertsberger. Der Platz des Österreichers im TSG-Kader ist nach dieser Vorbereitung offener denn je. Nach Verletzungspech absolvierte er bisher kaum Einheiten im Mannschaftstraining unter Neu-Trainer Holger Stanislawski. Edson Braafheid gilt auf Links (eigentlich Ibertsbergers Position in den letzten Jahren) als gesetzt. Auf rechts streiten sich Fabian Johnson, der auch links spielen könnte, und Andreas Beck um die Plätze. Mit 29 Jahren geht es auch für Ibertsberger wohl um den vorletzten großen Vertrag in seiner Profikarriere.
Wie die TSG sich verhalten wird, ist in beinahe allen Fällen unklar. "Natürlich wird es immer Veränderungen geben", hielt sich Manager Ernst Tanner vage. Gespräche über eine Vertragsverlängerung laufen offiziell bis jetzt nur mit Kapitän Andreas Beck. Bei allen anderen Spielern ist die Haltung der TSG mehr oder weniger ungewiss. Die heiße Phase der Vertragsgespräche dürfte erst im Spätherbst losgehen oder sogar bis ins neue Jahr ziehen. Möglich, dass die TSG auch noch einen dieser Stars aus ihrem ohnehin zu großen 28-Mann-Kader bis zum Ende der Transferfrist am 31. August abgibt. Im Winter wäre die letzte Möglichkeit - im Falle einer Nichtverlängerung - noch einmal an den Transfereinnahmen zu verdienen. Doch wie in den Fällen Simunic und Tagoe klar wurde, sind gerade die hohen Gehälter der Stars bei anderen Klubs eher ein Hinderungsgrund bei Verpflichtungen. Ein weiterer Grund gegen die Spekulation, die TSG werde alle acht Spieler halten. Ob die offene Vertragssituation die Spieler selbst der Empfehlung halber zu besseren Leistungen anspornt, oder eher hemmt, bleibt abzuwarten. Es deutet sich allerdings an, dass sich der mit Holger Stanislawski eingeleitete Umbruch in Hoffenheim in einem Jahr mit einem sehr großen Schritt fortsetzen wird.