Von Günther Grosch
Weinheim-Oberflockenbach. "Warten auf bessere Zeiten": So lautet die Devise und niederschmetternde Erkenntnis von Hans Hummel Junior - zumindest mit Blick auf die Tankfrequenz seiner vor drei Jahren installierten Elektroladesäule. Während es aus den Zapfpistolen der "Freien Tankstelle" an der Großsachsener Straße 4 "läuft wie geschmiert", herrscht an der E-Säule "schon seit mehr als zwei Monaten tote Hose".
Luden in den Anfangszeiten jeweils noch drei bis vier "Stromer" pro Woche die Batterien ihrer Fahrzeuge auf, so ist die Säule zwar weiter voll einsatzfähig, "aber ohne Kundschaft", bedauert Hummel Junior.
Auch ehemalige E-Stammkunden hätten ihre Fahrzeuge mittlerweile wegen technischer Unzulänglichkeiten wieder verkauft, weiß der 49-Jährige um die Ursachen und Gründe. Als Inhaber eines Oberflockenbacher Traditionsbetriebs kennt er seine Kundschaft: Schon sein Vater Hans Hummel Senior hatte die Tankstelle vor 60 Jahren in Betrieb genommenen.
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Neben dem Anschaffungspreis spiele die nicht ausreichend erscheinende Reichweite der E-Autos eine Rolle, so der Tankstellenunternehmer. Hinzu kämen die zu langen Aufladezeiten der Batterien, aber auch die zu selten anzutreffenden Ladestationen unterwegs. "Wer will es schon riskieren, mit seinem Auto irgendwo zu stranden, wo er es nicht neu aufladen kann?", so Hummels eher rhetorisch gemeinte Frage.
Die (Nenn-)Reichweite von kaum über 200 Kilometern reduziert sich bei Bergauf- und Bergab-Fahrten wie im Odenwald oder im Winterbetrieb schnell auf 70 bis 80 Kilometer. Und eine durchschnittliche Ladedauer von 45 Minuten kann sich bei Temperaturen um den Nullpunkt auch mal verdoppeln. "Darüber hinaus verringert sich mit der Zeit genau wie bei einem Handy die Leistungsfähigkeit eines Akkus."
Hinzu gesellen sich die verschiedenen Ladesysteme. Während manche Autotypen wie etwa der Tesla oder BMW mit Gleichstrom in die Gänge kommen, sind andere wie der Renault Zoe auf Wechselstrom gepolt. Auch Hummels einschließlich Installation und Kabelverlegung rund 4000 Euro teure und mit drei mal 32 Ampere ausgestattete Ladesäule lädt mit Wechselstrom. Es sei die größtmögliche Stärke, die die Stadtwerke Weinheim genehmigen so Hummel.
Dass er sich von seinem Angebot mehr erwartet hat, räumt er offen ein. Dennoch gibt er "nach den schlechten Zeiten" die Hoffnung auf kommende "bessere Zeiten" nicht auf. Mit 29,9 Cent pro Kilowattstunde kann er vom Preis her jederzeit mithalten.
"Viele E-Autobesitzer laden ihre Batterien aber auch kostenlos an ihrem Arbeitsplatz oder an der eigenen Steckdose daheim in der Garage auf", weiß Hummel. "Da braucht sich hinterher aber auch niemand wundern, wenn er unterwegs nicht die notwendige Infrastruktur vorfindet." Bestätigt wird Hummels Aussage durch eine Umfrage des Karlsruher Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung. Demnach laden rund 55 Prozent der Befragten zu Hause wieder auf, 26 Prozent am Arbeitsplatz. Und: Auch die großen Discounter bieten immer öfter kostenlose Ladestationen an.
Dass dennoch ein "riesiges Potenzial" an Elektroautos als "Zweitfahrzeug für kurze Wege" vorhanden ist, steht für Hummel außer Frage. Beispielsweise für kurze Strecken wie zum Arzt, für Einkäufe in der Stadt oder wenn Eltern Kinder zur Schule oder in den Kindergarten bringen. Das größte Einsparpotenzial "von bis zu 30 Prozent beim Ausstoß von Kohlenstoffdioxid" sieht der gelernte Kaufmann aber woanders. Autobesitzer könnten die Zahl unnötiger Fahrten reduzieren, Ziele geschickter gruppieren oder Fahrgemeinschaften bilden.
Auch sie habe vor einiger Zeit auf Anraten ihrer Kinder mit der Anschaffung eines Elektroautos geliebäugelt, "es dann aber doch gelassen", sagt Ortsvorsteherin Heide Maser, die während des Interviews zufällig die Tankstelle angesteuert hat. Dennoch bleibe sie der Anschaffung eines E-Autos gegenüber nicht abgeneigt. "Allein schon, um Hans Hummels Engagement und Öko-Einsatz zu würdigen und ihm Kundschaft zu bringen", sagt Ortsvorsteherin Maser und lacht.
Hintergrund: Im Vorjahr haben Autokäufer in Deutschland gerade einmal 36.000 E-Mobile gekauft. Bei 3,4 Millionen Autokäufen insgesamt macht dies knapp ein Prozent aus. Nach den aktuell vorgelegten Plänen der Bundesregierung sollen es bis zum Jahr 2030 zehn Millionen E-Autos, 500 E-Lkws und 300.000 Ladestationen sein.