Ein langer Weg zur Gleichberechtigung
Das Existenzgründerinnenzentrum GIG 7 feiert sein 20-jähriges Bestehen. Eine Kampagne macht Unternehmerinnen im Stadtbild sichtbarer.

Von Olivia Kaiser
Mannheim. "Ich wäre ohne das GIG 7 nicht da, wo ich heute bin", sagt Fadja Ehlail. 2005 hat sich die Trainerin mit ihrer Firma "Com-Across" selbstständig gemacht. Sie leitet für Firmen oder Organisationen Workshops zu Themen wie Führung, Diversität, Innovation oder Teamentwicklung. Zu Ehlails Kunden gehören John Deere, das Uniklinikum Heidelberg oder Allianz. Beratung für den Weg in die Selbstständigkeit holte sie sich im Existenzgründerinnenzentrum GIG 7, hatte sogar fünf Jahre lang ihr Büro in dem Gebäudekomplex in G 7.
Die Mannheimerin ist eine von vielen erfolgreichen Gründerinnen, die am Dienstag das 20-jährige Bestehen des "Kompetenzzentrums FeMale Business" feierten. Das GIG 7 gehört mit Musikpark und Mafinex zu den älteren Gründerzentren Mannheims und geht maßgeblich auf die Initiative von Ilse Thomas zurück, damals Gleichstellungsbeauftragte der Stadt. Sie verstarb 2013 und leitete bis zu ihrem Tod das Zentrum. "Sie hat viele kleine und große Kämpfe ausgefochten, damit wir jetzt hier sein können", erklärte Lena Rübelmann, die aktuelle GIG 7-Chefin.
Seit der Eröffnung des GIG 7 wurden mehr als 4000 Frauen beraten, die sich selbstständig machen wollten, 140 Frauen haben eins der Büros angemietet. Ein großes und aktives Netzwerk ist entstanden, es gibt Vorträge, Fortbildungen und Stammtisch-Formate. Zu Jubiläum wurde die "Female Founders Map" erstellt. Sie zeigt, wo im Mannheim Geschäfte, Gaststätten, Firmen oder Ateliers von weiblichen Gründerinnen zu finden sind. 75 Frauen sind mit ihrem Unternehmen vertreten. "Die Karte ist natürlich erweiterbar", so Rübelmann.

Das GIG 7 sei ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung Mannheims zur Gründer(innen)stadt, erklärte Oberbürgermeister Peter Kurz. Möglich geworden sei das mit dem EU-Programm "Ziel 2" zur Förderung strukturschwacher Räume. Heute gibt es sieben Gründerzentren in der Quadratestadt, die deren Image geprägt hätten, führte Kurz aus.
Auch interessant
Auch er erinnerte an Ilse Thomas, die damals vehement auf die Ungleichberechtigung von Frauen in der Wirtschaft hingewiesen und ein spezielles Beratungszentrum gefordert habe. Heute ist das GIG 7 das einzige Gründerinnenzentrum in Baden-Württemberg, deutschlandweit gibt es nur noch Pendants in Berlin und Hannover. Dabei ist die strukturelle Benachteiligung von Gründerinnen längst nicht verschwunden.
Die weibliche Quote bei Firmengründungen beträgt 38 Prozent. "Das sieht auf den ersten Blick gar nicht so gravierend aus", bemerkte der OB. Aber wenn es um das Kapital gehe, dass in Start-ups investiert werde, dann landeten 93 Prozent bei männlichen Gründern. Es stimmt, dass Frauen anders gründen als Männer: "Ideen von Frauen haben oft mit Nachhaltigkeit zu tun, sie wollen etwas im sozialen Bereich verbessern, es geht ihnen um menschenorientiertes Wirtschaften", erklärte Lena Rübelmann. Daher sind Gründerinnen in der Technologie- oder IT-Szene im Vergleich geringer vertreten. Doch diese Diskrepanz im Kapitalfluss lasse sich nicht allein mit Branchenspezifikation beantworten, fand Peter Kurz.
Zudem würden Frauen, die gründen wollen, oft mit Fragen konfrontiert, die man Männern nicht stellen würde – beispielsweise ob, sie sich das auch gut überlegt hätten, immerhin seien sie Mutter. Im GIG 7 werden solche Fragen nicht gestellt, die Frauen als Gründerinnen erst genommen. "Wir beraten von Unternehmerin zu Unternehmerin, von Frau zu Frau. Aber der Weg zur Gleichberechtigung ist verdammt lang." Dass sich die Ziele des GIG 7 auch nach 20 Jahren nicht verändert haben, sei der Beweis dafür, so Rübelmann. Die seien immer noch die Zahl der Gründerinnen und deren Sichtbarkeit zu erhöhen sowie Chancengleichheit zu schaffen.

Ungleiche Bezahlung, wenig Teilzeit-Möglichkeiten, Benachteiligung von Müttern und Alleinerziehenden – dass die strukturelle Diskriminierung von Frauen im Beruf immer noch existiert, bewies Alexandra Zykunov eindrucksvoll mit einer kurzen Lesung aus ihrem Buch "’Wir sind doch alle längst gleichberechtigt!’: 25 Bullshitsätze und wie wir sie endlich zerlegen". "Kann ich so leider unterschreiben", kommentierte Fadja Ehlail, die in ihren Workshops auch frauenfeindliche Strukturen aufbrechen und für Ungleichheit in Unternehmen sensibilisieren möchte.




