Unterwegs im Odenwald

Kleine Abenteuer vor der Haustür (plus Video)

Wer in der Natur etwas Besonderes erleben möchte, ist im Neckar-Odenwald-Kreis genau richtig aufgehoben. Hier können nicht nur Burgen besichtigt werden, auch seine eigenen Grenzen kann man ausloten.

19.08.2021 UPDATE: 27.08.2021 21:00 Uhr 4 Minuten, 41 Sekunden
Für jeden gibt es die richtige Tour durch den Odenwald. Foto: Barbara Wagner

Von Noemi Girgla

Neckar-Odenwald. In den eigenen vier Wänden haben die meisten in diesem Jahr schon genug Zeit verbracht. Jetzt ist "Outdoor" angesagt. Raus aus dem Alltag, ab ins Abenteuer – vor der Haustür. Zwar ist der Neckar-Odenwald-Kreis eher für seine ruhige, malerische Atmosphäre bekannt, aber auch Erlebnissucher kommen hier auf ihre Kosten. Also Wanderschuhe an, Rucksack auf und ab in die Natur. Wer etwas Unvergessliches erleben möchte, ist hier genau richtig. Man muss nur wissen, wo es zu finden ist.

Für jeden gibt es die richtige Tour durch den Odenwald. Foto: Barbara Wagner

Über dem Haßmersheimer Ortsteil Neckarmühlbach steht seit fast 800 Jahren stolz die Burg Guttenberg. Ein Hauch von Historie umweht die alten Mauern, die bis heute bewohnt sind. Doch nicht nur die Freiherren von Gemmingen nennen die Burg Guttenberg ihr zu Hause, sie beherbergt auch die Deutsche Greifenwarte. Rund 60 Eulen und Großgreifvögel leben hier. Die müssen für ihr "All-inclusive-Paket" aber auch etwas tun. Umsonst sind die Mäuse und Eintagsküken nämlich nicht, mit denen sie verköstigt werden. Das bedeutet: Action – für die Vögel, wie auch die Besucher der täglichen Flugschauen.

Manch einer duckt sich schnell zur Seite weg, wenn Adler oder Geier nur wenige Zentimeter über den Köpfen vorbeirauschen. Ob man nur den Luftzug gespürt hat, oder tatsächlich gestreift wurde, lässt sich im Nachhinein nicht immer ganz klar sagen. Auch wenn das Motto "Gucken, nicht anfassen" gilt, kommt man den imposanten Tieren so nahe, dass man sie in ihrer ganzen Pracht bewundern kann. Die sind wenig zimperlich. Wer im Weg sitzt, wird schon mal angerempelt.

Weit breitet der Uhu seine Flügel aus und rauscht über die Besucher der Burg Guttenberg. Foto: gin

Kurzweilig ist die von den Falknern moderierte Flugstunde. Ohne zu schulmeistern, erzählen sie von den Besonderheiten ihrer Schützlinge. Der Shuttleservice zur Burg bleibt ausschließlich den Gefiederten vorbehalten, wenn sie unten im Ort hin und wieder die Einwohner beehren. Sie haben für Wanderschuhe aber auch weitaus weniger übrig als die Ausflügler, die die Burg über den angrenzenden Neckarsteig erreichen können.

Nicht nur auf dem Berg, auch direkt am Fluss kann man in Haßmersheim in eine andere Welt eintauchen. Hier lockt sogar eine fremde Kultur. Wildromantisch liegt das "Crow River Tipi Camp" direkt am Neckar. Mit bürgerlichem Namen heißt Betreiber Ma Kai Peye eigentlich Stefan Heier. Geboren im Fichtelgebirge, wurde er schon mit Anfang 20 in den Stamm der amerikanischen Ureinwohner "Absarokee", besser bekannt als "Crow" aufgenommen. Heier lebt die Kultur seines Stammes. Wenn die Stimmung passt, holt er abends auch schon mal die Flöte raus und entführt am Lagerfeuer mit exotisch anmutenden Klängen in die Welt der Prärie und der Büffel. Im Rhythmus des Herzschlags von Mutter Erde stimmt der "Wintersturm", wie sein Name übersetzt lautet, mit Trommel und Gesang auf eine Nacht im Tipi-Zelt ein.

Am Fluss in Haßmersheim entführt Ma Kai Peye in die Welt der Prärie. Foto: gin

Das ist aber nur ein kleiner Vorgeschmack dessen, was es in seiner "Indianerfreizeit" alles zu erleben gibt. Neben Kanu-Touren und Bogenschießen bietet Heier auch Truthahnjagden an oder nimmt seine Gäste mit in den Wald, um mit ihnen seinen "Moonshine"-Gin zu brennen. Das eigentliche Highlight des Camps ist aber Ma Kai Peye selbst. Offen spricht er über Zeremonien, Traditionen und darüber, wie man mittels der Pfeife Kontakt zu den Geistern sucht.

Es ist, als würde man mit Blick auf die Burg Hornberg am anderen Flussufer direkt in einen Karl-May-Roman eintauchen. Leider können damit laut Heier gerade junge Leute immer weniger etwas anfangen. Also hat er sich zum Ziel gesetzt, die Stämme der amerikanischen Ureinwohner auf seine ureigene, warme, herzliche Art am Leben zu halten. Und wenn man sich darauf einlässt und einfach nur seinen Erzählungen lauscht, kann man mit etwas Fantasie in der Ferne auch die Büffelherde scharren hören.

Etwas hand- beziehungsweise fußfester kommen die Trekking-Touren durch den Odenwald daher. Von ausgedehnten Wäldern und lieblichen Auen bis zum ehemaligen Vulkan gibt es für jede Kondition den richtigen Wanderweg, der dank guter Beschilderung auch zum gewünschten Ziel führt. Festes Schuhwerk ist bei allen Routen Grundvoraussetzung.

Während die Wanderwege sich schon lange großer Beliebtheit erfreuen, gibt es seit neustem auch die Möglichkeit, an vier Stellen im Wald sein Zelt aufzuschlagen und die Nacht gefühlt fernab jeder Zivilisation zu verbringen.

Gemeinsam mit Förstern und Tourismusbeauftragten hat der Naturpark Neckartal-Odenwald bei den Gemeinden Limbach und Elztal sowie den Städten Buchen und Walldürn Trekking-Camps eingerichtet. Wer sich diese als gewöhnliche Campingplätze vorgestellt hat, liegt weit daneben. So naturbelassen wie nur möglich kommen die Camps daher. Mit einer Feuerstelle und Komposttoilette sind sie für Puristen geschaffen, die den Reiz der Wildnis suchen.

Möchte man sein Zelt aber mitten im Wald aufschlagen, gibt es nun die Möglichkeit, das an diesen vier Plätzen ganz legal zu tun. Legal deswegen, da wildes Campen in Deutschland nicht erlaubt ist. Wo genau die Nacht am Lagerfeuer unter dem Sternenhimmel verbracht werden kann, ist beim Naturpark zu erfahren. Auch finden sich unter www.trekking-odenwald.de verschiedene Tourenvorschläge, die durch dichten Wald, vorbei an Feldern, Obstbäumen und Wildblumenwiesen sowie entlang kleinerer Gewässer führen. So mancher Weg birgt auch Überraschungen – wer rechnet schon mit einer Kapelle mitten im Wald oder einem "Mini-Stonehenge" am Wegesrand auf einer Lichtung.

Und in Gerolzahn geht Christoph Meidel mit den Bogenschützen auf Büffeljagd. Foto: gin

Doch nicht jedem reicht es, bloß durch die Wälder zu wandern. Zu einem richtigen Abenteuer in der Wildnis zählt auch das Jagen. Nicht mit der Flinte, sondern mit Pfeil und Bogen, können Abenteuersuchende das in Walldürn-Gerolzahn, genauer gesagt auf dem 3D-Bogenparcours des Bogensportvereins Kummersklinge ausprobieren.

Zur Nahrungsbeschaffung taugen Wildschwein, Hirsch und Mufflon aus Schaumstoff zwar herzlich wenig, das ändert aber nichts an der Geschicklichkeit, die man braucht, um die Tiermodelle zu treffen. Auf zwölf Hektar geht es auf die Pirsch – bergauf, bergab über einen idyllischen Mittelgebirgsbach hinweg. Die Pfade sind gut kenntlich gemacht, ohne dabei etwas von ihrem wild-charmanten Reiz zu verlieren. Festes Schuhwerk sowie strapazierfähige Kleidung sind von Vorteil. Schließlich werden die Ziele nicht auf dem Silbertablett präsentiert.

Gänzlich freie Schussbahn herrscht lediglich auf der Einschießwiese mit ihren Zielscheiben. 30 Stationen umfasst der Wald-Parcours, der sich sowohl für Neueinsteiger wie auch "alte Hasen" lohnt. An jeder Station sind Markierungen angebracht, die die Abschussstellen der verschiedenen Niveaus kennzeichnen. Verraten sei, dass sich die Größe der Ziele nicht unbedingt auf die Treffsicherheit auswirkt. Spätestens, wenn man durch die Bäume hinweg einen Drachen lediglich in die Klaue getroffen hat, weiß man zu schätzen, dass er aus Schaumstoff ist und sich nicht revanchieren wird.

Aber nicht alle Ziele halten auch still. An einer Station bedarf es Übung, den vorbeifliegenden Adler zu erwischen. Kraft braucht der Schütze außerdem. Vom Hochsitz aus kann auf eine Büffelherde angelegt werden – die steht jedoch ein gutes Stück weit entfernt. Zu Schaden kommt in dem Naturschutzgebiet natürlich kein lebendes Tier.

Eine eigene Ausrüstung ist keine Voraussetzung. Diese können Bogen-Neulinge (inklusive des gerade für Anfänger dringend benötigten Armschutzes) für wenige Euro bei "Meidels Bogen Stadl" ausleihen. Hier gibt Christoph Meidel auch an jedem Samstagmorgen die Grundeinweisung – im Souterrain des Landgasthofs Linde, in dem sich eine Einkehr nach dem rund vier Stunden dauernden Parcours durchaus lohnt. Besonders, wenn man etwas für regionale Spezialitäten (allen voran die Grünkernküchle) übrig hat.

Ort des Geschehens

An Langeweile ist im Odenwald wirklich nicht zu denken. Nutzt man alle Angebote, kann ein ganzes Urlaubsprogramm gefüllt werden. Hinter Busch und Baum warten die verschiedenen "Mikro-Abenteuer", die in ganz verschiedene Welten entführen – je nach Gusto und Tageskondition. Interessante Personen und ungewöhnliche Geschichten sind hier zu Hause. Man muss eben nur wissen, wo man sie findet.

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