Freilandmuseum Gottersdorf

Kann man diese Pflanze essen, Herr Feder?

Pflanzenexperte Jürgen Feder begeisterte seine Zuhörer bei einer Botanik-Safari im Odenwälder Freilandmuseum in Gottersdorf.

19.07.2021 UPDATE: 20.07.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 34 Sekunden
Ein Botaniker mit Leib und Seele: Jürgen Feder sucht mit geübten Auge heimische Pflanzen. Fotos: Jana Schnetz

Von Jana Schnetz

Walldürn-Gottersdorf. Auf die Frage einer Zuhörerin, ob man die Pflanzenart Wiesenstorchschnabel auch essen könnte, entgegnete Botaniker Jürgen Feder salopp: "Man muss nicht alles essen können! Man soll nur das essen, was auch schmeckt! Ansonsten lassen Sie es. Besonders dann, wenn Sie Schaum vor dem Mund bekommen." In dieser unnachahmlich direkten, aber lebendigen Art führte "Extrembotaniker" Jürgen Feder auf der ersten von vier Touren im Rahmen des Projekts "Schmetterlingsdorf Rippberg" durch das Odenwälder Freilandmuseum.

Mit Sprüchen wie "Wer diese Art nicht kennt, hat den Odenwald verpennt" unterhielt Feder die circa 20 Teilnehmer und ließ nicht die Spur von Langeweile aufkommen. Viel zu interessant waren die Fakten und Anekdoten, die Feder zu unserer heimischen Botanik preisgab – und die kaum noch jemand kennt.

Der Diplom-Ingenieur für Landespflege, Flora und Vegetationskunde zählt zu den bekanntesten Experten für Botanik in Deutschland und ist ein gefragter Referent und Sachbuchautor zum Thema Farn- und Blütenpflanzenwelt. Auftritte in Talkshows und der Late-Night-Sendung "Tv Total" machten den Norddeutschen einem breiten Publikum bekannt. Am Montag war Feder erstmals auch im Odenwald zu Gast.

Egal, welche Pflanze – Jürgen Feder kennt sie und ihre Eigenschaften. Fotos: Jana Schnetz

Den Kontakt zum Botanik-Experten stellte das Ehepaar Christina Ulshöfer und Benedikt Vierneisel vom Natur- und Erlebnisgarten "Bienenweide" in Rippberg her. Vor der friedlichen und naturbelassenen Kulisse des Odenwälder Freilandmuseums bot sich die Erkundungstour besonders an.

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Manche Pflanzenart sammelte Feder bereits auf dem Weg nach Gottersdorf ein, anderes holte er aus Hecken und Wegesrändern im Freilandmuseum hervor. Er machte auf seinen Spaziergängen auf Pflanzen aufmerksam, die die meisten als Unkraut abtun oder schlicht nicht beachten würden. Die Pflanzen wüchsen oft im "Kampfstreifen", wie Feder es nannte. Der schmale Streifen zwischen Weg und Wiese, den zahlreiche Arten für sich erobert hätten. Es ist das Reich von Jürgen Feder.

So verwies der Pflanzenexperte auf den Vogelknöterich – eine unscheinbare, flach wachsende Pflanze. Oder auf die Gewöhnliche Salzschwade, eine Art, die im Norden heimisch ist, sich aber rasant bis in den Odenwald ausbreitete. Feder machte die Teilnehmer auf jede noch so kleine Pflanze aufmerksam. Mit Fragen wie "Haben Sie geraten oder haben Sie es gewusst?" hielt er die Gruppe auf Trab.

Der Experte demonstriert, wie hartnäckig das Kettenlabkraut an einem haften kann. Fotos: Jana Schnetz

Sein riesiges Wissen teilte Feder gerne mit den Menschen. So zeigte er die Kleine Braunelle, die als altes Heilmittel gegen Diphtherie z. B. in Form von Halsumschlägen verwendet wurde. Außerdem sei es ihm wichtig, Arten zu zeigen, die die Menschen begleiten und in den Dörfern häufig vorkommen, so wie beispielsweise die Salweide.

Fragen nach essbaren Gewächsen beantwortete Feder mehr oder weniger geduldig: "Viele erkennen eine Art erst dann, wenn die Frucht dranhängt", sagte er und holte unter Lachen einen Himbeerzweig hervor. "Damit müssen wir aufhören!", mahnt Feder. Aus diesem Grund gebe er gerne spannende Einblicke in sein Tun. Denn es bräuchte viel mehr Menschen, so Feder, die sich wie er jedes Plätzchen ansehen, Gegenden kartieren und nach neuen Arten suchen. "Und dann kommen die Leute und gucken sich auch noch an, was ich hier mache!" Allein von der Brombeere gäbe es 400 Arten. Mehrere Dutzend seien allein in BadenWürttemberg zu erkunden. Von denen kenne er auch nicht alle, gab Feder freimütig zu.

"Wir haben seine Bücher zuhause und finden es immer spannend, wie er die Botanik erklärt. Da dachte ich, ich lade ihn mal ein. Wir interessieren uns schon viele, viele Jahre für diesen Bereich. Er kann uns einiges beibringen. Es ist ein Erfahrungsaustausch für mich", beschreibt Ulshöfer, warum sie Feder in den Odenwald eingeladen hat. "Dieses wichtige Wissen darf nicht verloren gehen. Die Leute, die sich damit auskennen, werden weniger. Es geht darum, Wissen weiterzugeben", fuhr die Organisatorin der Botanik-Safari fort.

Welche Pflanzen sind auf unseren Wiesen zu finden? Welche Arten sterben aus? Solche und viele weitere Fragen beantwortet Feder auf seinen Spaziergängen. Wer sich von Feders leidenschaftlicher Wissensvermittlung mitreißen lassen möchte, bekommt dazu die Gelegenheit: Am Dienstag und Donnerstag, 22. Juli, jeweils um 18 Uhr finden weitere "Botanik-Safaris" an der Gärtnerei (im Grund) in Rippberg statt. Eine weitere Tour findet am Mittwoch, 21. Juli, um 18 Uhr am Winzerfestplatz in Klingenberg am Main statt.

Info: Anmeldungen bei Christina Ulshöfer unter Tel. 0175/1111470.

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