Rhein-Neckar-Odenwald

Wie die Handwerkskammer um Auszubildende kämpfen will

"Wir haben im Moment einfach keinen Zugang zu den Schülern" - Digitale Angebote und Speed-Dating

15.03.2021 UPDATE: 16.03.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden
Symbolfoto: dpa

Von Matthias Kros

Heidelberg. Tischlermeister Klaus Hofmann ist Präsident der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald und vertritt in dieser Funktion die Interessen von etwa 13.000 Handwerksbetrieben mit rund 87.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von insgesamt 6,5 Milliarden Euro.

Herr Hofmann, Baden-Württemberg hat einen neuen Landtag gewählt. Wie bewerten Sie die Ergebnisse?

Wir erwarten, dass es jetzt schnell zu einem Koalitionsbündnis kommt, das umgehend ins Tagesgeschäft einsteigen kann. Das Land kann sich langwierige Verhandlungen nicht leisten, wir brauchen eine handlungsfähige Regierung.

Was wünschen Sie sich von der Politik?

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Wir wünschen uns klare Perspektiven und brauchen Planungssicherheit.

Klaus Hofmann ist Präsident der Handwerkskammer. Foto: Handwerkskammer

Findet das Handwerk dabei genügend Gehör?

Sicher haben es die großen Konzerne leichter, der kleine Handwerksbetrieb wird oft vergessen.

Wie kommt denn das Handwerk durch die Coronakrise?

Das ist sehr unterschiedlich. Im Baugewerbe läuft es zum Beispiel relativ gut, da haben wir allenfalls einmal mit der Materialverfügbarkeit Probleme. Ganz anders sieht es in Betrieben aus, die vom Lockdown betroffen sind wie Friseure, Kosmetikstudios, Fotografen, Schneiderhandwerk und allen Betrieben der Nahrungsmittelhandwerke, denen Veranstaltungen wegbrechen.

Alles in allem verzeichnete das Handwerk 2020 ein leichtes Umsatzplus von 1,4 Prozent während die Wirtschaft insgesamt einbrach. Also schlagen Sie sich doch ganz gut!

Ja, das kann man feststellen. Das liegt sicher auch daran, dass wir sehr regional aufgestellt sind und die Einschränkungen beim Export nicht so spüren. Wir werden aktuell als systemrelevant wahrgenommen, man braucht das Handwerk und wir haben uns als stabiler Wirtschaftszweig bewährt.

Nach wie vor ist es sogar schwierig, überhaupt einen Handwerker zu bekommen. Manche Betriebe nehmen gar keine Aufträge mehr an.

Das kann vor allem im Baugewerbe vorkommen, wo die Verbraucher derzeit viel investieren. Es liegt aber auch an der Corona-Situation, in der wir wegen der Hygieneregeln nicht so arbeiten können wie wir es gerne täten. Und natürlich fehlt es in manchen Betrieben an Fachkräften.

Warum eigentlich?

Da gibt es immer noch alte Klischees, zum Beispiel, dass die Arbeit im Handwerk schmutzig und schlecht bezahlt sei. Dabei sind das ganz moderne Berufe, Digitalisierung und Klimaschutz werden beispielsweise oftmals vom Handwerk umgesetzt. Und fast nirgendwo lassen sich so gut wie im Handwerk die eigenen Hobbys und Fähigkeiten verwirklichen. Trotzdem schicken viele Eltern ihre Kinder in andere Ausbildungsgänge.

Informieren Sie nicht gut genug?

Natürlich können sich Schüler im Moment nicht so schlaumachen wie üblich. Informationsabende oder Aktionen zur Berufsorientierung an Schulen konnten wir nicht wie gewohnt durchführen. Wir haben einfach nicht den Zugang zu den Schülern bekommen und mancher hat sich deshalb womöglich entschieden, auf Nummer sicher zu gehen und lieber weiter eine Schule zu besuchen.

Finden Sie also nicht genügend Auszubildende?

Im vergangenen Jahr haben wir in unserem Bezirk 1640 Ausbildungsverträge angeschlossen, das waren knapp acht Prozent weniger als 2019. Für das laufende Jahr haben die Betriebe aber jetzt schon über 400 Ausbildungsplätze abgeschlossen. Das sind deutlich mehr als im letzten Jahr zu diesem Zeitpunkt. Zuversichtlich stimmt mich auch, dass etwa Friseure trotz der schwierigen Situation weiter ausbilden.

Gleichzeitig fühlen sich immer mehr Studierende an der Uni fehl am Platz und brechen ab. Sind das Kandidaten für einen Handwerksberuf?

Das ist schwierig, viele der Studierenden sind nicht ortsgebunden und gehen nach einem abgebrochenen Studium einfach wieder zurück nach Hause.

Was können Sie tun?

Uns ist klar, dass wir auf die Jugendlichen zugehen müssen und sie heute mit digitalen Medien am besten erreichen. Wir müssen neue Wege gehen und das tun wir auch, zum Beispiel mit digitalen Konzepten oder einem Speed-Dating wie bei der Partnersuche.

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