Corona-Hilfe

"Beantragte Gelder müssen schneller fließen"

Bundestagsabgeordneter Nikolas Löbel und Gewerbetreibende schickten Brandbrief an Peter Altmaier - Kritik von Mannheimer Liste

20.01.2021 UPDATE: 21.01.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 9 Sekunden
Seit die Geschäfte geschlossen haben, sind weniger Menschen auf den Planken unterwegs. Foto: Gerold

Von Olivia Kaiser

Mannheim. "Es gibt ein paar Änderungen, die hilfreich sind", sagt Bundestagsabgeordneter Nikolas Löbel (CDU) mit Blick auf die Marathon-Verhandlungsrunde zwischen Kanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten zur Verschärfung der Corona-Maßnahmen. Doch damit sei der Brandbrief, den er und mehrere Mannheimer Gewerbetreibende am Montag an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) geschickt haben, keineswegs Makulatur. Darin beschreibt Löbel ausführlich die Situation, in der sich die Unternehmer befinden – darunter das Modehaus Engelhorn, Diringer & Scheidel, die Eismanufaktur Fontanella und Expert Esch.

Die Verfasser betonen, dass der Kampf gegen die Corona-Pandemie berechtigt ist. Allerdings ergäben sich aus den getroffenen Maßnahmen problematische Schieflagen, die später nur schwer zu korrigieren sind, beispielsweise das Ladensterben in den Innenstädten. Während Mannheims Einkaufsmeile, die Planken, verwaist, haben die Online-Händler Hochkonjunktur. So habe beispielsweise der Elektrofachhandel Expert Esch sein Ladengeschäft schließen müssen, während "Unternehmen wie Metro, der Lebensmittelhandel oder Amazon ihr Geschäft mit Elektrogeräten weiter ausbauen", heißt es in dem Schreiben. Die Engelhorn GmbH rechnet für die Geschäftsjahre 2020 und 2021 mit einem Umsatzverlust von mindestens 50 Millionen Euro. Doch staatliche Hilfe gibt es nicht, da Engelhorn als Verbundunternehmen mit Einzelhandel und Gastronomie organisiert ist. Der Verlust in einem Feld muss mit den anderen Bereichen verrechnet werden. Das gilt auch für Diriger & Scheidel.

Die Gastronomen warten immer noch vergeblich auf die zugesagten finanziellen Hilfen. Bei anderen ist der Verlust zu gering. So musste Thomas Wiechert, der Inhaber des Friseursalons Haargalerie, feststellen, dass er erst ab 30 Prozent Umsatzeinbuße zwischen April und Dezember 2020 berechtigt ist, Überbrückungshilfen III zu beziehen. Sein Umsatzverlust liegt bei 28 Prozent. Für die verordnete Schließung seines Salons kann er zwar Überbrückungshilfen II beantragen, doch die zuständige Stelle ist noch mit der Auszahlung der Novemberhilfen beschäftigt.

"Beantragte Gelder müssen schneller fließen und die Abschlagszahlungen praktikabel gestaltet werden", lautet deshalb die klare Forderung. Löbel beklagt im Gespräch mit der RNZ zudem administrative sowie organisatorische Schwächen. Als Vorbild nennt er Österreich, wo Antragsteller innerhalb von zehn Tagen eine Zahlung erhalten. "Das muss bei uns einfacher werden. Bei den Soforthilfen zum ersten Lockdown lief es schließlich auch einwandfrei."

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Doch der Brandbrief wartet nicht nur mit Forderungen an den Bundeswirtschaftsminister auf, sondern präsentiert auch einen Lösungsvorschlag: eine Lockdown III-Kompensation. Allerdings soll nicht der Umsatzverlust in den festgelegten Vergleichsmonaten als Richtwert gelten, sondern der tatsächliche Verlust. "Damit würden wir den Kreis der Anspruchsberechtigten erhöhen und gleichzeitig für mehr Gleichheit bei der Verteilung von staatlichen Hilfsgeldern sorgen", steht in dem Brief. 75 Prozent des nachgewiesenen Deckungsbeitragsverlusts soll als Schadenskompensation erstattet werden. Dies könne in zwei Schritten erfolgen. Nach einer Plausibilitätsprüfung durch die örtlichen Industrie- und Handelskammern könnten zunächst 40 Prozent der Hilfssumme ausgezahlt werden, nach einer Prüfung der örtlichen Finanzämter der Rest.

Kritik an diesem Vorstoß kommt hingegen von der Mannheimer Liste. "Fassungslos" zeigten sich die Stadträte Holger Schmid und Christopher Probst, beide Unternehmer mit Personalverantwortung. Löbel solle keine Briefe schreiben, sondern Politik für den Mittelstand in Mannheim machen. "Respekt hätten wir vor Herrn Löbel, wenn er einen Antrag in den Bundestag einbringen würde, mit der Frage: Wie viele mittelständische Unternehmen hätten gerettet werden können, wenn die zugesagten November-Hilfen rechtzeitig geflossen wären? Das ist tatsächlich auch eine große Tragik dieser Krise." Löbel nahm es gelassen: "Ich wollte die Mannheimer Unternehmer mit ins Boot holen, und das funktioniert am besten mit einem Brief."

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