Wieder nur ein Punkt für die Moral
Die TSG Hoffenheim holt nach Rückstand ein 1:1 in Mainz, wartet aber nun schon seit sieben Spielen auf einen Sieg - Geiger sieht Rot

Von Nikolas Beck
Mainz. Christoph Baumgartner ist ein bescheidener junger Mann, gewiss keine Großschnauze. Vor der gestrigen Hoffenheimer Dienstreise nach Mainz hatte er dennoch verbal die Brust rausgestreckt. Selbstbewusst auftreten, nicht zu viel über die Ligaergebnisse der vergangenen Wochen nachdenken. So die vom Österreicher vorgeschlagene Marschroute. "Wenn wir unsere Leistung bringen, werden wir das Ding sicher holen", sagte Baumgartner.
Nichts war’s.
Auch nach dem 1:1 (0:1) beim FSV wartet "Hoffe" weiter sehnsüchtig auf den ersten Sieg in der Bundesliga seit Ende September. Sieben Partien mit nur drei von 21 möglichen Punkten – dem Team von Trainer Sebastian Hoeneß eine ungemütliche Adventszeit bevor.
Rund 70 Stunden nach dem vorzeitigen Einzug in die K.o.-Phase der Europa League wirbelte Hoeneß seine Anfangsformation abermals durcheinander. Erwartungsgemäß kehrte Andrej Kramaric zurück ins Team. Aber auch Stefan Posch, Kevin Akpoguma, Diadie Samassékou, Dennis Geiger und Ihlas Bebou standen während der Schweigeminute für den verstorbenen Diego Maradona unmittelbar vor dem Anpfiff auf dem Feld.
Und die Hausherren? Die wechselten im Vergleich zu ihrem letzten Pflichtspiel überhaupt nicht. Schließlich haben die "Nullfünfer" in der Vorwoche beim 3:1 in Freiburg gerade ihren ersten Saisonsieg feiern und die Rote Laterne abgeben können.
Das Selbstvertrauen eines Fußballers ist jedoch ein zartes Pflänzchen. Europapokal-Schwung und Debüt-Sieg hin oder her: Die Sterne vom Himmel spielten beide Teams zunächst nicht. Für die besten Chancen der ersten halben Stunde mussten Standardsituationen herhalten. Erst verhinderte TSG-Keeper Oliver Baumann nach einer Ecke gegen FSV-Torjäger Jean-Philippe Mateta einen frühen Rückstand (8. Minute). Dann zeigte Baumanns Gegenüber Robin Zentner gegen Poschs Kopfball nach einem Freistoß von Dennis Geiger, dass er ebenfalls ein Klasse-Keeper ist.
Hintergrund
Kein Wiedersehen
113 Mal hat Adam Szalai (Foto: dpa) das Trikot der TSG Hoffenheim getragen, ehe er im Sommer 2019 zurück zum FSV wechselte. Insgesamt ebenfalls 113 Einsätze für die "Nullfünfer" stehen nun in der Vita des 32-Jährigen. Und mehr
Kein Wiedersehen
113 Mal hat Adam Szalai (Foto: dpa) das Trikot der TSG Hoffenheim getragen, ehe er im Sommer 2019 zurück zum FSV wechselte. Insgesamt ebenfalls 113 Einsätze für die "Nullfünfer" stehen nun in der Vita des 32-Jährigen. Und mehr werden wohl auch nicht mehr hinzukommen. Nach der Posse um Szalais Suspendierung samt anschließendem Trainingsboykott seiner Kollegen ist der Stürmer zwar inzwischen begnadigt. Eine Zukunft scheint er nach dem Trainerwechsel von Achim Beierlorzer zu Jan-Moritz Lichte aber immer noch keine zu haben. Ein mögliches Wiedersehen mit den Kollegen fiel ohnehin flach. Aktuell ist der Kapitän der ungarischen Nationalmannschaft verletzt, unterzog sich in der Vorwoche einer Meniskus-OP. Sein großes Ziel: die Europameisterschaft. "Dafür muss ich besser in Form sein, sagte Szalai unlängst: "Ich werde versuchen, eine Lösung zu finden." Ein Abschied im Winter scheint besiegelt.
Kein gutes Pflaster
Spiele in der Opel-Arena waren für Hoffenheimer Trainer zuletzt prägenden Einschnitte. Im Mai 2019 verabschiedete sich Erfolgscoach Julian Nagelsmann mit einer denkwürdigen 2:4-Niederlage nach 2:0-Pausenführung, mit der "Hoffe" eine Europapokal-Teilnahme verspielte, endgültig aus dem Kraichgau. Ein Jahr später ahnte niemand, dass Nachfolger Alfred Schreuder beim 1:0 seinen letzten Sieg als TSG-Trainer feiern würde. Zehn Tage danach war er entlassen. Nun hofft "Hoffe", dass das Gastspiel in Mainz auch für Sebastian Hoeneß einen "Abschluss" darstellt. Die nun sieben Spiele lange Serie ohne Sieg soll am besten schon am kommenden Montag gegen Augsburg enden. nb
"Extrem viel wird vom ersten Tor abhängen", prophezeite Fernsehkommentator Jonas Friedrich. Und gerade, als er seinen Satz beendet hatte, waren es die Mainzer, die jubelten. Nach einem langen Ball aus der eigenen Hälfte kam Mateta im Strafraum an den Ball, setzte geschickt mit der Hacke Jean-Paul Boetius in Szene. Der Niederländer spielte quer, und in der Mitte musste Robin Quaison nur noch einschieben (33.).
Ein Nackenschlag für die Hoffenheimer, der nachwirkte. Überraschenderweise aber positiv. Zumindest ging es anschließend für die TSG, die in Durchgang eins wieder einmal über 70 Prozent Ballbesitz hatte, endlich mal mit ein bisschen mehr Zug Richtung Tor. Bebou fand in Zentner seinen Meister (45.), wenig später kläre Hack in höchster Not gegen Baumgartners Versuch.

Auch nach dem Seitenwechsel blieb Hoffenheim am Drücker. Das 1:1 von Bebou, der eine Hereingabe von Ryan Sessegnon mit dem Außenrist geschickt ins Tor spitzelte, war verdient (62.). Weil es aber wieder nur zu einem Punkt für die Moral reichte, resümierte Hoeneß: "Wir haben zu wenige klare Torchancen herausgespielt, diesen Vorwurf müssen wir uns gefallen lassen."
Einen letzten Aufreger hatte die Partie zehn Minuten vor Schluss parat: Geiger trat auf Höhe der Mittellinie dem Mainzer Karim Onisiwo von hinten in die Beine. "Es ging ihm darum, den Konter zu unterbinden", sagte Hoeneß, "definitiv nicht darum, den Gegenspieler zu verletzen." Dennoch zeigte Schiedsrichter Sascha Stegemann die Rote Karte. Eine harte, aber vertretbare Entscheidung, die dennoch die Emotionen kurzzeitig überkochen ließ. Nach dem Abpfiff war der Ärger aber schnell verflogen. Auch bei Hoeneß.
Die TSG und ihr Trainer haben auch wahrlich andere Probleme.