Wohnwende Heidelberg

Wie kann günstiger Wohnraum geschaffen werden?

Das Ziel ist klar, der Weg nicht - Verwaltung lehnt weite Teile des Einwohnerantrags ab - Beratung erst im Frühjahr

12.11.2020 UPDATE: 13.11.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden
Blick über die Dächer der Altstadt: Nicht nur in diesem Stadtteil ist das Wohnen teuer.  Foto: Hörnle

Von Denis Schnur

Heidelberg. Eigentlich sind sich alle einig: In Heidelberg fehlt es an günstigem Wohnraum – und das soll sich ändern. Doch bei der Frage, wie genau das funktionieren kann, scheiden sich die Geister. Das wurde zuletzt wieder bei der Debatte über den Einwohnerantrag "Wohnwende" im Sozialausschuss des Gemeinderates deutlich.

Die Initiatoren des Antrages etwa fordern den großen Wurf, nicht weniger als "eine Revolution in der Wohnungspolitik" – und konnten mehr als 2000 Heidelberger überzeugen, für dieses Anliegen zu unterschreiben. Doch als der Gemeinderat die 13 Punkte des Antrages nun zur Beratung vorgelegt bekam, wurde schnell deutlich, wie unterschiedlich die Ansätze sind. Die Stadtverwaltung kann mit vielen Vorschlägen nicht viel anfangen, hält sie zum Teil sogar für kontraproduktiv: "Von den Zielrichtungen und Inhalten sind wir gar nicht so weit auseinander, aber in der Radikalität geht uns das zu weit", erklärt der zuständige Baubürgermeister Jürgen Odszuck im Gespräch mit der RNZ.

So wäre die städtische Wohnungsgesellschaft GGH schnell überfordert, wenn sie – wie im Antrag gefordert – 4000 Wohnungen in sechs Jahren bauen soll. Auch den Vorrang für gemeinwohlorientierte Akteure beim Wohnungsbau sieht er kritisch: "Das Geld für den Wohnungsbau muss ja irgendwo herkommen." Und die Gewinnmarge, die meist bei vier bis fünf Prozent liege, sei auch nicht der große Preistreiber. Nicht zuletzt stört sich der Bürgermeister daran, dass der Anteil der geförderten Wohnungen massiv steigen soll. "Da greift dann das Fördergesetz des Landes, das klare Wohnungsgrößen vorsieht." Aber es gebe auch Familien, die bereit sind, mehr Geld für mehr Wohnraum auszugeben – das sei doch nicht verwerflich. "Das grenzt so ein bisschen an Gleichmacherei."

Entsprechend lehnt die Stadtverwaltung die 13 Punkte des Antrages zum Großteil ab. Zwei seien bereits umgesetzt, andere rechtlich nicht möglich, zu radikal oder kontraproduktiv, heißt es in einer Vorlage. Zudem habe man dem Gemeinderat erst im Juli das Zehn-Punkte-Programm Wohnen vorgelegt, das in weiten Teilen in dieselbe Richtung gehe und die Wohnungspolitik der Stadt bereits umkrempele. "Wir können Ihnen kein neues Zielgerüst vorlegen, das haben Sie ja erst beschlossen", erklärte Peter Hoffmann vom Stadtplanungsamt den Stadträten im Ausschuss.

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Für Christoph Nestor, Geschäftsführer des Mietervereins, der den Einwohnerantrag vorangetrieben hat, braucht es dagegen diese radikale Wende. "Unsere Städte sind in einer heftigen Wohnkrise", betonte er, als er den Vorstoß am Dienstag im Sozialausschuss vorstellte. Eingriffe in den Markt seien daher nicht nur gerechtfertigt, sondern dringend notwendig: "Wohnen und Gebäude sind keine Privatangelegenheit."

Und auch ein Großteil der Gemeinderäte zeigt sich offen für striktere Maßnahmen in der Wohnungspolitik. So forderte eine Mehrheit aus Grünen, SPD, Linke, Bunte Linke und Grün-Alternative Liste die Stadt auf, ihre Vorlage zurückzuziehen und zu überarbeiten. "Die Systematik der Verwaltung entspricht nicht dem Geist des Antrages", begründete das Derek Cofie-Nunoo von den Grünen. Auch er sprach sich für einen Paradigmenwechsel aus. Denn Stadt und Gemeinderat würden zwar seit Jahren betonen, dass es günstigeren Wohnraum brauche – und doch habe man immer wieder Projekte realisiert, "die nicht dem entsprechen, was wir uns vorgestellt hatten", sagte er mit Blick auf die Bahnstadt, wo die Mieten überdurchschnittlich hoch sind. "Deshalb wollen wir jetzt tatsächlich mal ein starkes Zeichen setzen." Gleichzeitig bräuchten die Gemeinderäte eine ausführliche Rückmeldung von Stadt und GGH, was denn tatsächlich machbar ist. Die soll nun bis zum Februar vorlegen, dann wird der Antrag erneut beraten. "Das kann nur der Start unserer wohnungspolitischen Diskussion sein", so Cofie-Nunoo.

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