Mannheim

Galeria-Karstadt-Kaufhof im N7 öffnet am Freitag zum letzten Mal

Es ist das unwürdige Ende einer Kaufhaus-Ära. Die Zukunft der betroffenen Mitarbeiter ist ungewiss.

15.10.2020 UPDATE: 16.10.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 57 Sekunden
Am Freitag ist in der „Galeria-Karstadt-Kaufhof“-Filiale in N 7 der letzte Verkaufstag. Foto: Gerold

Von Volker Endres

Mannheim. Ungewissheit bis zum Schluss – sie macht den 75 Mitarbeitern der "Galeria-Karstadt-Kaufhof"-Filiale in der Kunststraße schwer zu schaffen. So war zunächst vom 17. Oktober als letztem Verkaufstag die Rede gewesen. Ein makaberer Countdown an der Eingangstür zählte bis Samstag die Tage herunter. Anfang der Woche rechnete Betriebsrätin Sabine Jakoby damit, dass die letzte Ware bereits am Donnerstag verkauft sein könnte. "Jetzt habe ich erfahren, dass wir am Freitag wohl doch noch einmal öffnen", beschrieb sie das unwürdige Schauspiel.

Wie die blank gescheuerten Knochen eines Skeletts stehen die leer geräumten Kleiderständer beisammen – abgetrennt und gesichert mit Absperrband. Wo vor wenigen Wochen noch hochwertige Jacken, Schuhe oder auch Kleider und Schuhe angeboten wurden, hängen nun T-Shirts und Hemden mit sehr gewöhnungsbedürftiger Farbgebung. Längst haben nicht mehr alle Abteilungen geöffnet: Die Parfümerie ist ausverkauft, der Asia-Markt im Untergeschoss an den Willy-Brandt-Platz vor dem Hauptbahnhof abgewandert.

Der Schnäppchen-Countdown läuft. Foto: Gerold

Nur von Tristesse zu sprechen, wäre aber falsch. Unter den Kunden herrscht immer noch Goldgräberstimmung. Viele Menschen drängen sich auf der enger werdenden Verkaufsfläche auf der Suche nach Schnäppchen und stehen mehr oder weniger geduldig in den langen Schlangen vor den geöffneten Kassen. "Das ist das hässliche Gesicht des Kapitalismus", konstatierte die Betriebsrätin und verwies auf die leeren Gesichter der Angestellten.

Die standen in den vergangenen Monaten unter einer großen psychischen Belastung. Immerhin gehen nicht nur 75 Mitarbeiter, sondern enden in dieser Woche auch insgesamt 2012 Jahre Betriebszugehörigkeit. "Die Wenigsten wissen, wie es für sie weitergeht", verdeutlichte Jakoby das Schicksal der größtenteils weiblichen Angestellten.

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Aber auch der Verkauf hatte sich in den vergangenen Wochen gewandelt. Anstelle schöner Warenpräsentation ging es nur noch ums Verramschen. Etage für Etage wurde leer geräumt. Am Montag waren nur noch Erdgeschoss und erste Etage in Betrieb. "Am Donnerstag hatten wir nicht einmal mehr genügend Ware, um das Erdgeschoss vollkommen aufzufüllen." Woher die Ware für den Freitag aufgetaucht sei, wusste Sabine Jakoby nicht zu sagen und verwies auf das vom Karstadt-Konzern mit der Räumung beauftragte Unternehmen. Mit der Präsentation sei aber zugleich der Respekt im Haus verschwunden: Der Respekt gegenüber der Ware, der Respekt gegenüber den Menschen, klagte die Betriebsrätin und nannte als krassestes Beispiel die Notdurft, die ein Kunde in den Umkleidekabinen verrichtet hatte.

In der Kunststraße endet ein Stück Stadtgeschichte. Mit der Schließung der "Galeria-Karstadt-Kaufhof"-Filiale an dieser exponierten Stelle blickt der traditionsreiche Kaufhaus-Standort in eine ungewisse Zukunft. Das Haus, dass sich in Besitz der Familie der ehemaligen Kaufhausdynastie von Heinrich Vetter befindet, steht dann ab Samstag leer.

"Wir hoffen bis zuletzt", hatte Jakoby noch Anfang des Monats erklärt, als die Belegschaft zu einer Menschenkette um das Kaufhaus aufgerufen hatte. Mittlerweile ist die Hoffnung der Resignation gewichen. "Letzte Woche hat mir der Gesamtbetriebsrat des Konzerns erklärt, dass die Schließung beschlossene Sache ist." Die schreckliche Gewissheit ist natürlich hart, bringt aber auch eine gewisse Erleichterung mit sich. "Manche Kollegen und auch ich sind jetzt einfach nur froh, wenn alles vorbei ist." Am Freitag werde intern eine kleine Verabschiedung stattfinden, "und das war es dann."

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