Baden-Württemberg

Susanne wer? CDU-Spitzenkandidatin Eisenmann verliert an Zustimmung

Die Corona-Krise verleiht der Südwest-CDU zwar kräftig Rückenwind - aber von diesem Schub kann die Spitzenkandidatin bislang nicht profitieren. Viele Wähler kennen Susanne Eisenmann immer noch nicht.

13.10.2020 UPDATE: 15.10.2020 13:31 Uhr 4 Minuten, 12 Sekunden
Susanne Eisenmann. Foto: dpa

Stuttgart. (dpa/lsw) Weniger als ein halbes Jahr vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg rutscht die CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann in der Gunst der Wähler nach unten. Sie überzeugt derzeit nur 24 Prozent aller Befragten, wie aus einer am Donnerstag in Stuttgart veröffentlichten Befragung von Infratest dimap für den Südwestrundfunk und die "Stuttgarter Zeitung" hervorgeht. Das sind fünf Prozentpunkte weniger als noch im April. Allerdings geben vier von zehn Personen an, sie nicht zu kennen und deshalb die politische Arbeit nicht beurteilen zu können. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) stellten 77 Prozent ein positives Zeugnis aus.

Wenn man den Ministerpräsidenten in Baden-Württemberg direkt wählen könnte, würden sich sogar nur 13 Prozent für Eisenmann entscheiden. 66 Prozent favorisieren hingegen Kretschmann als Regierungschef.

"Wir freuen uns über den starken Rückhalt für unseren Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und über den starken Rückenwind für uns Grüne in Baden-Württemberg", teilten die Grünen-Landesvorsitzenden Detzer und Oliver Hildenbrand mit. "Wir werden weiter mit ganzer Kraft dafür arbeiten, dass unser Land gut und sicher durch die Krise und nachhaltig und erfolgreich aus der Krise kommt."

An der politischen Stimmung in Baden-Württemberg hat sich im Vergleich zum Frühjahr wenig verändert. Die Grünen kommen wie bereits im April auf 34 Prozent, die Christdemokraten büßten einen Prozentpunkt ein auf 29 Prozent. Die SPD liegt unverändert bei 11 Prozent, die FDP unverändert bei 6 Prozent. Die AfD sinkt um einen Prozentpunkt auf 11 Prozent. Die Linke legt leicht zu, würde aber mit 4 Prozent immer noch nicht in den Landtag einziehen.

Die Union profitiert weiterhin vor allem im Bund vom Krisenmanagement der Bundesregierung in der Corona-Krise. Das gab auch den Christdemokraten im Südwesten zuletzt ordentlich Schub. Ende April - mitten in der Corona-Krise - fuhr die CDU im sogenannten BW-Trend von Infratest dimap mit 30 Prozent den besten Wert seit Februar 2016 ein. Aber der beliebte Grünen-Politiker Kretschmann, der das Land seit 2011 regiert, bleibt damit für Eisenmann ein harter Gegner.

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"Mit 29 Prozent sind wir natürlich nicht zufrieden", sagte CDU-Generalsekretär Manuel Hagel der Deutschen Presse-Agentur. "Da geht deutlich mehr." Umfragen seien derzeit aber sehr volatil. Man arbeite nicht für Umfragewerte, sondern für die Menschen im Land. "Mit Susanne Eisenmann haben wir eine Spitzenkandidatin mit großer Leidenschaft, mit hohem Engagement und mit einer positiven Dynamik an der Spitze." Entschieden werde am 14. März 2021.

Die Bürger im Land zeigen sich der Umfrage zufolge mehrheitlich zufrieden mit der Regierungsarbeit. 67 Prozent der Befragten sehen die Arbeit von Grün-Schwarz positiv - der beste Wert für die Landesregierung in der laufenden Legislaturperiode. 87 Prozent der Grünen-Anhänger sehen das so und 81 Prozent der CDU-Anhänger. Aber auch sieben von zehn SPD-Anhängern äußern sich wohlwollend. 74 Prozent der AfD-Anhänger sind hingegen mit der Regierungsarbeit weniger oder gar nicht zufrieden.

Mehr als jeder vierte Befragte (27 Prozent) wünscht sich der Umfrage zufolge eine Verschärfung der Corona-Maßnahmen. 59 Prozent halten die geltenden Regeln für ausreichend. 12 Prozent gehen die Maßnahmen zu weit - sie glauben, dass die Corona-Vorgaben übertrieben seien.

Mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zeigen sich die Baden-Württemberger wieder etwas optimistischer: Machten sich im April noch 56 Prozent der Befragten große bis sehr große Sorgen um die wirtschaftliche Entwicklung der kommenden Monate, sind nun nur noch 42 Prozent beunruhigt.

Update: Donnerstag, 15. Oktober 2020, 13.30 Uhr


Wahlkampf in Zeiten von Corona

Von Michael Abschlag

Hemsbach/Heidelberg. Gleich am Anfang spricht Susanne Eisenmann das leidige Thema an. "Wir brauchen noch viel Geduld", sagt sie mit Blick auf Corona. Und: "Wir müssen mit viel Pflichtbewusstsein einen neuen Ausbruch verhindern." Es ist Montagabend, in der Sporthalle des TV Hemsbach, und die CDU-Spitzendkandidatin stellt sich den Fragen der Bürger.

Ein halbes Jahr ist es noch hin bis zur Landtagswahl im März 2021. Doch Wahlkampf in Zeiten von Corona ist eine Herausforderung: Auftritte in vollen Stadthallen, Reden im Bierzelt, Händeschütteln – all das wird so nicht möglich sein. Die Parteien setzen verstärkt auf digitale Lösungen, auf Online-Sprechstunden und Video-Formate.

Aber ganz will man auf die klassischen Auftritte dann doch nicht verzichten. So hat man sich pragmatisch den Gegebenheiten angepasst: In Hemsbach müssen sich Besucher vorher anmelden, wer spontan vorbeischaut, muss Kontaktbögen ausfüllen. Die Plätze für die Besucher sind über den Raum verteilt, in kleinen Sitzgruppen von drei oder vier Stühlen – mit zwei Metern Abstand in jede Richtung, dann kommt die nächste Sitzgruppe. Vielleicht 50 oder 60 Menschen sind im Raum verteilt, unter normalen Umständen hätten wohl doppelt so viele Platz gefunden.

Damit sich trotzdem nicht die Aerosole sammeln, sind mehrere Fenster offen, die Vorhänge wehen im Wind, leise ist das Brummen einer Klimaanlage zu hören. Einige Besucher sitzen in Jacken da, andere nur im Pullover – trotz der offenen Fenster ist es eigentlich nicht kalt. Aber es ist auch ein milder Oktoberabend. Und der Winter kommt erst noch.

Eisenmann streift das Thema Corona, verteidigt die Maßnahmen vom März, erklärt aber auch, einen zweiten Lockdown vermeiden zu wollen. Dann lenkt sie ihren Blick in die Zukunft, fordert mehr Digitalisierung, mehr Ausbau der Infrastruktur, schnellere Vergabeverfahren, Anreize für die Wirtschaft. "Baden-Württemberg ist zurückgefallen", beklagt sie. Sie will die Autoindustrie, die "auch Sachen verschlafen" habe, beim Wandel unterstützen – stellt aber auch klar: "Es wird auch in 20 bis 30 Jahren noch Verbrenner geben", eine "Fixierung auf Elektroantriebe" sei falsch. Es ist der Versuch, konservative und grüne Ideen miteinander zu verbinden.

Vor allem aber ist Eisenmann hier, um Fragen zu beantworten. Sie spricht über Digitalisierung und Schule, über Sicherheit, Ausbildungsplätze und Zentralisierung. Sie zeigt sich verständnisvoll, antwortet ausführlich, wenn auch manchmal vage. Die Diskussionen um die Polizei seien unsäglich, sagt sie unter Applaus, und man werde sicher zusätzliche Stellen schaffen; wie viele, sagt sie nicht. Sie beklagt das schlechte Image von Ausbildungsberufen im Vergleich zu akademischen Jobs; was sie dagegen tun will, neben einem "Tag der Berufsorientierung", bleibt unklar.

Schließlich holt Eisenmann doch wieder das Thema Corona ein – und die Folgen für die Schulen. "Wir waren auf das Online-Lernen nicht vorbereitet", räumt sie unumwunden ein. "Die Lehrer hätten sich mehr Unterstützung gewünscht, das wissen wir." Allerdings habe man inzwischen aufgeholt, erklärt die Ministerin und verweist auf die Maßnahmen des Kabinetts: 300.000 Laptops für die Schulen, eine Investitionssumme von 130 Millionen Euro, davon die Hälfte vom Land. Allerdings: "Es dauert, bis die Schulen am Netz sind. Und es braucht ja auch gute Anschlüsse zuhause". Und dann ist da noch die Frage der Wartung: Das sei natürlich nicht Aufgabe der Lehrer, "dafür brauchen wir System-Administratoren, also IT-Experten von außerhalb."

Dann ist die Veranstaltung vorbei, und die Besucher strömen hinaus in die schon kühlere Abendluft. In kleinen Gruppen, mit Maske. Es bleibt nun mal ein Wahlkampf in ungewöhnlichen Zeiten.

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