Neckargemünd entkam einer Katastrophe (Update)
Bauarbeiten beschädigten am Montagvormittag eine Gasleitung. Wegen akuter Explosionsgefahr wurden die Ortsdurchfahrt und die Bahnstrecke mehrere Stunden gesperrt. Es kam zu kilometerlangen Staus.

Von Christoph Moll
Neckargemünd. Gasleck? Vollsperrung der Ortsdurchfahrt und der Bahnstrecke? Da war doch schon mal was? Richtig! Rund drei Jahre ist es her, dass eine beschädigte Gasleitung bei der B 37-Sanierung für große Aufregung sorgte. Am Montag dann das Déjà-vu: Fast an derselben Stelle kam es erneut zu einem Gasleck – wieder mit großen Auswirkungen.
Es war 10.52 Uhr, als der Alarm bei der Feuerwehr einging: Gasaustritt in der Bahnhofstraße. Stadtsprecherin Petra Polte berichtet, dass "zur Vorbereitung einer Baumaßnahme" auf einem Privatgrundstück unweit des Rathauses ein Baum entfernt werden sollte. "Dabei haben Bauarbeiter Gasgeruch bemerkt", so Polte. Schnell wurden weitere Einsatzkräfte von Feuerwehren aus der Umgebung, Polizei, Rotem Kreuz und Technischem Hilfswerk alarmiert. Am Ende waren wohl über 80 Personen im Einsatz.
Umgehend wurden die Bahnhofstraße und die unweit entfernte Bahnstrecke gesperrt. In angrenzenden Häusern wurde der Strom abgestellt. Auch das Rauchen und das Benutzen von Handys wurde untersagt. Denn es bestand Explosionsgefahr. Ein Funken hätte womöglich für eine Katastrophe gereicht.
Deshalb wurden auch die Häuser im Umkreis von 150 Metern evakuiert. "Es war deutlicher Gasgeruch in den Gebäuden wahrnehmbar", so Polte. Zunächst war von 150 betroffenen Personen die Rede. Doch da das Rathaus nicht geräumt werden musste, waren es am Ende nur rund 30 – darunter vier Senioren, die in Zelten betreut wurden. Die Rhein-Neckar-Verkehrsgesellschaft (RNV) stellte einen Bus für Anwohner bereit, der aber letztlich nicht benötigt wurde.
"Ständige Messungen haben gezeigt, dass die Gaskonzentration schnell nachlässt", berichtet Polte. Rund vier Stunden lang strömte aber – kontrolliert – weiter Gas aus. Gegen 15 Uhr gelang es Feuerwehr und Stadtwerken, das Leck endgültig zu schließen. Doch warum dauerte das so lange? "Das Gasrohr musste erst freigelegt werden", erklärt Polte. "Das Ganze war kompliziert, da sehr viele weitere Leitungen in der Nähe lagen."
Stadtwerke-Sprecherin Ellen Frings ergänzt, dass es sich nicht um eine Hauptleitung, sondern um eine aus Stahl bestehende Zuleitung zu einem Haus handelte, die nicht einfach abgestellt werden konnte. Die Gefahr sei kontrollierbar gewesen, da Gas schnell nach oben steige und die Konzentration "permanent kontrolliert " worden sei. Mit einer Presse der Feuerwehr sei es schließlich gelungen, die defekte Leitung abzudichten.
Wie Polizeisprecher Norbert Schätzle berichtet, kam es wegen der Sperrung der Ortsdurchfahrt zu kilometerlangen Staus. Über die noch befahrbare Friedensbrücke drängte der Verkehr von Bammental und Neckarsteinach über Ziegelhausen Richtung Heidelberg. Aber auch von Heidelberg kommend kam es zur Blechlawine. Zeitweise regelten Polizisten den Verkehr an neuralgischen Punkten. Gegen 15.50 Uhr wurde die Sperrung aufgehoben. Und die Bewohner konnten in die Häuser zurückkehren.
Bereits gegen 15.20 Uhr wurden die ab 11.15 Uhr gesperrten Bahnstrecken zwischen Heidelberg und Meckesheim sowie Eberbach wieder freigegeben. Die Bahn richtete nach eigenen Angaben ab 12 Uhr einen Ersatzverkehr mit jeweils einem Bus auf beiden Strecken ein. "Wegen des Schulstarts war es schwierig, kurzfristig Busse zu bekommen", so ein Bahnsprecher. Erst im Laufe des Abends normalisierte sich der Bahnverkehr. 30 Zugfahrten fielen aus oder endeten früher. Betroffen waren viele Schüler am ersten Schultag nach den Sommerferien (siehe auch Artikel unten).
Auch den Busverkehr erwischte es – so zum Beispiel die RNV-Linie 35 zwischen Heidelberg und Neckargemünd. RNV-Sprecher Florian Benz berichtet, dass die Busse in Richtung Neckargemünd bereits am Heidelberger Bismarckplatz über die Theodor-Heuss-Brücke die Neckarseite wechselten. Das Befahren der Ziegelhäuser Brücke mit den schweren Gelenkbussen sei nicht möglich gewesen, da das Bauwerk wegen Schäden nur noch bis 3,5 Tonnen zugelassen ist. Über die Friedensbrücke in Neckargemünd ging’s zurück auf die "richtige" Neckarseite. Somit wurden alle Haltestellen zwischen Bismarckplatz und Hanfmarkt nicht angefahren. Ab 15 Uhr setzte die RNV einen Pendelbus zwischen dem Ortsausgang von Neckargemünd und dem S-Bahnhof Heidelberg-Altstadt ein.
Frank Volk war die ganze Zeit vor Ort und lobte die gute Zusammenarbeit der Einsatzkräfte. "Der entstandene finanzielle Schaden lässt sich im Moment noch nicht beziffern", so der Bürgermeister. "Wichtig ist, dass niemand zu Schaden gekommen ist." Die Verantwortlichen freuen sich, dass die Warnung der Bevölkerung über entsprechende Apps für Smartphones funktionierte – anders als beim bundesweiten Warntag am vergangenen Donnerstag ...
Update: Montag, 14. September 2020, 19.58 Uhr