SRH Heidelberg

Darum wird Corona die Hochschulwelt nachhaltig verändern

Mitten in der Krise übernahm Carsten Diener die Leitung der SRH-Hochschule - Im Interview zieht er Bilanz nach drei denkwürdigen Monaten

03.08.2020 UPDATE: 04.08.2020 06:00 Uhr 3 Minuten, 11 Sekunden
Seit acht Jahren ist der Psychologe Carsten Diener an der SRH-Hochschule tätig: erst als Professor, dann als Prorektor und seit dem 1. Mai als Rektor. Foto: Hentschel

Von Denis Schnur

Heidelberg. Amtsantritt in ungewöhnlichen Zeiten: Prof. Carsten Diener wurde am 1. Mai – mitten in der Corona-Krise – Rektor der SRH-Hochschule. Seine Vorgängerin Katja Rade ging nach drei Jahren im Amt nach Stuttgart, wo sie künftig die Hochschule für Technik leiten wird. Diener sagt dagegen, er sei gekommen, um zu bleiben. Der 50-Jährige ist der Privathochschule auch schon lange treu: 2012 übernahm er dort eine Professur an der Fakultät für Angewandte Psychologie, 2017 wurde er Prorektor für Forschung und Praxistransfer. Im RNZ-Interview erklärt er, was er in seinem verrückten ersten Semester gelernt hat – und warum Corona die (Hochschul-)Welt nachhaltig verändern wird.

Herr Diener, als Sie Ihr Amt übernahmen, waren kaum Studierende auf dem Campus, die Lehre fand nur digital statt und die Corona-Regeln machten alles noch komplizierter. Hatten Sie sich das erste Semester als Rektor so vorgestellt?

Tatsächlich war meine erste "akademische" Amtshandlung, ein Hygienekonzept zu verfassen – das ist nicht gerade typisch. Diese Situation war natürlich herausfordernd. Aber die gesamte Hochschulleitung ist auch wahnsinnig stolz, weil wir es so schnell geschafft haben, komplett auf digitale Formate umzustellen. Ab Mai lag der Fokus dann darauf, wie wir es hinbekommen, dass unsere Hochschule – zumindest teilweise – wieder Präsenzhochschule wird.

Das ging dann schon wieder?

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Nach Ostern konnten wir wieder erste Veranstaltungen vor Ort anbieten. Das waren vor allem die, die auf spezielle Räume angewiesen waren, oder Prüfungen. Danach haben wir den Anteil der Präsenzlehre Stück für Stück im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten gesteigert. Da hilft uns unser Studienprinzip CORE enorm – wir ticken ja nicht in langen Semestern, sondern in Fünf-Wochen-Blöcken. Und während der erste Block im April noch bei null Prozent Anwesenheit lag, stieg der Wert bis Juli auf 30 Prozent.

Und wenn im September das Wintersemester startet, wollen Sie auf 100 Prozent kommen?

Das kann noch nicht das Ziel sein. Wir werden auch im Winter noch Abstands- und Hygieneregeln haben und der Gesundheitsschutz hat oberste Priorität. Deswegen setzen wir weiter auf "Blended Learning" – eine Mischung aus digitalen Angeboten und Präsenzlehre. Wir wollen allen Erstsemestern die Möglichkeit geben, ihre Hochschule auch vor Ort kennenzulernen. Daneben werden wir auch hybride Formate nutzen – Präsenzveranstaltungen, die online übertragen werden für Studierende, die nicht kommen können, weil sie etwa in ihren Heimatländern festsitzen.

Dank Corona musste ja plötzlich vieles ganz schnell gehen – etwa in der Digitalisierung. Können Sie daraus auch langfristig lernen?

Auf jeden Fall! Die Hochschule wird nach Corona nicht dieselbe sein wie davor. Die digitalen Elemente, die wir jetzt einsetzen mussten, werden unsere Lehre auch langfristig bereichern. Da hat die Pandemie uns natürlich angetrieben, gewisse Hürden und Vorbehalte gegenüber der Digitalisierung zu überwinden. Ohne Corona wären wir nicht in der digitalen Verfassung, in der wir jetzt sind.

Hat das denn trotz dieser Ad-hoc-Umstellung gut funktioniert?

Wir haben uns schon vor Corona mit digitaler Lehre befasst, das hat uns geholfen. Wir haben jetzt eine Evaluation bei Studierenden und Lehrenden durchgeführt. Beide Gruppen kommen gut mit den digitalen Formaten zurecht, auch wenn wir noch nicht am qualitativen Ende angelangt sind. Wir können die digitale Lehre noch verbessern. Unsere SRH Akademie für Hochschullehre treibt das enorm voran.

Wenn das so gut klappt – braucht es Präsenzveranstaltungen überhaupt noch?

Ganz klar: ja! Wir haben gemerkt, dass wir aus der Ferne zwar Fach- und Methodenkompetenz vermitteln können, aber bei der Sozialkompetenz, die uns so am Herzen liegt, geht das nur sehr begrenzt. Deswegen wollen wir die Hochschule ja wieder stückweise öffnen. Wenn alles so bleibt oder besser wird – toi, toi, toi! –, werden wir die Präsenzveranstaltungen weiter ausbauen können. Wenn nicht, machen wir es digital. Das können wir auch, wie wir gezeigt haben.

Sie haben gesagt, wie stolz Sie auf Ihre Hochschule sind – und warum. Aber was lief denn in den vergangenen drei Monaten nicht gut?

Das erste, das mir einfällt, klingt vielleicht banal, ist aber sehr wichtig: Wir müssen immer wieder Studierende, Mitarbeiter – und ich mich auch selbst – erinnern, Mundschutz zu tragen. Wir wollen da mit gutem Beispiel vorangehen und alles tun, um die Gesundheit zu schützen.

Sie sind ausgebildeter Verhaltenstherapeut. Hat das in diesem "Krisen-Semester" geholfen?

Was ich wieder gelernt habe, ist, dass Kommunikation alles ist. Man muss in solchen Ausnahmesituationen einfach über alle Dinge reden, die anstehen. Das hat bei uns gut funktioniert. Wir haben eine lebhafte Regelkommunikation mit Telefonkonferenzen, aber auch mit regelmäßigen E-Mails an unsere Studierenden. Das ist so ein bisschen wie in einem ICE, der stehen bleibt. Wenn Sie nicht wissen, was los ist, werden Sie unruhig. Wenn es aber regelmäßig Infos gibt, macht es das leichter.

Sie werden ja – hoffentlich! – nicht auf ewig "Corona-Rektor" bleiben. Was haben Sie sich denn vorgenommen für die Zeit danach?

Ich will, dass die Hochschule weiter Innovationstreiber ist. Dass wir das können, zeigen auch die beiden Studiengänge, die im Herbst neu bei uns starten: "Digital Transformation", den wir schon vor einem Jahr auf den Weg gebracht haben und der so perfekt in die Zeit passt, und "Climate Change Management and Engineering". Mit solchen sozial innovativen Studiengängen wollen wir Studierende fit machen für den Arbeitsmarkt von morgen.

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