Die Lehre läuft trotz Leere weiter
Der Campus der Dualen Hochschule Mosbach ist fast menschenleer - Wechsel in den Krisenmodus mit zwei Strategien

Von Peter Lahr
Mosbach. Rund um die Duale Hochschule gibt es derzeit jede Menge freier Parkplätze. Kein Wunder! Denn wo sich sonst Hunderte Studierende und Dozenten tummeln, findet sich in Corona-Krisenzeiten ein beinahe menschenleerer Campus. Die RNZ hat bei Rektorin Prof. Dr. Gabi Jeck-Schlottmann und bei Studierendensprecher Niklas Fertig telefonisch nachgefragt, wie die Umstellung auf digitales Lehren und Lernen geklappt hat. Im Gespräch wurde auch deutlich, dass beide dasselbe vermissen: das menschliche Miteinander vor Ort.
"Wir sind von einem Tag auf den anderen ins kalte Wasser geworfen worden", erinnert sich Gabi Jeck-Schlottmann an die Schließung im März. Anders als etwa die Universitäten, die sich damals bereits im Semesterferien-Modus befanden, lief an der DHBW der Betrieb auf vollen Touren. Andererseits musste die Hochschule bei ihren digitalen Angeboten nicht bei Null anfangen. Es habe bereits zuvor "ganz gute Grundlagen" gegeben. So gesehen, sei es eher "ein Sprung ins nicht eiskalte Wasser" gewesen.
Ob digitale Lernplattformen, Online-Tests oder Poster-Präsentationen, alles musste plötzlich "hochskaliert" werden. Eine "Herausforderung" sei dieser technische Rahmen durchaus gewesen – "insgesamt ein Kraftakt". Doch habe die Corona-Krise auch gezeigt, dass viele über sich hinauswachsen können. Ausdrücklich lobt die Hochschulleiterin die Flexibilität von Dozenten und Studierenden: "Alle brachten einen gigantischen Einsatz und fanden super kreative und pragmatische Lösungsansätze."
Mittlerweile setze die DHBW auf zwei Strategien, auf synchrones und zeitversetztes Lehren. An verschiedenen Orten, aber gleichzeitig, "begegne" man sich bei Online-Live-Seminaren oder Web-Konferenz-Tools. Hier könne man auch nachfragen oder abfragen. Zeitversetzt könnten aufgezeichnete Vorlesungen oder Bildschirm-Präsentationen stattfinden. Doch egal, ob der Professor alleine im Hörsaal steht, dabei vor laufender Kamera an der Tafel sein Thema entwickelt, oder ob Studierende eine zu benotende Poster-Präsentation hochladen. Eines ist für Jeck-Schlottmann klar: "Online-Lehre ist ein Kraftakt. Es ist für alle aufwendiger und erfordert viel Disziplin."
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Auch wenn in absehbarer Zeit die ersten Präsenzprüfungen wieder zugelassen würden, müsse weiter der Sicherheitsaspekt beachtet werden. Sprich: "Nicht zu viele Studierenden sollten gleichzeitig auf dem Campus sein." Auch für das Wintersemester habe man deshalb für alle Fälle einen "Plan B". Anders als geplant, fiel bislang das Geburtstagsjahr aus. Eigentlich feiert die DHBW dieses Jahr ihr 40-jähriges Bestehen.
Je nach Branche gehe es derzeit in den Partnerbetrieben sehr unterschiedlich zu. Von Hochbetrieb bis Kurzarbeit reiche die Palette. Glücklicherweise sei es noch in keinem Betrieb zu einer Insolvenz gekommen, zeigt sich Jeck-Schlottmann erleichtert.
Was sie am meisten vermisse, darüber muss die Hochschulleiterin nicht lange nachdenken: "Ich freue mich auf den persönlichen Kontakt. Der Mensch ist ein soziales Wesen. Isolation ist deshalb mit das Schlimmste." Ob im Privatleben oder auf dem Campus: "Die Spontaneität fehlt. Wenn man jemandem in die Augen schaut. Oder wenn man an Gesten und Mimik der Studierenden erkennt: die brauchen jetzt eine Pause."
"Alle sitzen zu Hause. Man kann sich nicht mit seinen Freunden treffen, die geregelten Tagesabläufe fallen aus." So beschreibt Niklas Fertig die negativen Folgen der Corona-Krise auf den Studienalltag. Da der angehende Maschinenbauer im Raum Miltenberg lebt und derzeit seine halbjährige Praxiszeit im Betrieb absolviert, hat er seine Mosbacher Wohnung (planmäßig) gekündigt. Im März standen bei ihm gerade die Semesterabschlussprüfungen an. Nach einigem Hin und Her wurden diese dann gecancelt und sollen zu Beginn der nächsten Theoriephase nachgeholt werden. Allein die Terminfindung werde schwierig, befürchtet Fertig. "Ich möchte klare Aussagen für die Studenten", sagt er rückblickend. Denn es sei schwer zu lernen, wenn man nicht wisse, ob eine Klausur überhaupt geschrieben werde. Dass die Digitalisierung an der Dualen Hochschule nun gezwungenermaßen schneller als bislang voranschreite, das sei dagegen fast schon ein positiver Nebeneffekt.



