Geschäftsleute sehen Krise auch als Chance
"Der Einzelhandel rückt enger zusammen" - Die meisten sind jedoch auf staatliche Hilfe angewiesen

Von Volker Endres
Mannheim. Die Lage sei durchaus kritisch, sagt Lutz Pauels als Vorsitzender der Werbegemeinschaft Mannheim-City. "Mir ist zwar noch nicht bekannt, dass einzelne Geschäfte auf der Kippe stehen, aber gerade kleinere Läden und auch die Gastronomie leiden unter der Situation", betont er. Deshalb haben nach seinem Kenntnisstand auch ein Großteil seiner Mitglieder das von der Politik zur Verfügung gestellte Instrumentarium genutzt und Anträge auf Unterstützung oder Kurzarbeitergeld gestellt.
Insgesamt fällt Pauels’ Fazit nach den ersten Wochen der Landesverordnung zwiespältig aus: "Die Läden, die geöffnet bleiben durften, hatten in den ersten Tagen sogar Umsatzsteigerungen", berichtet er. Das habe sich in der Zwischenzeit wieder normalisiert, "aber sie laufen insgesamt gut." Lebensmittelhandel, Apotheken oder auch Drogeriemärkte erfreuen sich auch in der Innenstadt weiterhin großer Beliebtheit.

Anders sieht es beim klassischen Einzelhandel aus – selbst bei den großen Häusern. Andreas Hilgenstock, Geschäftsführender Gesellschafter der Engelhorn-Gruppe ist froh, dass sich sein Haus schon früh ein Online-Standbein geschaffen hat. "Aber der Online-Handel ist nicht der Gewinner dieser Krise", sagt er. Für seine Häuser beziffert Hilgenstock den Geschäftsanteil auf "maximal 30 Prozent." An diesen Zahlen habe sich auch in den vergangenen Wochen wenig geändert. Richtig sei der Online-Auftritt trotzdem: "Es ist wichtig, damit man weiter sichtbar bleibt."

Sichtbarkeit ist auch für Patricia Schneider wichtig, die erst seit Sommer 2019 mit ihren "Cotto Wohnaccessoires" im Quadrat B1,6 zu finden ist und gleich doppelt Pech hatte: "Für Gartenmöbel ist das Frühjahr die Hauptsaison, und die verpassen wir jetzt schon zum zweiten Mal", berichtet sie. Auch Schneider setzt auf den Onlinehandel und hat dafür schon positive Rückmeldung von ihren Kunden bekommen.
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Überhaupt sieht sie die aktuelle Krise auch als Chance: "Ich habe das Gefühl, dass der Einzelhandel dadurch wieder enger zusammenrückt."

Dario Fontanella hat noch keine Zeit für solche Gedanken. Das Bloomaul mit Wurzeln in Italien hat derzeit gleichermaßen die Lage vor der Haustür und jenseits der Alpen im Blick. "Viele meiner Leute kommen aus Italien", berichtet er. "Denen zahlen wir Kost und Logis. Die sind mittlerweile hier und können aktuell nicht zurück. Dafür liegen unsere Einnahmen aktuell bei Null."
Zwar bietet der Erfinder des Spaghetti-Eis auch Lieferungen an Supermärkte an. "Aber bei diesem Wetter kauft auch dort niemand Eis", meint Fontanella. Ohne staatliche Hilfe werde er sein Geschäft nicht halten können, sagt der Eiskonditor. Staatliche Hilfe, kommunale Hilfe und auch Selbsthilfe, ergänzt Henrik Hofmann. Als Manager des Einkaufszentrums Q6/Q7 ist er nicht nur selbst von den wirtschaftlichen Konsequenzen der Corona-Krise betroffen. Hofmann ist auch Vizepräsident des Handelsverbands und stellvertretender Vorsitzender der Werbegemeinschaft.
"Es ist unser Vorteil in Mannheim, dass alle Akteure so gut miteinander vernetzt sind, sagt er. Sein Einkaufszentrum bleibt geöffnet. Die Nahversorger im Untergeschoss – dazu zählen Apotheke, Optiker und Hörgeräteakustiker sowie der Zeitungsladen mit Post- und Paketannahme – sind weiterhin zugänglich. "Natürlich verweisen wir überall auf die geltenden Hygienevorschriften, aber unsere Kunden gehen vernünftig und einsichtig damit um", so Hofmann.
Sein Blick ist auf das Ende der Ausgangsbeschränkungen gerichtet. "Auch dafür müssen wir rechtzeitig eine tragfähige Lösung entwickeln", fordert er und sieht sich damit auf einer Linie mit der IHK. Die hatte in dieser Woche die schrittweise Wiederöffnung einzelner Branchen ins Gespräch gebracht. "Um die Existenz der Unternehmen, der Arbeitsplätze und dadurch der materiellen Grundlage der Bevölkerung zu retten", so IHK-Präsident Manfred Schnabel.



