Widerstand gegen Naidoos Auftritt auf Festwiese wächst
"Wir gegen Rechts" ruft zu Boykott auf - Veranstalter verweist auf Vertrag

Von Axel Sturm und Katharina Schröder
Ladenburg. Xavier Naidoo: Ein Name, der in diesen Tagen zunehmend Diskussionen auslöst. Besonders in der Römerstadt brodelt es. Denn am 15. August soll der Mitgründer der Söhne Mannheims beim Ladenburger Musikfestival auf der Festwiese singen. Nach seinem Auftritt vor "Reichsbürgern", zweifelhaften Textpassagen in seinen Liedern und dem ungeklärten Demokratieverständnis regt sich zunehmend Widerstand gegen das Konzert.
So fand Wiebke Hünermann-Neuert, Sprecherin der Ladenburger Initiative "Wir gegen Rechts", in einer Mitteilung deutliche Worte gegen den geplanten Auftritt. Naidoo sei in den vergangenen Jahren aufgefallen als "Verschwörungstheoretiker, als Sympathisant von Reichsbürgern, als Feind der Demokratie, der Wahlen ablehnt, gegen Flüchtlinge hetzt und sich ausländerfeindlich äußert". Das Bündnis fordert den Veranstalter Demi-Promotion auf, Naidoo auszuladen, und den Gemeinderat, rechtliche Möglichkeiten zur Verhinderung des Konzerts auszuschöpfen. Bürger sollen keine Karten kaufen. "Er passt nicht zu unserer Stadt, die sich zu Freiheit und Gleichheit aller Menschen und zu Grund- und Menschenrechten bekennt", meint die Sprecherin.
Doch was sagen die Stadträte dazu? "Wir wollen Naidoo nicht auf der Festwiese sehen", meldete sich die Gemeinderatsfraktion der Grünen jüngst zu Wort. Fraktionssprecher Maximilian Keller kündigte an, dass man einen Antrag im Gemeinderat einbringen wolle, damit der Auftritt des Künstlers abgesagt wird. Rechtliche Mittel seien aber immer der letzte Weg. "Wir setzen zuerst auf Gespräche und hoffen, dass die Verwaltung mit dem Veranstalter einen Weg finden wird, in unserer weltoffenen Stadt ein fröhliches Sommerfestival ohne Herrn Naidoo stattfinden zu lassen", sagt Keller.
Aber nicht nur die Grünen äußern Kritik. "Dafür sind wir nicht", sagt auch Gudrun Ruster, Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler. "Ich persönlich dachte zuerst, es ist eine gute Sache, wenn ein bekannter Künstler nach Ladenburg kommt", erzählt sie. Inzwischen habe sie sich aber mit Naidoo beschäftigt. "Wenn wir etwas tun können, damit das Konzert nicht stattfindet, werden wir das machen", kündigt sie an. Allerdings rechnet sie mit Schwierigkeiten, da ein Vertrag zwischen der Stadt Ladenburg und Demi-Promotion bestehe. Inwieweit man noch etwas ändern könne, müsse die nächste Gemeinderatssitzung klären. Günter Bläß (CDU) sagt ebenfalls: "Mir wäre es lieber, er würde nicht auftreten." Er findet aber auch: "Man muss trennen zwischen Musik und Person." In der nächsten Gemeinderatssitzung sollte das Konzert Thema sein. FDP-Stadträtin Ursula Völkel sagt: "Wir werden dieses Thema zeitnah mit dem Bürgermeister besprechen."
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Bedenken gegen den Auftritt äußert der SPD-Landtagsabgeordnete und Stadtrat Gerhard Kleinböck schon seit einigen Wochen. Nach den jüngsten Äußerungen sieht der Angeordnete keinen Spielraum mehr. "Wehret den Anfängen – es reicht. Und daher lehne ich jetzt einen Auftritt Naidoos beim Musikfestival massiv ab", sagt Kleinböck der RNZ. E-Mails von SPD-Mitgliedern bestätigten seine Auffassung, dass "Protestaktionen vorbereitet werden müssen", wenn das Konzert nicht abgesagt werden sollte.
Doch ist eine Absage überhaupt rechtlich möglich? Die RNZ kontaktierte den Geschäftsführer von Demi-Promotion, Dennis Gissel, der es "alles andere als toll" findet, was Naidoo in den letzten Wochen von sich gegeben hat. Außerdem sei es nicht das erste Mal, dass der Künstler aneckt. Gissel, für den das Festival gerade in der Coronakrise ein wichtiges finanzielles Standbein ist, ist sich nicht sicher, ob die Veranstaltung wegen der gesetzlichen Vorgaben überhaupt stattfinden kann.
Er findet es nicht in Ordnung, dass manche ihn als Veranstalter jetzt an den Pranger stellen wollten. "Ich habe einen der besten deutschen Künstler verpflichtet, und was seine musikalische Klasse betrifft, ist sein Auftritt eine Bereicherung für die Open-Air-Reihe", sagt Gissel. Naidoo habe in der Region eine große Fangemeinde. Für das Konzert wurden vor der Coronakrise bereits 6000 Tickets verkauft. Jetzt sei der Verkauf aber eingebrochen. Trotz der "unschönen Vorkommnisse" habe die Agentur mit Naidoo einen gültigen Vertrag, und der sei einzuhalten.
Gissel ist mit Bürgermeister Stefan Schmutz in Kontakt. Man sei sich einig, dass Naidoo sich gesellschaftlich ins Abseits gestellt hat. Das sagt Schmutz auch der RNZ: "Politisch ist die Sache klar. Naidoo vertritt nicht die Werte einer freien Gesellschaft, sondern hängt irgendwelchen Verschwörungstheorien hinterher." Rechtlich sei der Sachverhalt jedoch kompliziert. Die Stadt habe mit dem Veranstalter einen gültigen Vertrag, dass sie für das Festival die Festwiese zur Verfügung stellt. Mitbestimmungsrechte bei der Künstlerauswahl habe sie nicht. Derzeit hält der Veranstalter aus wirtschaftlichen und vertraglichen Gründen am Konzert fest, denn auch Demi-Promotion befürchte Regressansprüche, meint Schmutz. Er persönlich stehe dem Auftritt Naidoos ablehnend gegenüber, sagt Schmutz der RNZ. Und er könne gut nachvollziehen, dass viele Ladenburger nach den jüngsten Äußerungen Naidoos kein Verständnis für einen Auftritt in der Römerstadt hätten.



