Schönbrunn

Intelligente Marktplätze jetzt ganz ohne stationären Händler?

Nachdem der letzte Lebensmittelmarkt in Haag geschlossen hat, stellt sich die Frage, wie sich das Nahversorgungsprojekt weiterentwickelt

05.03.2020 UPDATE: 06.03.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 2 Sekunden
Schicht im Schacht: Der Edeka-Markt in Haag ist zu. Im Modellprojekt „Intelligente Marktplätze“ war ihm eine Rolle als zentrale Anlaufstelle für Online-Einkäufer zugedacht. Foto: jbd

Von Jutta Biener-Drews

Schönbrunn-Haag. Im letzten Einkaufsladen von ganz Schönbrunn sind seit Jahresbeginn die Lichter aus: Edeka Göllner an der Ortsdurchfahrt von Haag hat zugemacht. Zumindest nach außen hin ist an dem Haus seither keinerlei Aktivität mehr erkennbar.

An den Fenstern des etwa 100 Quadratmeter großen Verkaufsraums sind die Rollläden runter, der Parkplatz an der Straße ist verwaist. Nichts deutet darauf hin, dass dem kleinen Lebensmittelmarkt in der Heidelberger Straße doch eine nicht unwesentliche Rolle zugedacht war im Modellprojekt "Intelligente Marktplätze".

Der Markt galt als der am besten geeignete Potenzialstandort in Schönbrunn: günstig im größten Ortsteil der Gemeinde gelegen, bei der Bevölkerung bestens bekannt und ausgestattet mit jener Infrastruktur, die ein Bestell- und Abholtreffpunkt für mit "Emmas App" online georderte Waren benötigt.

Sogar ein sozialer Treff, ein kleines Café vielleicht, schien an dieser Stelle denkbar. Und jetzt? Wir haben nachgefragt bei dem Haager Gemeinderat Sascha Babovic, bei Bürgermeister Jan Frey und im Landratsamt bei Danyel Atalay, Leiter der Wirtschaftsförderung im Rhein-Neckar-Kreis, die das Projekt maßgeblich mitverantwortet.

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"Keine Ahnung, was da passiert", muss Sascha Babovic passen. "Es geht uns jetzt halt genauso wie den anderen, denn früher gab’s ja in jedem Ort einen Tante-Emma-Laden." Was er als Ortsbewohner sagen könnte, wäre reinste Spekulation, empfiehlt Babovic, doch beim Bürgermeister in Schönbrunn nachzufragen.

"Wir sind traurig über den Verlust, haben aber Verständnis für diesen Schritt der Geschäftsleute, die ja nicht mehr die jüngsten sind", kommentiert Rathauschef Jan Frey die Schließung. "So ein Betrieb ist ja mit hoher Belastung verbunden." Dass der letzte stationäre Einzelhändler im Gemeindegebiet eingebunden werden sollte ins Konzept der Intelligenten Marktplätze, das auf die Verknüpfung von digitalen und stationären Angeboten setzt, ist richtig, so Frey. Sich darüber hinaus über etwaige Pläne zu äußern, sieht sich der Rathauschef im Moment aber noch außerstande.

Könnte das Nahversorgungs-Projekt in Schönbrunn durch den Wegfall des Ladens denn in Schieflage geraten? Aus dem Heidelberger Landratsamt kommt ein entschiedenes Nein. "Wir haben das mitbekommen", sagt Danyel Atalay. Aber in früheren Gesprächen mit den Haager Geschäftsleuten sei den Projektmachern bereits klar geworden, dass ein zentraler Abhol- und Bestellpunkt hier nicht machbar ist. "Wir sind damals schon davon abgerückt". Laut Atalay ging es zunächst in erster Linie darum, "den noch verfügbaren Einzelhandel in der Gemeinde zu stärken, dessen Angebot aufzuweiten". Anlaufstellen für Emma-Apper seien aber im Schönbrunner Rathaus und in der Seifertmühle in Allemühl gefunden worden.

In Haag jetzt Gespräche mit dem früheren Kaufmann zu führen, ist Sache der Kommune, stellt Danyel Atalay klar. Im Modellprojekt würden allerdings längst andere Lösungen gesucht, werde mit unterschiedlichen Szenarien experimentiert. Eines davon ist die Homebox. Der Großbehälter, in den online oder telefonisch bestellte Lebensmittel, auch Frisches und Tiefgekühltes angeliefert werden können, ließe sich "unabhängig von öffentlich zugänglichen Einrichtungen bei Privatpersonen" aufstellen. "Wir erproben das gerade bei ausgewählten Leuten", sagt der Wirtschaftsexperte. Auch für Haag ist offenbar eine solche Lösung angedacht. Denn oberstes Ziel dieses Projekts ist es, die Nahversorgung im ländlichen Raum sicherzustellen, erinnert Atalay. Knackpunkt an der Sache sei dabei die Lieferlogistik.

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