Landwirte protestierten gegen mögliche Versiegelung von Ackerflächen
Bauern entzündeten am Freitag ein Mahnfeuer - Ärger über Aussagen der Stadtverwaltung

Von Denis Schnur
Heidelberg. Wer gestern auf der Bundesstraße 535 unterwegs war, konnte schon von Weitem die Flammen und vor allem die Traktorenscheinwerfer sehen. Und genau das war auch der Plan der gut 70 Landwirte aus Kirchheim und Umgebung, die sich unter dem Motto "Der Gäulschlag brennt" mit etwa 50 Traktoren auf dem Gewann südlich von Patrick Henry Village (PHV) um ein großes Mahnfeuer versammelt hatten. Jeder sollte sehen, dass sie frustriert sind und dass sie sich wehren wollen gegen die drohende Versiegelung von Ackerflächen. Denn die Stadt will nicht nur PHV um 18 Hektar erweitern, sondern auch das Ankunftszentrum für Geflüchtete, das sich derzeit noch in PHV befindet, auf eine landwirtschaftlich genutzte Fläche verlegen – entweder auf die Wolfsgärten bei Wieblingen oder eben auf das Gewann Gäulschlag.
Um diese Pläne war es auch beim Bürgerfest der Stadt am Sonntag in PHV gegangen. Dort hatte Oberbürgermeister Eckart Würzner erklärt, dass es "keine andere Option" gebe. "Damit sind wir nicht einverstanden", ärgert sich Volker Kaltschmitt vom Kreisbauernverband. "Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg." Außerdem sei durch den Abzug der US-Army eigentlich genug Fläche frei geworden: "Optionen hat es 180 gegeben", so Kaltschmitt mit Blick auf die 180 Hektar Konversionsflächen.
Die Kircheimer Landwirte waren nach dem Bürgerfest schockiert, "wie wenig die Beteiligten in Politik und Stadtverwaltung von der Landwirtschaft und den wertvollen Kulturflächen wissen, wie leichtfertig bei der Erschließung von PHV mit Kulturlandschaft umgegangen wird" – so schrieben sie nun in einem offenen Brief an Würzner. Ein städtischer Mitarbeiter habe sogar gesagt: "In zehn Jahren wird sowieso jeder zweite Hof schließen!"
Für die Bauern ist die Behauptung nicht nachvollziehbar: "Die Höfe haben alle eine Perspektive", so Kaltschmitt. "Und wenn nicht, braucht man die Fläche trotzdem. Man muss ja die Bevölkerung versorgen." Zudem seien die landwirtschaftlichen Betriebe in Kirchheim fast ausschließlich Familienbetriebe, die seit Generationen am selben Standort arbeiten und leben. Die Heidelberger profitierten bei Obst und Gemüse vom Direktverkauf vor Ort. Und auch das Freizeitangebot bedienten die Landwirte mit Pferdehöfen. Nicht zuletzt fördere man den Naturschutz in Zusammenarbeit mit dem Umweltamt der Stadt.
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"Mit Blick auf künftige Generationen Heidelberger Bürger und die aktuelle dramatische Klimaentwicklung muss der Erhalt der Kulturlandschaft in der Region oberste Priorität erhalten", fordern die Bauern. Deshalb dürfe das "in Heidelberg herzlich willkommene Ankunftszentrum" keinen Platz auf der "grünen Wiese" versiegeln. "Und PHV darf nicht auf Kosten der seit Generationen ansässigen Kultur erweitert werden."
Und vor allem wollen die Bauern künftig mitreden dürfen: "Wie bei der Agrarreform haben wir hier auch das Gefühl, dass man über die Landwirte, aber nicht mit ihnen spricht", so Kaltschmitt. "Wir wünschen, dass auch der äußerste Rand Heidelbergs die gleiche Beachtung erhält wie Flächen im Zentrum, bei denen die Bürger aktiv mitentscheiden durften", betonen deshalb auch die Kirchheimer Bauern.



