Heidelberger Bluttest-Skandal

Protokoll eines kollektiven Versagens (Update)

Die RNZ dokumentiert den "streng vertraulichen" Bericht der Unabhängigen Kommission – Wechsel im Klinikvorstand

30.10.2019 UPDATE: 31.10.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 28 Sekunden
Die Akteure im Bluttest-Skandal (v.l.): Jürgen Harder, Irmtraut Gürkan, Andreas Draguhn, Rongxi Yang, Annette Grüters-Kieslich, Markus Jones, Sarah Schott, Christof Sohn. Fotos: Rothe (3)/dpa/privat/RNZ-Repro

Von Klaus Welzel

Heidelberg. Nach nur zwei Jahren und fünf Monaten endet heute die Amtszeit der Leitenden Ärztlichen Direktorin am Heidelberger Universitätsklinikum, Prof. Annette Grüters-Kieslich. Sie musste ihre Position im Zuge des Bluttest-Skandals aufgeben, nachdem klar wurde, dass die Wissenschaftlerin die vollkommen übertriebene PR-Kampagne Anfang des Jahres zuließ, obwohl erhebliche Zweifel an der Güte des Tests, der Brustkrebs bei Frauen nachweisen sollte, vorlagen.

Auch die Kaufmännische Direktorin des Klinikums, Irmtraut Gürkan trat im Zuge des Bluttest-Skandals zurück. Sie verließ bereits am 31. Juli das Klinikum - nach 16 Jahren. Der Dekan der Medizinischen Fakultät, Prof. Andreas Draguhn, wich kurz zuvor von seinem Posten. Allen Dreien werden im Abschlussbericht der so genannten Unabhängigen Kommission Versäumnisse und Fehler im Umgang mit dem Skandal vorgeworfen. Grüters-Kieslich wird zugute gehalten, dass sie das Interview in der "Bild"-Zeitung ("Weltsensation") entschärfte - und die Pressemitteilung des Klinikums.

Die RNZ, der der 400 Seiten starke Bericht vorliegt, dokumentiert das Protokoll des kollektiven Versagens auf zwei Sonderseiten. Im Ergebnis weicht der Bericht nicht von den bereits veröffentlichten Recherchen der RNZ ab. Vielmehr dienen zahlreiche Artikel als Fundstellen in dem Text, den zwei Mannheimer Juristen verfassten. Im Wesentlichen wird darin der Ärztliche Direktor der Universitätsfrauenklinik, Prof. Christof Sohn, als treibende Kraft für die frühzeitige Veröffentlichung des unfertigen Tests benannt. Allerdings handelte Sohn nicht alleine. So reiste auch seine Co-Forscherin, Prof. Sarah Schott am 21. Februar mit zur Düsseldorfer Pressekonferenz - trotz erheblicher Zweifel.

Gegen Sohn läuft ein Disziplinarverfahren seitens der Universität, weshalb der Chefarzt sich gegen eine Veröffentlichung des Kommissionsberichts durch den Aufsichtsrat vor Gericht wehrte.

Unklar bleibt die Rolle des Klinikjustiziars Markus Jones, der - so steht es auch in einem Bericht der universitären Senatskommission - als einziger Protagonist auf allen Hierarchieebenen und bei den wichtigsten Treffen rund um den Bluttest dabei war. Jones ist derzeit freigestellt, ein Arbeitsgerichtsprozess läuft.

Nicht befragt wurden der Bluttest-Investor Jürgen Harder und seine Berater, weshalb zahlreiche Hintergründe über die Motive zur verfrühten PR offenbleiben.

Ab 1. November übernimmt der bisherige Stellvertreter im Klinikvorstand, Prof. Mathias Karck, kommissarisch die Position des Vorsitzenden. Er war in die Causa Bluttest laut Kommissionsbericht nie involviert. Erst im Zuge der Aufklärung befasste sich der Chefarzt der Herzchirurgie damit. 

>>>Eine ausführliche Analyse des Kommissionsberichtes lesen Sie im RNZ-E-Paper<<<

Update: Donnerstag, 31. Oktober 2019, 10.59 Uhr

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