Die Amerikaner gehen - bleiben die Zäune?
Arbeitskreis der Architektenkammergruppe fordert Durchlässigkeit der US-Flächen. Hanau und Würzburg machen es vor

Zäune prägen üblicherweise das Bild in deutschen Wohngebieten. In den Quartieren der in Heidelberg stationierten amerikanischen Soldaten war das anders. Hier gab es große, für jedermann zugängliche Rasenflächen. Die Spielplätze in Mark Twain Village wurden auch von Kindern aus der Nachbarschaft genutzt. Als Folge der Anschläge vom 11. September 2001 riegelte die US-Armee aber die Flächen im Frühjahr 2003 mit Zäunen und Zugangskontrollen hermetisch ab. In der RNZ-Ausgabe vom 9. Mai 2003 empörte sich ein Anwohner in der Südstadt über die Maßnahmen und sprach von einer Garnisonsstadt. Der gesamte südliche Stadtzugang werde verschandelt. Nun ziehen die Amerikaner ab. Auch wenn das mancher bedauern mag, freuen sich doch viele Heidelberger darüber, dass die abweisenden Mauern und Zaunanlagen, die derzeit noch ganze Quartiere umgeben, bald der Vergangenheit angehören dürften. Doch verschwinden sie tatsächlich?
Zweifel äußert Till Schweizer, Vorsitzender des Arbeitskreises Konversion bei der Architektenkammergruppe Heidelberg. Er nennt das Hanauer Konversionsprojekt New Argonner. "Der Zaun fällt mit Fertigstellung", sei im städtebaulichen Vertrag mit dem Investor vereinbart worden. "Dies ist gefährlich, denn dieser Zeitpunkt kann immer weiter nach hinten geschoben werden", glaubt der Architekt. In Hanau sei der Zaun schließlich zum Verkaufsargument geworden, es habe einen Checkpoint gegeben, und der Wachmann der Amerikaner sei in einer anderen Uniform weiterbeschäftigt worden. Und dann hieß es auf einmal, der Zaun bleibt. Doch eine Gated Community, ein geschlossener Wohnkomplex mit Zugangsbeschränkungen, wie es sie immer häufiger in den USA gibt, war dann wohl doch nicht gewünscht. Nach Protesten wurde der Zaun zu einem großen Teil schließlich doch noch abgebaut.
In Heidelberg gibt es das Quartier am Holbeinring, das bereits vor Jahren von den Amerikanern geräumt wurde. Im Juni 2011 hat das Studentenwerk das Gelände für zehn Jahre vom Grundstückseigentümer, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), gepachtet und bietet hier dringend benötigten Wohnraum für Studenten an. Die Zäune hingegen stehen noch immer.
Mauern und Zäune beeinträchtigten innerhalb und außerhalb solcher Quartiere die Bewohner, die sich je nach Perspektive kaserniert oder ausgesperrt fühlten, glaubt Schweizer. Würden die angrenzenden Gebiete aus ihrer Randlage befreit, würde mit ihnen das ganze Umfeld aufgewertet. Aufblühen könnten - nach dem Abzug der Amerikaner - auch die hinter dem US-Hospital gelegenen Wohngebiete im Hasenleiser oder das Gewerbegebiet "Im Bosseldorn" hinter dem US-Hauptquartier. Die Zaunanlagen müssten nicht unbedingt alle vollständig entfernt, aber in jedem Fall durchbrochen und durchlässig gestaltet werden, fordert der Architekt.
Solange die Gebiete entwickelt werden, hätten die Zäune durchaus ihren Sinn, meint Rainer Müller von der Hessen Agentur Frankfurt, einer landeseigenen Gesellschaft für Stadtentwicklung. Denn auf der nicht sanierten Fläche könnten Gefahren drohen. Auch Vandalismus ließe sich vorbeugen. Doch sieht er zugleich die Gefahr, dass sich die Provisorien ewig halten. Müller rät, den großen Plan im Hinterkopf zu haben und frühzeitig klare, baurechtliche Vereinbarungen zu treffen. Damit die Stadt ökonomische Spielräume zur Gestaltung erhält, müssten die Konversionsflächen als Außenbereich eingestuft werden. Schließlich sei die Freiraumgestaltung mit erheblichen Kosten verbunden.
Auch in Würzburg, wo gerade auf Konversionsflächen in zentraler Lage ein Stadtteil für bis zu 4500 Bewohner entwickelt wird, stehen die Zäune noch. Während der Bauarbeiten der nächsten zwei Jahre soll das auch so bleiben. Doch die für die Konversion zuständige Stadtplanerin Claudia Kaspar macht unmissverständlich klar: "Wir wollen, dass die Zäune sukzessive wegkommen." Denn die Stadt will gewährleisten, dass die Grünflächen spätestens bis zur Bundesgartenschau 2018 wieder von allen betreten werden können. Das große Ziel in Unterfranken: "Der Wunsch besteht, dass das Gelände wieder ein Teil der Gesamtstadt wird."
Info: Zum Thema Zukunft der Zäune veranstalten die Architektenkammergruppe und die "Bürger für Heidelberg" am Freitag, 8. März, um 15.30 Uhr und am Dienstag, 7. Mai, um 9 Uhr Radtouren um die Kasernen. Treffpunkt ist die Touristeninformation am Hauptbahnhof Heidelberg.



