Was Kunst alles kann (plus Fotogalerie)
Festival eröffnet im Patrick Henry Village - Hunderte Besucher am Eröffnungswochenende - Ganz besondere Stimmung

Eine fast mystische - und vollkommen friedlich-harmonische - Atmosphäre herrscht besonders abends in der "South Gettysburg Avenue" in Patrick Henry Village, einem Teil des Festivaldorfs des diesjährigen Metropolink-Festivals. Foto: Philipp Rothe
Von Sebastian Riemer und Philipp Neumayr
Heidelberg. Glänzende Augen, sich reckende Hälse, anerkennendes Nicken und sogar ein paar "Wows": Das Metropolink-Festival für urbane Kunst ist zurück im Patrick Henry Village (PHV). Bis zu 1000 Menschen sind gleich am Freitag zur Eröffnung gekommen - und viele waren überwältigt von dem, was sie da sahen und erlebten auf diesem so selten zugänglichen Gelände.
Nach der Festivaldorf-Premiere letztes Jahr auf dem "San Jacinto Drive" im äußersten Norden der ehemaligen US-Siedlung, zogen Festivalkurator Pascal Baumgärtner und sein Team dieses Mal in den Süden von PHV: Der alte Groß-Supermarkt der Amerikaner und die angrenzende "South Gettysburg Avenue" sind nun Spielwiese für die international renommierten Streetart-Künstler.
In der "PX Factory", dem einstigen PX-Store, werden Installationen und Wandkunst gezeigt - vor allem im alten Lager und Anlieferungsraum. Ein Erlebnis, diese erstmals öffentlichen Räume zu erkunden. Im Hof steht ein alter M26-Pershing-Panzer, auf den die Worte "Harmony" geklebt wurden. Am Geschützrohr baumelt eine verrostete Kinderschaukel.
Doch das eigentliche Herz des Ortes ist die "South Gettysburg Avenue": Die Gemälde an den alten Wohnhäusern dort wirken - die Gebäude sind höher als die Villen im "San Jacinto Drive" - imposanter als letztes Jahr. Die Bühne, auf der großartige Livebands spielen (richtig stark am Freitag: die vier Mannheimer Musiker von "Cinemagraph"), ist größer, professioneller.
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Doch das alles ist nicht entscheidend, sondern: Es herrscht wieder diese einzigartige, friedlich-harmonische, am Abend fast mystische Atmosphäre. Frei nach dem diesjährigen Festivalmotto: "Make art, not war" ("Mach’ Kunst, nicht Krieg"). Die Besucher - viele junge Leute, aber auch Kinder, Familien, Rentner - spüren das, viele sprechen es aus. "Die Stimmung ist wirklich gut", sagt der Mannheimer Rudolf Ebert. Der 69-jährige Mathelehrer findet, was hier geboten wird, schlicht "klasse".
Mit Bier, Mate oder einem Falafel-Wrap in der Hand lümmeln die Leute auf Decken, verabreden sich auf ein Match an der Tischtennisplatte, stöbern in einem leer stehenden Wohngebäude (der "Pop-up-Library") nach Büchern - und dem Geist der Ex-Bewohner - oder tanzen zur Livemusik. Zeitgleich besprühen die Künstler Fassaden, erwecken die toten Wände mit ihrer Kunst zum Leben - so wie die Gäste das verschlafene Gelände wachküssen.
"Wäre es ein normales Wochenende, säßen jetzt alle irgendwo verstreut in den Kneipen", meint T. S. Bach, Sänger der Band "Dux Louie". "So aber sind alle hier." Bei ihrer Eröffnungsrede hatte es Grünen-Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner so gesagt: "Es ist wichtig, öffentliche Räume zu schaffen, an denen wir alle teilhaben können." Genau so ist das diesjährige Metropolink: für alle, gratis, nicht alltäglich und richtig harmonisch.
Öffnungszeiten der PX Factory:
Montag bis Donnerstag: 17 bis 23 Uhr
Freitag: 17 bis 1 Uhr
Samstag: 13 bis 1 Uhr
Sonntag: 13 bis 23 Uhr










































