Mobilfunkausbau in Buchen

Im Idealfall könnte der Landkreis zum bundesweiten Modelllandkreis werden

Ausschuss für Wirtschaft, Umwelt und Verkehr beschließt ersten Schritt für den Mobilfunkausbau - "Drive Tests" kosten 58.000 Euro

22.04.2019 UPDATE: 23.04.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 55 Sekunden

Das Smartphone funktioniert im Kreis längst nicht überall. Foto: dpa

Buchen. (rnz) Schon in wenigen Monaten werden speziell ausgerüstete Messwagen die Mobilfunklöcher im Neckar-Odenwald-Kreis erfassen. Das beschloss der Kreistagsausschuss für Wirtschaft, Umwelt und Verkehr am Mittwoch bei einer Sitzung im Kompetenzzentrum der AWN in Buchen auf Vorschlag der Kreisverwaltung. Diese wird nun eine Ingenieurgesellschaft beauftragen, "Drive Tests" mit durchzuführen. Rund 58.000 Euro kostet dieser erste Schritt, um den Mobilfunkausbau im Kreis voranzutreiben.

Im Kreis gebe es, so Landrat Dr. Achim Brötel, drei Mobilfunkbetreiber mit jeweils eigenen Netzen. Diese überschneiden sich nur in Teilbereichen. "Eine faktische Verknüpfung dieser Netze über Roaming-Lösungen wäre denkbar. Leider hat es die Politik aber versäumt, das im Zuge der Versteigerung der 5G-Lizenzen zur verpflichtenden Auflage zu machen", betonte Brötel.

Sogenannte "weiße Flecken", also Bereiche, die von gar keinem Netzbetreiber abgedeckt werden und in denen noch nicht einmal Telefonie (2G) möglich sei, gebe es nur noch vereinzelt im Kreis. Allerdings bestünde eine Vielzahl sogenannter "grauer Flecken", in denen eines der Netze funktioniert, die anderen aber nicht. Schließen könne man diese Lücken nur durch die Einführung von Roaming-Lösungen oder die Ausweitung sämtlicher Netze auf das gesamte Kreisgebiet. "Ersteres scheitert aber an der fehlenden politischen Gestaltungskraft, das zweite an marktwirtschaftlichen Hemmnissen", so der Landrat. Es liege ein Marktversagen vor. Dennoch sei die Förderung einzelner Anbieter aus Wettbewerbsgründen unzulässig. Das mache einen kooperativen Ausbau im Mobilfunkbereich wesentlich schwieriger als bei der Glasfaserinfrastruktur, wo man relativ einfach Zugang auch für Mitbewerber gewährleisten könne.

Um den dringend notwendigen Mobilfunkausbau wettbewerbsrechtlich zulässig voranzutreiben, habe die Verwaltung daher Kontakte zu dem Unternehmen ATC Germany Services (Ratingen) geknüpft, einem Tochterunternehmen der American Tower Corporation (ATC) in Boston (USA).

Das Unternehmen prüft geeignete Standorte, baut auf eigene Rechnung Mobilfunkmasten, stattet diese mit der entsprechenden Technik aus und vermietet sie dann an alle potenziellen Interessenten. Dadurch, dass bei diesem System alle Mobilfunkanbieter gleiche Zugangs- und Nutzungsmöglichkeiten haben, sei das wettbewerbsrechtlich unbedenklich.

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"Der Unterschied zum herkömmlichen Modell liegt im Grunde genommen darin, dass nicht mehr ein Betreiber nur für sich selbst die Infrastruktur schafft, sondern eine Mitnutzung durch andere sogar erklärtes Ziel ist. Das liegt letztlich auch im Interesse der kommunalen Gebietskörperschaften, weil dadurch die Zahl potenzieller Mastenstandorte weiter optimiert und gebündelt werden kann", erklärte der Landrat.

Grundlage für ein Tätigwerden von ATC sei eine gesicherte Datenbasis über die nicht oder schlecht abgedeckten Bereiche. Bisher sei man dafür allein auf die Angaben der Mobilfunkbetreiber selbst angewiesen, denen man glauben könne, aber nicht unbedingt glauben müsse.

Genau diese sichere Basis sollen die "Drive Tests" deshalb jetzt erbringen. "Erst mit diesen Ergebnissen steht dem Kreis eine fundierte Datenbasis zur Verfügung, die dann als Grundlage für den gezielten Bau einzelner Funkmasten durch ATC Germany, aber auch für den Eigenausbau durch die drei Netzbetreiber dienen kann", sagte Brötel.

Im Idealfall könne der Neckar-Odenwald-Kreis für ATC sogar ein bundesweiter Modelllandkreis werden. "Aus unserer Sicht sollte auf jeden Fall nichts unversucht bleiben, um den Mobilfunkausbau weiter voranzutreiben", appellierte der Landrat an die Kreisräte, bevor er die Diskussion eröffnete.

Die genau richtige Vorgehensweise zur richtigen Zeit bescheinigten dann Sprecher aller Fraktionen der Verwaltung. Erinnert wurde an den Breitbandausbau, der ebenfalls mit der Beauftragung eines führenden Ingenieurbüros begonnen habe. Auch die kluge Idee, die Mastenstandorte zu bündeln, stieß auf breite Zustimmung. Zudem wurde daran erinnert, dass eine bessere Mobilfunkabdeckung in nahezu allen Bereich bis hin zu touristischen Zwecken benötigt werde. Deshalb erhielt die Verwaltung ein einstimmiges Votum für das Vorhaben.

Zudem stimmte der Ausschuss in einem weiteren Tagesordnungspunkt einer anteiligen Kofinanzierung sogenannter Regionalbudgets zur Förderung von Kleinprojekten zu. Diese aus Bundes- und Landesmitteln gespeisten Budgets sollen der ländlichen Entwicklung zugute kommen und über die Leader-Aktionsgruppen verteilt werden. "Wir reden hier nicht über große infrastrukturelle Maßnahmen, aber über Projekte, die jeweils einen Mehrwert für die Region bringen und so Lebensqualität schaffen", sagte Landrat Brötel bei der Vorstellung des Beschlussvorschlags.

Für 2019 bis 2021 stünden jeweils 200.000 Euro für jede Leader-Region in Baden-Württemberg bereit. Die Kleinprojekte würden dann nach von den Leader-Vereinen festgelegten Kriterien gefördert. Allerdings seien, so Brötel, zehn Prozent der Fördermittel von den Vereinen selbst zu leisten. Diese verfügten aber nicht über entsprechende eigene Mittel. Um die Regionalbudgets dennoch zu nutzen, müssten die Landkreise deshalb anteilig die Kofinanzierung für den jeweiligen Leader-Verein bereitstellen.

Entsprechend beschloss der Ausschuss, der Aktionsgruppe Badisch-Franken maximal 12.680 Euro pro Jahr und der Aktionsgruppe Neckartal-Odenwald aktiv maximal 12.548 Euro pro Jahr zur Verfügung zu stellen. Sowohl der Main-Tauber-Kreis als auch der Rhein-Neckar-Kreis werden dann jeweils die weiteren Mittel bis zum Erreichen der benötigen jährlichen Summe von 20.000 Euro pro Leader-Region beisteuern.

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