Sinsheim

Stahlgitter soll den Vandalen am Bahnhofssteg trotzen

Nach Jahren der Zerstörungen: Metallelemente sollen künftig die Glasscheiben des Bahnhofsstegs ersetzen - Aufwendige Arbeiten

24.01.2019 UPDATE: 25.01.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 57 Sekunden

Dauerproblem Vandalismus: tiefe Kratzer im Glas des Bahnhofsstegs. Foto: Tim Kegel

Von Tim Kegel

Sinsheim. Am Bahnhofssteg endet bald ein für viele Stadträte trauriges Kapitel. Noch dazu endet es unbefriedigend. Es endet jäh. Und es endet extrem teuer. Nach Jahren des Vandalismus werden die repräsentativen Glasfronten des Überwegs zwischen den Gleisen mit Streckgittern ersetzt.

Frust brach sich Bahn: Hoffenheims Ortsvorsteher und Freie-Wähler-Stadtrat Karlheinz Hess würde die Vandalen, die seit Jahren Scheibe um Scheibe knacken, am liebsten "im Steinbruch Steine klopfen" lassen, "wenn sie sich schon austoben wollen". Sein Weilerer Fraktionskollege Manfred Wiedl schlug vor, "die Arbeiten erst im Spätsommer oder möglichst nah an den Landesheimattagen 2020 vornehmen zu lassen", um sicherzugehen, dass der Steg zum Landesfest noch gut aussieht. "Kein Witz", sagte Wiedl, "Gitterstahl kannst du auch besprühen". Der Bogen überspannt war auch bei Aktiv-für-Sinsheim-Rätin Annerose Hassert: Sonst eher milde gestimmt, schlug sie "Überwachung mit Kameras" vor, "selbst auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen". Ihr Fraktionskollege Stefan Schubert haute - mit Blick auf frühere und kommende Kosten - einen Kalauer raus, Wortspiel inklusive: Nun müsse der Bahnhofssteg "Frank-Ribery-Steg" heißen. Der Fußballer hatte zuletzt mit dem Verzehr eines mit Blattgold verzierten Steaks Schlagzeilen in der Boulevardpresse gemacht.

Hintergrund

Komplizierte Arbeiten sind bei dem Austausch der Glaselemente am Bahnhofssteg zu erledigen: Wegen der Oberleitungen passiert vieles in der Nacht, wenn keine Züge fahren. Zum Schutz der Arbeiter vor Stromschlägen werden geerdete Gerüste eingesetzt, wie Udo Knecht vom

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Komplizierte Arbeiten sind bei dem Austausch der Glaselemente am Bahnhofssteg zu erledigen: Wegen der Oberleitungen passiert vieles in der Nacht, wenn keine Züge fahren. Zum Schutz der Arbeiter vor Stromschlägen werden geerdete Gerüste eingesetzt, wie Udo Knecht vom Infrastrukturamt schildert. Die Maßnahme, die im März beginnt, dauere viele Wochen, da das Wetter eine große Rolle spiele. Nach dem Austausch der Glasscheiben muss ein Rostschutz an den Kontaktflächen aufgebracht werden, der sich nicht mit Feuchtigkeit verträgt. Während der gesamten Zeit müsse der Bahnübergang, der Teile der Südstadt mit dem Sinsheimer Zentrum verbindet, begehbar bleiben. Dies soll mit dem Aufbau eines halbseitigen verschraubten Bauzauns gewährleistet werden. Auch auf den Verkehr wird sich die Maßnahme auswirken: Zum Schutz der Autofahrer vor herabfallendem Werkzeug sind eine halbseitige Sperrung der Jahnstraße und eine Ampelregelung geplant. (tk)

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Der Steg am Bahnhof mit seiner Verglasung, den zwei Aufzügen und seiner futuristischen Form kostete seinerzeit knapp vier Millionen Euro Erstellungskosten, kam deutlich teurer als berechnet und wurde bei der Prüfung der Kommunalausgaben der Gemeindeprüfungsanstalt im Jahr 2012 besonders gründlich untersucht. Zum Ärger im Ausschuss für Technik und Umwelt trug die Tatsache bei, dass die Materialkosten bei der Umrüstung von Glas auf Gitter nur einen geringen Teil ausmachen.

Rund 75.000 Euro kosten die Gitterelemente insgesamt. Zunächst schwer einleuchtende 350.000 Euro werden für die Gesamtmaßnahme fällig. Infrastrukturamtsleiter Bernd Kippenhan trat die Flucht nach vorn an und schlüsselte auf, dass "die so genannten Bahn-affinen Kosten den Löwenanteil der Maßnahme ausmachen." Das heißt: "Die Bahn ist außen vor, selbst wenn man meinen könnte sie sei es nicht", erläuterte Kippenhan. Teuer seien vor allem die Gerüstbauarbeiten sowie Planung und Logistik des Projekts zwischen und über den Gleisen inmitten des Zugverkehrs.

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"Es ist halt unser Steg", sagte ein resignierter Oberbürgermeister Jörg Albrecht. Enttäuscht auch CDU-Rat Peter Hesch: "Da haben wir’s so schön machen wollen - und jetzt?" Im einstigen Prunkbau steckten viel Herzblut und Hirnschmalz von Räten und Rathaus.

Die Umrüstung, sagt Bernd Kippenhan, soll aller Unbill zum Trotz "baldmöglichst stattfinden". Die Ausbesserungen des gesplitterten Glases "mit Panzertape" sei man leid, die Splitterscheiben seien hässlich und gefährlich. Keine Hoffnungen zum Thema Überwachung: "Bei der aktuellen Rechtslage kriegen wir das nicht durch", sagt Jörg Albrecht.

"Am Bahnhof", mahnte Freie-Wähler-Sprecher Harald Gmelin gegen Ende der Diskussion, "sieht es wüst aus"; die Putztrupps der Stadt Sinsheim, sagt der Oberbürgermeister, übernähmen bei der Reinigung des Areals oft Aufgaben, für die "andere zuständig wären". Diese Aufgaben würden, so die Einschätzung des Gremiums, "mit jedem Mal mehr". Neben Stadtverwaltung und Bahn - so hieß es - müsse sich auch der Besitzer des Bahnhofsgebäudes "besser um die Sauberkeit kümmern".

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